Ein ganzes Album voller Cover-Songs. Allesamt bekannte Nummern. Schon beim Lesen der Titel habe ich das Original im Ohr. Nun hat Ane Brun ihnen allen, für ihr Album “Portrayals”, mittels ihrer Stimme und der Instrumentalisierung, ein neues, zartes, seidenes Gewand übergeworfen.
Coversongs sind meines Erachtens nach immer eine schwierige Sache. Entweder der*die Künstler*in bleibt nah am Original, dann klingt es meistens wie nachgespielt. Dazu fällt vermutlich jeder*m ein Beispiel ein. Oder sie werden ganz eigen interpretiert. Da gibt es tolle Versionen, wie zum Beispiel “Hurt” von Johnny Cash, was den meisten vermutlich bekannter ist als das Original von Trent Reznor von den Nine Inch Nails, oder die “Toxic” – Version von AnnenMayKantereit, die ich dem Britney Spears Song vorziehe. Aber es gibt auch viele Cover die nicht ans Original heranreichen. Also, wie ist Ane Brun nun ihre selbstgesteckte Aufgabe gelungen?
Wie schon eingangs erwähnt zeichnet sich das neue Gewand der Songs durch Zartheit aus, die zum einen auf die zurückhaltende, ruhige Instrumentalisierung zurückzuführen ist, zum anderen ist Ane Bruns Stimme zart und wirkt fast zerbrechlich, wie kristallenes Glas. Bei Titeln wie “True Colors” bleibt sie dadurch nah an der romantischen Kuschel-Rock-Stimmung, die wir schon von Cindy Lauper kennen, vielleicht aber noch mehr mit dem Phil Collins-Cover assoziieren. Ane Bruns Version ist durchaus gelungen, aber kann nicht an die beiden genannten Versionen heranreichen.
Anders sieht es bei “Big in Japan” aus. Bei Ane Brun klingt er völlig anders. Aus dem 80er-Synty-Pop-Dance-Hit ist eine Schmusenummer geworden. Überraschend gelungen finde ich diese Variante. Nicht besser als Alphaville, anders, so anders, dass sie kaum zu vergleichen sind und gut nebeneinander bestehen können. Trotz dieser Andersartigkeit erkennt man den Song mit dem ersten Ton.
Bei einem Song wie “Feeling Good” bin ich hin und her gerissen. Die Version, die auf “Portrayals” zu hören ist, ist gut, aber unweigerlich habe ich mit dem ersten Ton Muse und Michael Bublé im Ohr. Und egal wie sehr ich bemüht bin, keine Vergleiche dieser Versionen anzustellen, es passiert. Ich kann nicht anders und ich denke das wird euch ähnlich gehen. Und ich denke, wenn Ane Brun sich 13 so bekannte und zum Teil schon mehrfach erfolgreich gecoverte Songs für ihr Album auswählt, dann wird sie sich darüber im Klaren gewesen sein, dass mensch sie mit den Großen und Bekannten misst, dann wird sie sich auch über die dadurch erzeugte Fallhöhe im Klaren gewesen sein. Und während ich so “Feeling Good” von Ane Brun höre und die Michael Bublé – Version im Ohr habe, könnte ich mir ein Duett der beiden sehr gut vorstellen.
Was allen Songs auf dem Album in diesen neuen Versionen gemein ist, ist das (ich bleibe in dem Bild) gleiche Gewand, was Ihnen übergestülpt wurde. Das Album hat durchgängig den gleichen Sound, das ruhige, romantische Tempo, die Kuschel-Rockhaftigkeit. Dem einen Song steht dieses Gewand besser, mitunter überraschend gut, manch ein Song war schon von Haus aus in ähnlichem Stil gekleidet. Mir persönlich ist das zu viel des Guten, der Zartheit, des romantischen Kerzenscheins. Zwischendurch ein-zwei Songs in dem Stil ja, 13 Songs…puhhh. Aber das ist Geschmacksache und über Geschmack lässt sich bekanntlich (nicht) streiten. Handwerklich ist das Album gut gemacht und ganz auf Ane Bruns Stimme zugeschnitten. Eine Stimme mit hohem Wiedererkennungswert, mit Eigenheiten, die dadurch vielleicht auch nicht jedermenschs Sache sind. Aber Singen, das kann sie.
Vielleicht hat euch die Review nun neugierig gemacht, dann könnt ihr das Album “Portrayals”, erschienen auf Balloon Ranger Recordings, unter anderem hier erwerben. Inzwischen ist auch ein weiteres neues Album von Ane Brun draußen, “Rarities2” auf dem sich eine weitere Version von Beyoncés “Halo” befindet, dem Song, mit dem schon “Portrayals” startet.