Das erste, was mir auffällt, als ich die Platte auf den Teller packe ist, dass die Songs richtig eng aneinander liegen. Was heißt: sehr, sehr viele Songs sind darauf zu finden und die maximale Spielzeit wird wohl erreicht sein.
Blutverlust haben also 14 Songs allein auf der ersten Seite. Da passt kein Blatt zwischen, geschweige denn eine ausreichende Pause. Das geht nur so klippklapp!
Mad Butcher Records hat hier unter der eigenen Rubrik “Mad Butcher Classic” ein Kleinod des Deutschpunk aus Nordhessen ausgegraben. Blutverlust aus Rotenburg an der Fulda. Vermutlich gab es Anfang der 80er Jahre in jedem Kleinstkaff dieser bunten Republik eine Deutschpunkband, die ordentlich Alarm im Vorgarten der Nachbarschaft machte.
Interessant finde ich, dass ich diese Scheibe nun hier liegen habe, nachdem ich schon die Paranoia aus der ehemaligen DDR gereviewed habe. Deutschpunk-History also. Könnte ja eigentlich auch ne schöne Doku-Fiction-Reihe werden, haha! Punkhistoriker berichten, erzählen, dazwischen Spielszenen mit Schauspielern, die … ihr wisst schon!
Jedenfalls spielten Blutverlust ihr erstes Konzert im September 1978 (!!!), was ja wirklich nah an der sogenannten Geburtsstunde des Punk ist. Im History-Channel bei Wikipedia.
Es gibt hier eine Seite Demo-Studio-Aufnahmen und eine mit Livekram. Hätte ich zuerst die Live-Seite angehört, hätte ich die Platte verrissen. Der Sound ist unerträglich, fast. Da wo ich bei Paranoia fasziniert den Gitarrensound (er)hörte, habe ich hier einen Herzkasper bekommen und so krasses Zucken mit den Augenliedern. Ihr kennt das bestimmt. Legt einfach mal ne Runde das hier auf, morgens um 5Uhr30 als Weckerklingeln (und ja!, diese Platte habe ich heiß und innig geliebt!)
Jedenfalls erinnert mich der Sound, der gar nicht mal so schlecht ist, für eine damalige Liveaufnahme, trotzdem an all das, was ich total schlimm und schrecklich an Deutschpunk fand, als ich in den Punkrockkindergarten ging. Das war so 1988. Dazu gehörten Bands, die ihren Scheiß nicht richtig spielen können, nur mit sich selbst beschäftigt sind, sie diskutieren Songanfänge, was weiß ich. Bevor mir jetzt meine eigenen Bandanfänge den Tag versüßen:
Kommen wir also zu dem herzerwärmenden Hardcorepunk, den Blutverlust auf zwei Tapes gebannt haben und der nun als Repress bei Mad Butcher Records im Rahmen der Mad Butcher Classics erschienen ist.
Die Beschreibung der Platte von Treibi Instabil auf der Seite von Mad Butcher ist ziemlich zutreffend. Man hört starke englische Einflüsse. Da ich mehr amerikanischen Hardcorepunk gehört habe, klingt das für mich schon ähnlich. Durch die teils englischen, teils deutschen Texte erinnert mich das auch an die Buttocks oder Neurotic Arseholes oder auch ZSD.
Ich empfinde es auch als Wohltat, als Irmgard am Bass übernommen hat. Sie hat wohl bei den 14 Songs des Demos eine ganze Zeit für eine kreative Konstanz gesorgt. Ein ganz klasse Zeitdokument.
Später heißen Teile der Band dann Maniacs. Ebenso erschienen bei Mad Butcher Records.
Gibt es im Plastic Bomb Shop oder selbstverständlich auch direkt bei Mad Butcher Records zu kaufen!