Die „Grande Dame des Berliner Chansons“ ist zurück. Niemand geringeres als Brezel Göring meldet sich zusammen mit seiner Gefolgschaft Psychoanalyse und dem neuen Album „Friedhof der Moral“ zurück. Herausgekommen ist es auf dem eigenen Label Stereo Total Records.
Stereo Total? Da war doch was! Ja, denn Brezel Göring ist der halbe Part von Stereo Total, neben der leider bereits verstorbenen Françoise Cactus.
Ihr Tod hat folglich auch das Ende von Stereo Total bedeutet und riss eine große Lücke in die Berliner Musiklandschaft. Dennoch hat Brezel Göring sich nicht aufgegeben und weiter Musik gemacht. Herausgekommen ist ein interessanter Stilmix und ein Potpourri der guten Laune. Wenn ich von Stilmix schreibe, dann meine ich Referenzen zu Klassik, japanischem Blues, Diskomusik, Punk, Hiphop und natürlich französischen Chansons. Wie sich japanischer Blues anhört, lässt sich für mich schwer deuten. Irre, was Brezel Göring hier abreißt.
Bei aller Lobhudelei für Brezel, aber die Band Psychoanalyse darf hier nicht zu kurz kommen. Denn sie ist es, die diesen Stilmix prägt und mitträgt. „Friedhof der Moral“ ist wie schon bei seinem Vorgängeralbum „Psychoanalyse (Volume 2)“ gespickt mit deutschsprachigen, aber auch französischsprachigen Songs. Nach 30 Jahren des Musikmachens zusammen mit Francoise Cactus, die im Wesentlichen das Schreiben der Texte übernommen hatte, hat sich Brezel Göring gut geschlagen. Und meiner Meinung nach darf er auch gerne so weiter machen. Die Musik reicht von schön („Visiteur Spectaculaire“), durchgeknallt, („Such Dir Einen Arzt“), abgefahren („Tschernobyl“), irreführend („Die Letzte Kugel“) bis zu nah an der Grenze des Zumutbaren und mit einem Hang zum Finger in die Wunde legen („Tilidin“). Aber alles in allem ist mir das viel lieber als die oft menschenverachtenden Texte vieler Rapper. A propos Grenze des Zumutbaren: den Rücken des Covers ziert ein Foto mit einer möglicherweise nackten Frau, die mit ihrem Po auf dem Gesicht einer weiteren Person sitzt. Hat auch schon was von Wrestling.
Ich mag das neue Album des Brezel Göring, der mir gezeigt hat, dass er auch durchaus ohne die anderen 50 % Stereo Total musizieren kann. Chapeau und gerne mehr davon!
Und ihr? Schon reingehört? Falls nicht, wird es Zeit. Erwerben könnt ihr das Album bei Flirt99.
Und wieso hab ich so Lust auf Brezeln?
Viel Spaß beim Hören und Entdecken!