Mein Verhältnis zu den Donots ist kompliziert. Auf Platte haben mir die letzten Veröffentlichungen viel gegeben, live dagegen oft weniger: zu viel Animation, zu viel gut gemeinter Witz, zu wenig Musik. Schwert aus Holz dreht dieses Verhältnis angenehm um. Ein Akustik-Album zwingt zur Konzentration,auf Songs, Melodien, Texte. Genau das tut den Donots hörbar gut.
Akustik-Platten von Punkbands sind allerdings so eine Sache. Oft wirken sie wie Pflichtübungen oder nette Fußnoten für Komplettisten. Der Strom wird abgestellt, aber die Songs verlieren dabei genau das, was sie einmal getragen hat. Schwert aus Holz tappt in diese Falle aber nicht. Statt bloßer Entschärfung setzt die Band auf Umdeutung und Reduktion, ohne den eigenen Charakter zu verleugnen.
Nach über 30 Jahren Bandgeschichte verzichten die Donots auf verzerrte Gitarren und setzen auf Holz, Klavier und Zurückhaltung. Elf neu gedachte Klassiker treffen auf zwei neue Stücke, erschienen beim bandeigenen Label Solitary Man, das für eine gewisse Bodenständigkeit zwischen Punk, Indie und Herzblut steht. Unterstützt wird das Ganze von einer ganzen Reihe Gäste, die nicht wie Namensaufkleber wirken, sondern den Songs tatsächlich neue Facetten geben. Chuck Ragan verleiht „Dead Man Walking“ zusätzliche Rauheit (böse Zungen behaupten dass Ingo hier solide untern Tisch gesungen wird), Frank Turner schließt mit „So Long“ würdig ab, Campino, Kuddel, Matt Hensley und Shitney Beers fügen sich unaufgeregt ein.
Nicht alle Songs entfernen sich weit vom Original, viele behalten ihren Drive. Besonders interessant wird es dort, wo die Band loslässt: „Whatever Happened To The 80s“ funktioniert plötzlich als Popnummer, „Keiner kommt hier lebend raus“ wird zur erstaunlich stabilen Lagerfeuer-Version, „Calling“ lehnt sich entspannt zurück. Das wirkt nicht anbiedernd, sondern konsequent zu Ende gedacht.
Auch die Art der Veröffentlichung passt ins Bild: Es gibt limitierte und verschiedenfarbige Versionen, unterschiedliche Variationen aus der Vinylmanufaktur, ein klarer Fokus auf das Physische. Schwert aus Holz will angefasst werden, nicht nur durch den Streaming-Algorithmus laufen. Das ist sympathisch altmodisch und erstaunlich stimmig für eine Band in ihrer vierten Karrieredekade.
Schwert aus Holz ist kein Album für den schnellen Mitgröhlmoment. Wer genau den sucht, wird hier nicht fündig. Wer den Donots aber zugesteht, sich einmal zurückzunehmen und ihre Songs sprechen zu lassen, bekommt ein überraschend starkes, in sich ruhendes Album. Mein Verhältnis zu den Donots bleibt gespalten, dieses Album kippt die Waage dennoch klar auf die musikalische Seite.

