Miriam kenne ich schon fast mein halbes Leben und das was sie macht, hat mich schon die ganze Zeit interessiert.
Sie gehört zu den Personen, die im Backround arbeiten und quasi ein Allround Dasein genießen. Miriam ist für die 7us media group GmbH aktiv und ist dort – vor allem für den digitalen Bereich – (quasi für alle Sachen im Bereich Label Marketing) zuständig. Interessant hierbei ist auch, dass sie sowohl subkulturelle Bereiche wie Rockabilly und Punkrock – Metal ist hier sehr wichtig-, aber auch Volksmusik und Pop Musik abdeckt und so zu einer enormen Vielzahl an Genres Zugang hat. Aber dazu mehr im Interview und deshalb starten wir auch direkt.
Hallo Miriam,
jetzt wird auch mal aus einer langen Freundschaft auch mal Business 😉 Gebe unseren LeserInnen doch mal einen Einblick, wie du ins Musikbusiness gekommen bist. Was hat dich angetrieben? Wo sind deine Wurzeln und was machst du im Moment im Musikbusiness?
Hi Nico, das hätten wir uns vor 20 Jahren auch nicht träumen lassen, dass wir mal geschäftlich miteinander zu tun haben.
Mein Weg ins Musikbusiness ist eher aus der Not entstanden. Ich habe vor ca. 13 Jahren meine Zelte in Baden-Württemberg abgebrochen und bin mit meinem jetzigen Mann nach Berlin gezogen, da er dort ein tolles Jobangebot bekommen hat und mal ehrlich was gibt es Besseres als mit Mitte 20 in Berlin zu sein. Ich war mitten in meiner Magisterarbeit und wollte mich da komplett drauf konzentrieren. Aber wie ich bereits erwähnt hatte ich war in Berlin…Nach kleineren Jobs, unter anderem als Saftschubse in einer Spielothek bin ich durch ein Praktikum bei einer „Video on demand“ Firma gelandet. Hier habe ich 10 Jahre lang den Filmdienst Kinderkino, jetzt Kixi, aufgebaut und geleitet. Das wurde irgendwie mein Leben. Arbeiten am Wochenende, immer parat sein, Überstunde um Überstunde abgerissen, aber es war irgendwie mein Baby. In dieser Zeit hat sich Berlin, aber auch wir uns verändert. Man wird halt älter und der Reiz der Hauptstadt verflog. Wir sehnten uns beide wieder nach Hause zu Freunden und Familie. So kam dann vor 2 Jahren der Bruch. Wir packten unsere sieben Sachen und kamen wieder zurück in die Heimat. Da stand ich nun. 10 Jahre leitende Angestellte ohne Abschluss. Hier zählt der mehr als alles andere. Also entschloss ich mich erneut die Schulbank zu drücken und fing eine Ausbildung als Kauffrau für audiovisuelle Medien an. Das kuriose an der Sache ist, dass ich in Berlin sogar Ausbilder war.
Da jedoch die meisten Betriebe eher junge Azubis wollen war das garnicht so einfach. Mein Glück war, dass mein jetziger Chef, Hans Derer, etwas Pech hatte mit seinen früheren sehr jungen Azubis und daher mir eine Chance gab. Glück für uns beide würde ich heute sagen. Ich habe mich sofort auf das Thema Digitalisierung gestürzt, da das Jahre lang mein Steckenpferd war und immer noch ist, und er behandelt mich nicht als Azubi. Ich bin ein vollwertiges Teammitglied und muss nur ab und zu Kaffee kochen ?
Meine Aufgaben sind echt umfangreich. Ich bin in der Firma eher der Allrounder. Das reicht von Bandakquise, Bandbetreuung, Releaseplanung, Abrechnung, Betreuung der Social Media Kanäle, Pressearbeit, Veranstaltungsplanung, online Marketing, Grafikdesign für Cover und Anzeigen bis hin zu einer Fernsehsendung, die ich schneide. Jeden Tag gibt es was Neues, jeden Tag kommen neue Aufgaben oder Problemchen dazu. Aber genau das macht mir Spaß! Kein Stillstand, kein Fließband, immer nah an den Kunden und alles versuchen zu realisieren, was denen so in den Sinn kommt oder ihnen neue Wege aufweisen.
Wie kommt es, dass du so ein breites Spektrum abdeckst? Normal macht man ja entweder reine Label Arbeit oder eben Filmdreh und Schnitt. Verliert man da nicht auch gerne mal den Überblick?
Ja das ist manchmal wirklich eine große Herausforderung hier nicht den Kopf zu verlieren, aber es macht auch irrsinnig viel Spaß! Ich liebe es mich einem Problem zu stellen und mich so lange da rein zu fuchsen bis ich es lösen kann. So habe ich mir z.B. das Arbeiten mit Grafik- oder Schnittprogrammen einfach Schritt für Schritt selbst beigebracht. Ich hasse es auf andere angewiesen zu sein und mache die meisten Sachen daher lieber selber, da ich auch meist eine genaue Vorstellung habe, wie etwas aussehen oder laufen soll und wie nicht. Bevor ich meine Vorstellung jemandem erklärt habe, habe ich es meist 3 mal schneller selber gemacht. Jedoch bekommt man natürlich damit immer mehr auf die todo-Liste gesetzt. Da helfen nur eine klare Organisation und strukturiertes Abarbeiten und sich nicht wahnsinnig machen lassen. Das funktioniert manchmal besser, manchmal schlechter. Das bekommt man bei mir aber schnell mit, wenn der zweite Fall eintritt wird schon mal der Computer angebrüllt.
Du hast ja nun auch sehr viel mit Künstlerinnen und Künstlern zu tun, siehst du da eine Gleichberechtigung bzw. Gleichstellung zum Beispiel bei den Gagen, den Deals etc. oder gibt es da schon auch Unterschiede und wenn ja, warum ist das so?
Also einen Unterschied habe ich da ehrlich gesagt kaum gesehen. Evtl. in den Genres selber. Bei Pop-Schlager haben Frauen meist die Nase vorne und bei den Singer-Songwritern auch teilweise. Unterschiede bei der Gage gibt es eher je nach Bekanntheitsgrad. Wir haben auch einen großen Femal-Fronted Metal Bereich, der wirklich gut abgeht. Da haben einige andere Metalbands eher das Nachsehen. Natürlich mag die Presse gutaussehende Frauen lieber als so manche Männer, aber wir machen hier absolut keinen Unterschied. Uns kommt es auf die Musik an und nicht auf das Geschlecht. Auch innerhalb des Büros hat mein Geschlecht nie wirklich eine Rolle gespielt. Wenn dann nur im Spaß aber ich kann da ganz gut kontern.
Ich habe gesehen, dass dein Arbeitgeber ziemlich breit aufgestellt ist. Wie kommt es, dass ihr von Punk bis Pop, von Volksmusik bis Klassik so viele verschiedene Musikstile unter einem Dach betreut und vertreibt?
Mein Chef war früher bei Intercord, also einem weltweit agierendem Label, und hatte daher schon von Anfang an mit den unterschiedlichsten Bands zu tun. So betreute er Depeche Mode, Herbert Grönemeyer, PUR, Die Flippers oder Army of Lovers. Später in seiner eigenen Firma Die Kelly Family, Fools Garden oder Smokie.
Daher ist das schon fast Tradition, dass wir die ganze Welt der Musik abdecken. Wir konzentrieren uns jedoch hauptsächlich auf Künstler aus der Region und auf den Aufbau neuer Musiker. Das Genre ist hier meist Nebensache, die Hauptsache ist gute Musik. Da muss man seinen persönlichen Geschmack ab und an zur Seite schieben und die Qualität der Musik an sich beurteilen. Ich gebe offen zu, dass mir das am Anfang wirklich schwer fiel, da ich ja eher aus der lauten und heftigen Ecke komme, aber mittlerweile kann ich auch guten Schlager durchaus beurteilen. Und ganz ehrlich, auch das macht echt Spaß. Wenn man einen Künstler bei „Immer wieder Sonntags“ rein bekommt oder eine Feier für Gotthilf Fischer schmeißt ist das schon echt klasse. Das einzige Genre, an das ich jedoch einfach nicht ran komme, ist und bleibt Hip Hop oder Rap oder wie man das heutzutage nennt. Aber dafür haben wir zum Glück jemanden, der sich damit auskennt. Wir haben die Genre ganz grob unter uns aufgeteilt, aber generell setzt sich jeder für jeden Künstler ein.
Hattest du schon mal die Situation, dass du Gewissensbisse hattest oder mit einer Künstlerin oder einem Künstler bzw. Band überhaupt nicht klar gekommen bist? Wie war dein Umgang damit und wie hast du es geschafft, da wieder raus zu kommen?
Ja das gibt es leider immer wieder. Oft muss man Erwartungen drosseln oder gar zu Nichte machen. Wir versuchen immer das Bestmögliche raus zu holen, aber manchmal gelingt es uns einfach nicht und keiner weiß warum. Da hast du einen Song hinter dem du 100% stehst und bist sicher, dass der einschlagen wird wie eine Bombe, du hängst dich rein und dann merkst du, dass einfach nichts kommt. Wie erklärst du das dann. Das sind immer schreckliche Situationen. Aber da hilft nur weitermachen und immer weiter versuchen und das dem Künstler auch so zu vermitteln. Die meisten verstehen das. Vor allem im Newcomer Bereich ist das leider oft so.
Ich hatte aber auch wirklich schlimme Situationen, in denen es echt gut lief und die Künstler dennoch nicht zufrieden sind oder da es ja so gut läuft das Label wechseln, weil sie da ein besseres Angebot bekommen haben. Da sitzt du erst einmal vor einem Scherbenhaufen. Du hast dein Herzblut reingesteckt, deine Freizeit geopfert und wirklich alles gegeben und dann kommt der „Lohn“ dafür. Das ist wirklich heftig und ist mir manchmal echt an die Nieren gegangen. Es gab da Meetings, da hätte ich am liebsten losgeheult. Das verfolgt einen eine ganze Weile, aber man muss echt aufpassen, dass man auch solche Erlebnisse unter Erfahrung verbucht und sich beim nächsten Künstler trotzdem wieder voll reinhängt.
Was war dein bisher schönstes Erfolgserlebnis in deinem Business?
Das ist wirklich kaum zu sagen. Es sind immer wieder kleinere Erfolge, wenn du einen Künstler in eine Fernsehsendung bekommst wird schon mal eine Flasche Sekt geköpft oder wenn jemand in die Radiocharts kommt.
Aber meine schönsten Erlebnisse sind zum einen die Feier zur Überreichung der goldenen Schallplatte an Gotthilf Fischer, wo ich auch Mungo Jerry kennenlernen durfte und unser Songcontest „Welcome to Europe 2019“ im Europapark Rust.
Für mich ist jedoch eigentlich jeder Release, jedes Feature oder Chartposition oder eine gelungene Tour ein Erfolgserlebnis und ich feiere jedes Einzelne.
Möchtest du unserer Leserschaft noch etwas mit auf den Weg geben? Möchtest du noch etwas wichtiges erwähnen? Na dann, los jetzt 😉
Macht nach eurem Abschluss eine Ausbildung! Ja ist kein Witz. Ich merke es echt, dass man mit Mitte 30 einfach ein zu altes Hirn hat für die Berufsschule. Den 18 Jährigen da fliegt noch alles zu und die machen das mit Links. Ich hechel eher hinterher und muss mich echt anstrengen. Hinsetzen und Lernen wird immer schwerer, je älter man wird. Wenn ihr studieren wollt tut das, war echt eine geile Zeit, aber dann was Gescheites und zieht es durch! Das wäre eigentlich das Einzige was ich in meinem Leben ändern würde, wenn ich könnte.
Ach ja und !stay the fuck at home!