Es gibt eine gute und eine schlechte Nachricht. Welche wollt ihr zuerst lesen? Die gute? Na klar, schlechte Nachrichten hebt man sich gerne für später auf. Also gut, die gute Nachricht lautet, dass “Doomsday Glacier”, das dritte Werk der Berliner Hardcore/Crust-Punker Hatehug auf dem Tübinger Spezialisten-Label SubZine Records, über Umwege endlich bei mir gelandet ist. Gut ist darüber hinaus auch, dass ich hier was drüber schreiben darf und mir das Album nach einem Kacktag auf Maloche einfach mal das völlig überlastete Hirn rauspustet. Dreckig, schnell, aggressiv, zum laut aufdrehen und abmoshen gedacht. Hell yeah! Und ja, Hatehug selbst sprechen davon, primitiven 80ies Hardcore-Punk zu machen. Ich würde mir ja selbst in den seltensten Fällen anmaßen, die Musik einer Band als “primitiv” zu deklarieren, schließlich könnte hinter allem, was einen Proberaum verlässt, ein tieferer Sinn stecken. Wenn das Quartett seine Musik aber schon selbst als primitiv bezeichnet, dann greife ich das an dieser Stelle gerne und dankenswerterweise auf und sage ja. Und ja, manchmal ist primitiv genau die richtige Musik für die richtige Stimmung und gegen die volle Birne.
So. Schon wieder viel Gelaber und ihr denkt jetzt vielleicht, ihr kommt ungeschoren und ohne die schlechte Nachricht davon. Pustekuchen! Ich muss euch da schon informieren, mag es auch noch so schwer sein. Die schlechte Nachricht lautet, dass Hatehug – eben noch auf Minitour in Portugal – sich Ende des Jahres auflösen werden. Das ist schade, denn Fans von Henry Fonda bis Tragedy verlieren damit definitiv eine gute bis sehr gute Band ihres Genres. Andererseits existierten Hatehug bis dahin dann auch schon ziemlich genau zehn Jahre. Und vielleicht gehört es dann auch einfach dazu, einer Band wie Hatehug den Stecker zu ziehen, wenn es gerade am schönsten ist. Live fast, die young!
Wenn ihr den Schock dann verdaut habt, können wir uns wieder auf das Wesentliche, auf “Doomsday Glacier”, konzentrieren. Dient der Opener “Pandemia Party” noch als Aufwärmübung, gehen Hatehug dann mit “OCD Worshipper”aufs Ganze. Ich muss instant an die dänischen Kollegen Halshug denken – und das nicht nur wegen der frappierenden Ähnlichkeit der Bandnamen. Wo Halshug aber einen Ticken mehr Wert auf düstere Emotion legen, gehen Hatehug deutlich – ich will nicht sagen primitiver – aber eben mehr mit dem Knüppel zu Werke.
Kompromisslose Saiteninstrumente, kompromisslose Stimme. Und dann aber diese treibenden, sauber und klar gespielten Drums bringen die Band ungemein voran. Was bei mir normalerweise nur live gut funktioniert (nämlich diese Art von Hardcore-Punk), schaffen Hatehug auch in meinem Wohnzimmer. Die Platte ist druckvoll produziert und erzielt trotz musikalisch eintönigem (um nicht gar zu sagen, primitivem, hehe!) Inhalt keine eintönige Wirkung. Mit dem Opener der B-Seite, “Misery Addicts”, bringen Hatehug sogar tatsächlich so was wie Popappeal in ihren derben crusty Sound. Verhältnismäßig fröhlich klingt der Song, wohl auch wegen seinem fast schon Descendents-mäßigen Basslauf. Für mich damit der Höhepunkt der Platte.
Danach heißt es aber wieder Hirn durchshaken. Bis zu dieser ominösen Stelle. Was ist denn hier los? Hatehug haben sich nen Spaß erlaubt und ans Ende von “Revenge Rally” einen Loop rangehängt. Muss man erst mal drauf kommen, schafft man aber dann, wenn einem das Ding allmählich auf den Zeiger geht. Ja, jetzt ist Fingerspitzengefühl gefragt und man muss die Nadel vorsichtig weiterschubsen. Denn mit “Philantropist Extreme” folgt noch mal ein zwar nicht ordnungsgemäßer (sprich: nicht gelisteter), aber dennoch amtlicher Rausschmeißer.
Hatehug verabschieden sich mit “Doomsday Glacier” mehr als anständig in den Ruhestand. Wohl eher Vorruhestand. Wer kann, der/die sollte die Band nochmal auf ihrer Abschiedstour (zusammen mit Gewaltbereit) im Dezember in Wolfsburg, Wuppertal, Hannover oder Berlin gucken gehen und sich dann auch das auf schwarzem Vinyl und in Inside/Out-Cover veröffentlichte “Doomsday Glacier” mit nach Hause nehmen. Für alle Sofasitzer*Innen: schaut mal direkt bei Subzine Records nach.