So, ich bin kein Franzose und ich kann auch kein Französisch. Das ist aber gar kein Problem, denn ich kenne einen waschechten Franzosen (mit dem spiele ich ab und zu mal ganz klischeehaft Petanque) und dachte mir, was passt besser für eine Gast-Review als das?! Genau: nichts. Daher präsentiere ich nun die Review zu Jill Barbers “Encore!” von Stephane Clerc! Der Typ kennt sich aus. (vielen lieben Dank!)
Jill Barbers zweites französischsprachiges Album ist die Zugabe zum Vorgänger „Chansons” aus dem Jahr 2013. Obwohl sie davor und danach viel Musik aufgenommen hat, ist dieses Album bis heute ihr erfolgreichstes geblieben. Nach elf Jahren legt sie nun mit „Encore!“ (erschienen via Outside-Music) nach und bietet sinnlichen Jazzgesang in elf Songs aus ihrem umfangreichen französischsprachigen Repertoire.
Man wundert sich, dass Jill Barber nicht öfter auf Französisch singt, so sehr liegt ihr diese Sprache und wird ihrer charmanten Stimme gerecht. Der erste Titel des Albums, “Plus je t’embrasse”, bestätigt dies sofort: Ihre Version, die der von Blossom Dearie nicht unähnlich ist, nutzt die Nuancen perfekt, um die ganze Sinnlichkeit, zu der die Sängerin fähig ist, hervorzuheben, ohne das Klavier und die anderen Instrumente völlig zu überdecken. Alles hängt von der richtigen Mischung ab, und die ist hier perfekt!
Obwohl viele der Lieder Klassiker sind, muss ich zugeben, dass ich als Konzertfranzose nicht alle kenne, darunter “Ménilmontant” von Charles Trenet. Jill Barbers Interpretation dieses Liedes versetzt uns sofort in ein kleines französisches Dorf. Ich habe auch die Perle “De temps en temps” entdeckt, ein Lied über eine Frau, die ihre körperlichen Wünsche äußert und das zu einer Zeit populär wurde, als solche Äußerungen von Frauen verpönt waren: Es ist ein schönes feministisches Augenzwinkern von Jill Barber, dieses Lied 85 Jahre nach der Version von Josephine Baker wieder aufleben zu lassen.
“Padam Padam” ist stimmlich etwas weniger extravagant, dafür aber beruhigender als die Version von Edith Piaf, gefolgt von einem weiteren Klassiker des französischen Chansons, “La mer” von Charles Trenet, bei dem man sich von der Brise und der gedämpften Stimme einlullen lässt. Es folgt das überraschendste Lied des Albums, “Ordinaire” von Robert Charlebois. Die weibliche Version dieses Liedes wurde in den letzten Jahren von keiner Geringeren als Céline Dion populär gemacht, und Barber präsentiert eine eher sanfte, jazzige Version. Es folgt eine anrührende Version von Barbaras “Mal de vivre”, die allerdings etwas länger als nötig ist – immerhin überschreitet sie die 6-Minuten-Marke!
Ich hatte auch das Vergnügen, das Lied “Les eaux de Mars” von Georges Moustaki zu entdecken, das hier von der Sängerin mit großer Sensibilität interpretiert wird und dann das wunderschöne “Que reste-t-il de nos amours” (wieder von Charles Trenet), das ebenfalls sehr wirkungsvoll interpretiert wird.
Das Album “Encore!” endet mit dem ältesten Lied, “Parlez-moi d’amour” von Lucienne Boyer. Die Originalversion stammt aus dem Jahr 1930, aber das Wiegenlied von Jill Barber ist keinen Tag gealtert.
Das Album ist ein kleines Hörvergnügen, mit vielen Liedern, die es wert sind, gehört zu werden, auch solche, die im Laufe der Jahre sicherlich ad nauseam gesungen wurden. Es ist oft einfacher, bekannte Lieder zu covern, als neues Material zu komponieren, aber wenn es mit so viel Liebe zum Detail und dem Charme von Jill Barber gemacht wird, kann man sich kaum beschweren. Besonders zu empfehlen ist die farbenfrohe Vinyl-Pressung, die auf dem Plattenteller eine ebenso warme, entspannte und verträumte Stimmung verbreitet wie die Songs zwischen den Rillen.
Direkt HIER oder bei dem Plattenladen eures Vertrauens besorgen!