Jill Barber, oder auch „Canadas Sweetheart“ genannt, ist eine der erfolgreichsten Musikerinnen aus eben jedem Land in Nordamerika – Kanada. Ihr bereits 11. Album … warte! 11. Album? Und ich habe bislang nichts von ihr gehört oder gelesen? Manchmal frag ich mich wirklich, ob ich immer der Musikkenner bin, der ich sein möchte. Weiter im Text: ihr 11. Album hört auf den Namen „Homemaker“, und ist am 10.02.2023 auf Outside Music herausgekommen. Wie der Name des Albums auch vermuten lässt, ist es hauptsächlich zuhause in der Corona-Phase entstanden.
Mit diesem neuen Album „Homemaker“ lässt Jill Barber die Vintage-Jazz- und Pop-Anleihen ihres mittleren Schaffens und die soziopolitischen Tendenzen des 2018 erschienenen Albums „Metaphora“ hinter sich und bietet eine Reihe dicht gearbeiteter Folk-Songs, die sich mit Häuslichkeit, Elternschaft und ehelichen Dynamiken befassen.
In „Beautiful Life“ vergleicht Barber ihre Existenz mit der von anderen auf Social-Media-Plattformen projizierten Existenzen, auf die Art „Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß und bei anderen scheint immer die Sonne“ und verfällt kurz in Wehmut, bevor sie sich daran erinnert, dass auch sie glücklichere Tage hat. Der Titelsong berichtet von der zeitweiligen Langeweile des häuslichen Lebens. Jill Barber jedoch ist entschlossen, wenn auch melancholisch, verbissen und nimmt ihre Herausforderungen mit Pragmatismus und einem gewissen Gleichmut an.
„Joint Account“ ist der melodische Höhepunkt des Albums. Jill Barber und Grant Davidson vereinen ihre Stimmen, um den Glanz und die gelegentliche Banalität einer erfolgreichen Ehe zu beschreiben. Parallel dazu setzen die wunderbaren Cello-Akzente von Peggy Lee ein. In „Hell No“ kehrt Jill kurz zu dem trotzigen Ton zurück, den sie auf „Metaphora“ immer wieder anschlägt. In „Still in Love“ drückt sie ihrem Partner gegenüber aus, dass sie trotz ständiger Streitereien und holpriger Abschnitte so engagiert ist wie eh und je.
Auch wenn die Songs auf „Homemaker“ auf den ersten Blick weniger gehaltvoll erscheinen als Jill Barbers frühere Werke, wird dem Hörer schnell klar, dass sie die Besonderheiten ihres Lebens geschickt als Vehikel genutzt hat, um universelle Themen zu erkunden: Liebe, Familie, Engagement und Vermächtnis. In „Homemaker“ erinnert uns Jill Barber daran, dass unser Leben – genau so wie es ist – unergründlich reich, nuanciert und episch ist.
Und je öfter ich ihr Album „Homemaker“ höre, umso schleierhafter ist es mir, wie so eine talentierte Musikerin hierzulange zumindest in dem Genre völlig unter dem Radar fliegen kann.
Zu erwerben ist das Album bei JPC und bei jedem gut sortierten Plattenladen eures Vertrauens. Mir liegt übrigens die „spilled milk“ – Version auf Vinyl vor.