Wart ihr denn schon mal auf dem Mittelalterweihnachtsmarkt in meiner Wahlheimatstadt Esslingen? Nein? Nun, müsst ihr auch nicht unbedingt gewesen sein. Ist was für Touris. Außer, ihr outet euch gerne als solche. Dann schon. Ich kann mich natürlich hinter dem Homie-Bonus verstecken und geh da einmal pro Saison hin. Wegen der Kinder. Ein Spektakel, sag ich euch!
Der passende Soundtrack zu diesem Spektakel, der könnte aber ein paar Breitengrade weiter nördlich geschrieben und bereits am 6.10.2023 via Karisma Records veröffentlicht worden sein. Aus der florierenden Prog-/Psychedelic Rock-Szene Oslos steuert das Duo Håkon Oftung und Kristian Frøland aka Jordsjø diesen bei. „Salighet“ heißt das vierte Studioalbum der Band.
Spärlich mit dem Gesang eines Minnesängers ausgestattet, glänzen die sieben Stücke v.a. durch das spannende Wechselspiel zwischen bedrohlich wirkenden und geradezu lieblichen Klängen sowie dem Einsatz von zig verschiedenen Instrumenten. Da hört man Flöte, Gitarre, Bass, Klarinette, Drums, Percussion eine Hammond Orgel, ein Clavinet D6, Synthies, ein Fender Rhodes und ein Solina Streicherkeyboard, ohne dass sich eines dieser Instrumente in den Vordergrund drängen würde. Puh, ganz schön was los und ja, für mich klingt die Musik von Jordsjø nun mal wie direkt aus dem Mittelalter. Mindestens aber stark folkloristisch. Und dann halt nach Prog. Nach jeder Menge davon. Mir kommen spontan die großartigen Wobbler als Referenz in den Sinn. Ebenfalls aus Norwegen, jedoch nicht ganz so altertümlich klingend wie Jordsjø.
Noch eben kurz im Dictionary geschaut, was „Salighet“ denn bedeutet. Ah ja, Erlösung oder Seligkeit. Ja, mit etwas philosophischem Gespür treffen vielleicht beide Begriffe auf die Musik von Jordsjø zu. Am Abend, erlösend vom Alltagsstress, lassen einen Jordsjø selig zurück. Na ja, klingt jetzt nicht gerade nach Nietzsche und Achtung: so ein kleines bisschen Zugang sollte man schon zu Musik völlig abseits der Norm haben. Und ich bleib dabei, Gefallen an Zeiten, in denen die Guten noch „Ritter“ hießen und die Leute ihre Fäkalien auf die Straße schütteten, wäre ebenfalls von Vorteil. Ansonsten könnten Jordsjø eher Gefahr laufen, euch zu belasten und euer Seelenheil durcheinander zu wirbeln.
Dennoch: abermals hat das Prog-/Psychedelic-Spezialistenlabel Karisma Records aus Bergen ein feines Näschen bewiesen und bringt dem erlauchten Kreis der Interessent*Innen mit „Salighet“ ein feines Stück abgedrehter Musik näher. Wie vom Label und seinen Bands gewohnt, in bester und nobelster Aufmachung. Als Gatefold und Inside/Out, mit toller und zur Musik absolut passender Graphik und Bebilderung, auf schwarzem und limitiert auch auf transparentem Vinyl. Gibt’s zum Beispiel bei JPC.
