Yeah! Endlich mal wieder eine Band, die die Manege des großen R’n’R-Zirkus dafür nutzt, um derben Humor und Nihilismus mit elektrischen Gitarren zu umgarnen. So mein erster Gedanke beim ersten Song „BADIDEA“ des neuen Albums „God Save The Gun“ (VÖ war am 17.10. via Loma Vista Recordings) der aus L.A. stammenden Band Militarie Gun. Dabei sind es weniger die Lyrics, mit denen ich mich bis dato noch gar nicht beschäftigt habe, als vielmehr die Aura der Rockmusik, die mich zu dieser freudigen Annahme veranlasst. Und ich stelle mir die Beastie Boys der ’80er vor, wie sie mit den Turbonegro der ’90er und den Bronx der ’00er an simplen und gerade deshalb eingängigen Riffs schrauben, die die Grundlage für die Vocals bieten, die die auf ihre Art eloquenten Electric Six gerade zusammen mit den Dumpfbacken der Bloodhound Gang auf dem Sofa nebenan austüfteln.
Zugegeben, das Artwork mit dem Sektenfreak hat meine Annahme maßgeblich beeinflusst. Diese Ästhetik eines Hank von Helvete (R.I.P.). Und bei genauerem Hinsehen denke ich doch auch glatt, der Sektenfreak dürfte doch Militarie Gun’s Sänger Ian Shelton sein, oder etwa nicht? Belege finde ich auf der bedruckten Innenhülle zwar keine, aber ich glaube, meine Augen belügen mich da nicht. Und schon sind wir noch ein kleines Stück näher dran an der tragischen Figur des verstorbenen Turbonegro-Frontmanns. Denn ähnlich wie dieser, hat(te) auch Shelton ein Suchtproblem. Bei ihm war’s (ist es noch immer??) der Alkohol. Inzwischen etwas tiefgründiger in das Album eingetaucht, sprich mich mit den Lyrics beschäftigt und den aufschlussreichen Promozettel gelesen, ist auch klar, das hier ist alles andere, nur nicht lustig.
Die Musik bleibt trotzdem. Und die ist geil! Inhaltlich dagegen verarbeitet Shelton sein eigenes Dilemma, sein Wissen, sich geradewegs selbst in die Scheisse zu reiten – und es trotzdem zu tun. „Suddenly, I wake up and I’m not down. Think I’ll burn my god damn life to the ground. Don’t know if I will return, so take a seat and watch me burn.“ („Maybe I’ll Burn My Life Down“). „God Owes Me Money“ hat dann dank den Keys und der brachialen Rhythmusgitarre auch was von HIM, das darauf folgende „Daydream“ schaltet mindestens zwei Gänge runter, ist ruhig und dennoch immens intensiv und erinnert stark an Eels. Und spätestens mit diesen Referenzen im Rücken dürfte endgültig klar sein, was den eigentlichen Tenor bei Militarie Gun angibt.
Doch egal, ob nun der Spaß, oder wohl wahrscheinlicher der Schmerz der treibende Motivator beim Schreiben und Produzieren von „God Save The Gun“ war. Militarie Gun ist hier das wohl intensivste und energetischste Rockalbum seit langem gelungen und auch wenn heuer die Konkurrenz wieder deutlich stärker ist, als das noch im letzten Jahr der Fall war, ist die Platte eine brandheiße Anwärterin, um in meine Top 3 des Jahres zu kommen.
Ich seh mal zu, dass ich mir schnellstens den Vorgänger „Life Under The Gun“ beschaffe, ihr solltet derweilst keine Zeit mehr verschwenden und euch „God Save The Gun“ zulegen. In verschiedenen Versionen z.B. bei jpc zu haben. Obertipp!
P.s.: bin mir inzwischen doch nicht mehr so ganz sicher, ob Sektenguru auch gleich Shelton ist… Was meint ihr?


