“Nach meinem Gefühl viel zu früh ereilt uns das Ende dieser Melancholie.
Es sind trotzdem neun ausreichende Songs ohne Ausfälle – hier überzeugt jede Note, jede Melodie und jeder Gesang.
Fast ist man geneigt von einem perfekten Album zu sprechen.
So endet mein Review über das Vorgänger-Album “The Universe Would Have To Adjust” von Minor Majority. Und hier könnte mein Review zum aktuellen Album “Kiss Off” enden, denn mein Urteil bleibt das Gleiche. Das Achte Album von Minor Majorty wartet zwar mit gesteigerter Instrumentierung auf – es erklingen unter anderem Cello, Violine und Klarinette – aber “Kiss Off” bleibt ein Statement für die kleinen, besonderen Momente.
“Kiss Off”, das schon im Vorjahr erschien, ist meiner Meinung das perfekte Album für ein reduziertes Band Line Up auf den kleinen Bühnen dieser Welt. Wer sich davon überzeugen möchte, kann das im März im Nachbarland Dänemark tun. Hier gibt es einige Tourtermine.
Minor Majority machen sehr viel richtig. Ihre Nische bleiben diese nahen, fast intimen, sensiblen Momente, die man heraufbeschwört. Aber auch Songs mit hoher Hit-Garantie – im sehr, sehr positiven radiotauglich – finden sich auf “Kiss Off”*.
Interessanterweise bleiben sich Minor Majority nicht nur musikalisch treu. Auch das Visuelle hat Bestand und so sehen sich die Cover zum Verwechseln ähnlich. Der geprägte Titel und die auf dem Innersleeve verwendete Rahmenfarbe des Covers sind deutliche Zeichen. Wie beim Vorgänger wird das selbe Konzept auf dem Innersleeve verwendet: Credits, Danksagungen und Texte. Selbst die Schriftart wurde nicht geändert.
Auch wenn “Kiss Off” mit zehn Songs, lediglich einen Song mehr enthält als der Vorgänger, hat man satte acht Minuten bei der Albumlänge zugelegt. Das freut mich sehr, da ich von diesen Norwegern nicht genug bekommen kann. Aber auch die breite Hörerschaft scheint sich für Minor Majority zu interessieren. Ihr Song “Supergirl” hat auf Spotify über fünf Millionen Aufrufe zu verzeichnen.
Ich habe die leicht veränderte Instrumentierung angesprochen. Diese veränderte Instrumentierung führt zu einem erweiterten Spektrum, in dem sich Minor Majority auf “Kiss Off” bewegen. Kaum verwunderlich, dass sich ein paar neue Referenzen dazu gesellen: Madrugada, R.E.M., Kings Of Convenience, Iron & Wine, Simon & Garfunkel, Fleet Foxes, Walkabouts, Tallest Man On Earth, The Go-Betweens und Teenage Fanclub. Insgesamt klingen Minor Majority auf “Kiss Off” sehr transparent. Man hört akustische, nüchterne, warme Klangfarben, die für eine weitere Annäherung an den sogenannten Kammer-Pop sorgt.
Textlich bewegen sich Minor Majority auf “Kiss Off” in Erzählungen über Menschen, die gehen – ihre Sachen nehmen und gehen: weg von allem, weg von der Heimat, weg von den Freunden, weg von der Erde. Für diese wunderschönen Texte ist meistens Pål Angelskår verantwortlich. Diese bezaubernden Geschichten, trägt Pål, der mit einer wunderschönen Stimme gesegnet ist, meist selbst vor. Allerdings erhält er neben Bass-Spieler Henrik Harr Widerøe Unterstützung von Gast-Sängerinnen wie Kristine Marie Aasvang (auf diversen Songs und auf dem Vorgänger “The Universe Would Have To Adjust” zu hören) und Christel Alsos (auf “Kiss Off”).
Hören wir bei “Kiss Off” rein, so werden wir direkt vom Titelstück empfangen. Der Türsteher öffnet sehr vorsichtig die Tür zum Album. Durch den geöffneten Spalt hören wir ein sehr zurück genommenes Stück, in dem die Nordländer sehr leise Töne einschlagen. Es geht um die Liebe, die Reize und Verlockungen. In sehr romantischer Art wird aber auch von den Problemen und den Hindernissen berichtet.
Nun öffnet sich die Tür und wir hören mit “Nosedive” den nächsten Song im 30er-Spielzone-Tempo. Es wird dramatischer, denn die besungene Liebe ist bereits vergangen und man hört so schöne Zeilen wie “Sleep Days in Oslo. I am waiting for a rhyme”. Der Song endet mit “There are days when I am unsure about my ways / And the battles that I choose / But I don’t regret the time / I chose to spend with you.” Taschentuch-Alarm.
Aber Minor Majority haben mehr drauf. “Brilliant Mistake” – ein herrliches Wortspiel – ist ein deutlich flotterer Song, der sich im 4/4-Takt um die menschlichen Beziehungen kümmert. “And though I’m old, I’m young enough to hope / For another brilliant mistake / Another promise I can’t promise not to break.” Auch in diesem Tempo geben Minor Majority ein perfektes Bild ab.
Beide Alben “The Universe Would Have To Adjust” und “Kiss Off” haben so viele Überschneidungen, da sich Minor Majority die liegen geblieben Songs vom Vorgänger noch mal vorgenommen haben. Man arrangierte um, feilte hier, feilte da, nur um am Ende doch zehn neue Songs zu schreiben. Das erklärt die relative kurze Zeit zwischen beiden Alben. Um die Zusammengehörigkeit auch äußerlich zu demonstrieren, haben sich Minor Majority entschlossen das Visuelle fast zu kopieren.
Minor Majority stehen für mich für zwei Dinge: exzellentes Songwriting und zum Sterben schöne Melodien. Ich bekenne mich erneut als Fan und kann jedem das Album nur empfehlen.
Achtung! Das Abhören von “Kiss Off” kann zu Sucht ähnlichen Folgen wie Schlaflosigkeit oder einem dauerhaften Wohlgefühl führen. Zu Risiken und Nebenwirkungen, lesen Sie die Vinyl-Beilage oder fragen den Vinyl-Keks-Redakteur Ihres Vertrauen. In jedem Fall, kaufen Sie diese Platte sofort hier.
Let’s go Surfing’ now…