“Das ist nicht cool” sagt doch tatsächlich mein zweijähriger Pimpf, als er erwartungsvoll die ersten Klänge von “O.U.C.H.” der Londoner Punk/Dub – Band P.A.I.N. hört. Mal abgesehen davon, dass die Kids wohl zunehmend früher beginnen, mit der Jugendsprache zu hantieren und ich mich vor Lachen fast wegschmeiss’, weiß ich schon, was er damit meint. “Schtum” beginnt zunächst mal mit dumpfen Schritten, als würde wer die dunkelsten Treppen des Tower of London hinabsteigen. Und da mögen sich Zweijährige noch so cool und lässig geben, es klingt halt doch zunächst mal gruslig. Danach wird’s dann aber schon richtig cool und der Song mündet in eine saugute Dub-Nummer zwischen den “Give ‘Em The Boot”-Samplern von Tim Armstrong‘s und Chris LaSalle‘s Label Hellcat Records und Sublime.
Dann “P.A.I.N.”, was in P.A.I.N.’s Verständnis übrigens für “Propaganda And Information Network” steht, der mich irgendwie an Dog Eat Dog erinnert, auch wenn der Song ‘ne waschechte Punknummer und bei weitem nicht so groovig ist, wie es die New Yorker üblicherweise zelebrieren. Was so ein Saxophon doch alles für Assoziationen wecken kann. An dritter Stelle dann “Grow More Weed” und klar, ein Song mit dem Titel und der Message kann eigentlich nur ein Ska-Song mit Reggae-Anleihen, oder meinetwegen auch andersrum sein. Die wichtigste Erkenntnis bis dato ist aber eher die, dass P.A.I.N. sich offensichtlich nicht selbst in ein allzu enges Korsett zwängen wollen, sich aber auch nicht verzetteln und die dargebotenen Genres gekonnt umzusetzen wissen.
Doch nun nochmal kurz Stopp und Reset. “O.U.C.H.” (steht für “Our Universe Commences Here”) erschien bereits 2000 auf Iron Man Records. 24 Jahre später nahm sich nun aber das hiesige Label Mad Butcher Classics – neben Black Butcher Records ein weiteres Sublabel von Mad Butcher Records – gemäß seiner Verfassung dem Rerelease des Albums an. Danke dafür, das Ding wäre sonst auf jeden Fall an mir vorbeigegangen und ich mach’ jede Wette, an 99% unserer Leser*Innen auch! Meinem Sohn ist das zwar egal – er bleibt bei seinem zu Beginn getätigten Fazit.
Ich selbst fände das aber äußerst bedauerlich, läuft doch gerade eine der – Achtung, Running Gag! – coolsten Nummern des Albums. “Rocking Cross De Borda” könnte auch gut ins Vorprogramm von Manu Chao passen, aus meiner Sicht wären die Posten sogar vertauscht. P.A.I.N. wirken wie Freigeister innerhalb ihrer dargebotenen Genres. Einerseits halten sie sich zwar an die genretypischen musikalischen Spielregeln, andererseits genehmigen sie sich aber auch gefühlt einen riesigen Spielraum darin. So jedenfalls mein Eindruck und das Fazit entgegen dem meines Sohnes ist, dass es sich hierbei sehr wohl um eine richtig gute Scheibe handelt.
Ich denke, Referenzen sind genug genannt worden und alle, die a) entweder auch nur eine davon gut finden, b) zwar keine davon explizit gut finden, sich in den Genres Dub, Punk und Ska aber dennoch wohl fühlen, oder c) Lauterbachs Cannabislegalisierung für die einzig richtige Entscheidung innerhalb der Ampel gehalten haben, sollten sich diesen Rerelease auf jeden Fall und am besten direkt bei Mad Butcher Records besorgen. Allen anderen soll es auch deren Schaden nicht sein, zumal das Ding samt schickem Beiblatt für echt wenig Asche über den Tresen wandert. “O.U.C.H.” ist ein “E.S.T.D.M.H.M.” (Echt schickes Teil das man haben muss).