Superbusen, so heißt nicht nur Paula Irmschlers erster Roman, so heißt auch die fiktive Band der Protagonistin Gisela und ihrer Freundinnen.
Gisela, frisch mit dem Abitur ausgezeichnet, kommt nach Chemnitz um zu studieren. Warum gerade Chemnitz? Warum nicht, hier kann man sich ein WG Zimmer leisten, die Lebenskosten halten sich im Rahmen und besser als zu Hause bei den Eltern ist es eh.
Raus in die Welt, auch wenn es nur Chemnitz ist. Nur Chemnitz? Hier findet sie alles, was eine junge Studentin braucht: Freundinnen, Gleichgesinnte, partners in crime. Gute Leute zum Trinken, zum Lachen, zum Weinen, zum Kämpfen. Zusammen gegen die Erwachsenen, immer in Sorge selbst erwachsen zu werden, ständig zweifelnd, trotzdem wild und gnadenlos. Nazis, Macker, Menschen, die Hannes heißen- die Feinde werden klar erkannt.
Und natürlich ist auch die Musik stetiger Begleiter, was liegt also näher , als im besoffenen Kopp eine Band zu gründen und es auch noch im nüchternen Zustand wirklich durchzuziehen. Die Geburtsstunde von SUPERBUSEN! Eine Band, die man im real life gerne erleben möchte. Geniale Dilettanten, feministisch, anarchistisch, supergut.
Paula Irmschlers Debüt ist natürlich Popliteratur, es ist gespickt mit Referenzen, Querverweisen und und spaßmachenden Hommagen an die Popkultur, da unterscheidet sie sich nicht von den drölfzigtausend anderen Romanen, die den Buchmarkt schon überschwemmt haben. Und trotzdem ist er anders, denn er ist nicht geprägt von testosterongeschädigten, spätpubertierenden Loser-Typen, die ihrer verlorenen Liebe hinterher trauern, in Selbstmitleid zerfließen und einen Selbstfindungstrip erleben – und am Ende schafft der Knabe es doch noch aufs ausverkaufte Konzert seiner Lieblingsband und in seiner bisher besten Freundin erkennt er die Liebe seines Lebens.
Nein, hier geben die Damen den Ton an und der ist weitaus persönlicher, offener und vor allem politischer als man es bisher aus diesem Genre gewohnt ist. Was heißt es Antifaschist zu sein, in einer Stadt die im Spätsommer 2018 Schauplatz von rechten Demonstrationen, Angriffen von Nazis auf Menschen und Hetzjagden wird? Wie leben die guten Menschen, wenn die Demotouristen aus Berlin und Leipzig wieder abgereist sind? Ein toller Einblick in die ostdeutsche linke Szene, die nicht blind abgefeiert wird, sondern natürlich auch ihr Fett abbekommt. So muss es sein.
Ich weiß nicht, ob und inwieweit der Roman autobiografische Elemente enthält, aber bei Popliteratur liegt das ja immer nah. Sollte es so sein, dann macht die Autorin einen Seelenstriptease, den man sich erst mal trauen muss. Gerade zum Ende hin geht es ans Eingemachte. Psychotherapie mit „Britney Spears Best Of“ Soundtrack.
Paula Irmschler, bekannt u.a als Titanic Redakteurin, ist ein toller Roman gelungen, der zwar das Genre nicht neu erfindet, aber es durch neue Elemente bereichert.
Mir hat das Lesen des Buches Spaß gemacht, ich habe viel gelacht und es war sehr kurzweilig.
Natürlich ist es auch ein feministischer Roman, die Zielgruppe sind aber nicht nur Frauen.
Auch hammerharte Typen wie ich es bin (öhm…) sollten es lesen.
Denn es ist gut.
Paula Irmschler
SUPERBUSEN
claassen Verlag
2020
9783-3-546-10001-4
20,- Ocken
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