Manchmal braucht es nur einen Abend in einem Club, ein halbes Bier zuviel und eine Band, die einem/einer selbstbewusst und zugleich charmant Ihre Version des Punkrock um die Ohren haut. Und schwupps, hat die Band einen Stein im Brett . So ging es mir 2019 im Djäzz ( R.I.P.) in Duisburg mit Pogendroblem. Eigentlich nie Fan von so hohen Stimmen, aber dann dieses Konzert und das Herz sagt plötzlich: doch.
Spontan damals das erste Album „Erziehung zur Müdigkeit„ mitgenommen und auch im nüchternen Kopf an den nächsten Tagen konnte das Teil mich überzeugen, mein Social Media erinnert sich so. Wenn ich aber ehrlich bin habe ich aber heute kaum noch einen Titel im Kopf gehabt, nur dieser Hambacher Forst-Song, den find ich immer noch geil, an den kann ich mich erinnern.
In den letzten Jahren habe ich die Band nur noch nebenbei mitbekommen und da hauptsächlich nur wegen irgendwelcher T-Shirt-Problematiken, you know what i mean. Das find ich alles zu albern, das interessierte mich eher weniger. Positiver Eindruck blieb, Punk ist ja schließlich auch Provokation.
Das neue Album „Great Resignation“ führt diesen Weg fort: irritierend, fordernd, auf eine gute Art unbequem. Und genau hier steigt die Platte mit dem Titeltrack ein. „Great Resignation“ eröffnet das Album so, wie ein guter Auftakt sein sollte, nämlich mit einem Hit. Ein klassisches Punk-Thema, ein Anti-Lohnarbeit Song. Ich fühl‘ das, ey!
Der Song hat diese Mischung aus Schrammeligkeit aber auch Experimentierfreudigkeit, die Spaß macht. Der Refrain hängt sich sofort fest, Gregors hohe, aber nie nervige Stimme legt die Silben so, dass selbst einfache Zeilen plötzlich wie kleine Manifeste wirken. Es ist diese Intonation, die den Unterschied macht, nicht perfekt, aber bedeutungsvoll. Nicht nur bei diesem Lied, das ist eine besondere Stärke, die sich durchs ganze Album zieht.
„Die Sache“ ist textlich herrlich lapidar und dadurch hochphilosophisch. Eine Art von Understatement, die man schon bei den Goldenen Zitronen feiern konnte. Ein Vergleich, den ich schon öfter gehört habe, der aber nicht aus der Luft gegriffen ist: Pogendroblem haben diese Art von ironischer Distanz, ohne zynisch zu werden. Und genau das sorgt dafür, dass man als Hörer*in automatisch tiefer reinrutscht, als man geplant hatte.
Mit „Self Checkout“ folgt dann ein weiteres kleines Highlight . Ein Aufruf zum Ladendiebstahl. Eigentlich eher uncool, aber hier ergibt das alles Sinn. Irgendwo zwischen Alltagsbeobachtung und Gesellschaftskommentar. Die Band schafft es, aus Banalität Bedeutung zu formen, ohne Pathos, ohne moralischen Zeigefinger. Das ist eine Kunst.
Der Rest des Albums bleibt diesem Prinzip treu: kurze, kompakte Punksongs, mal schrammelig, mal etwas ausgefeilter. Keine überflüssigen Minuten, kein Füllmaterial, keine Balladen-Zumutungen. Jeder Track hat einen Haken, einen Gedanken, ein Gefühl, manchmal nur angedeutet, aber immer spürbar. Manchmal banal, manchmal melancholisch, aber nie doof. Und genau deshalb wächst das Album mit jedem Durchlauf.
„Great Resignation“ ist kein Nostalgie-Punk, kein Stadion-Geschrei, kein ironischer Hipsterquatsch, sondern ein ehrliches, schlaues, leicht widerborstiges Album, das in seiner Kürze erstaunlich lange nachhallt.
Erschienen ist das Album mit einem tollen Artwork von Jana Borsche auf Kidnap Music, die Ihr Portfolio um eine weitere tolle deutschsprachige Punkband erweitern. Ein dickes Textheft komplettiert diese Veröffentlichung.


