Was habe ich für ein Glück, dass meine Kolleg*innen fast ohne Ausnahme keine Popper sind. Und einen Hang zur Melancholie scheint hier auch niemand zu haben, denn für Platten aus Skandinavien, auf denen kein Punk oder Death-Metal zu hören sind, bin ich bei der Vergabe der Rezensionen fast immer konkurrenzlos. So auch im Fall von “Teenage Astronauts”, dem aktuellen Werk von Thomas Dybdahl. Sehr schön. Der norwegische Singer/Songwriter, der auch bereits einige Filme vertont hat, legt hier in nur gut 30 Minuten seine Gefühlswelt frei. Hört sich gefährlich nach Kitsch an, richtig. Dazu handelt es sich auch noch um ein Konzeptalbum über die eigene Jugend, auch das noch.
Alle Antennen sind ausgerichtet – Gefahr erkannt.
Aber bereits nach der ersten Soundwelle im namensgebenden Opener haben sich alle Befürchtungen, es handele sich hier um die übliche Gefühlsduselei in einem Befindlichkeits-Rausch, in Luft aufgelöst. Ein leiser Song, der akustisch beginnt, jedoch schnell an Intensität gewinnt, wenn das Stavanger Symphony Orchestra seinen ersten Einsatz fährt. Und genau hier liegt die Magie des gesamten Albums. Arrangiert von Vince Mendoza, der bereits mit Joni Mitchell und Björk gearbeitet hat, geht das Orchester eine lebendige Symbiose mit den akustischen Klängen ein und es entstehen atmosphärische Klangwelten, die einen, gepaart mit Dybdahls Texten, unweigerlich in die eigene Vergangenheit zurück katapultieren. Ja, das kenne ich, bei wir war es genauso. Die eigenen Jugendfreundschaften, die überwältigenden Gefühle, alles ist zurück. Wenn Musik das schafft, ist sie großartig.
Das eigene Heranwachsen, das gesamte Leben liegt noch vor einem, man ist überwältigt von eigenen Empfindungen. Im grandiosen “Graffiti Boy” kann Thomas Dybdahl einfach nicht fassen, dass ihn ein Freund “All for a girl!” sitzen lässt.
Produzent Larry Klein hat gemeinsam mit der Texterin Edie Kuhnle “Meditationen über das Erwachsenwerden” geschrieben und diese in einen sehr reduzierten, aber trotzdem opulenten musikalischen Kontext gesetzt. Verbunden mit den bereits erwähnten Streicher-Arrangements ist ein zu kurzes, weil einfach großartiges Album entstanden, für das Thomas Dybdahl mit seiner charismatischen Stimme gerne noch 2-3 weitere Songperlen hätte vertonen dürfen.