Thorsten Dietze, Jahrgang 1972 und seit über 20 Jahren in der Subkultur unterwegs, liefert hier mit “Gepflastert mit Gold” seinen bereits dritten Roman ab.
Alle 3 Bücher behandeln die Thematik der Skinheads. Die beiden vorangegangenen Anekdoten sind mit “Teenage Kicks” und “Das einzige was bleibt” betitelt. Dieses Dritte ist jedoch mein erstes Buch von ihm und ich bin mir sicher, dass ich die beiden vorherigen noch benötige. Mir ist der Autor noch als Sänger der Dresdner Band The Crusaders bekannt. Inzwischen lebt und arbeitet er bei Berlin.
Auf insgesamt 232 Seiten, aufgeteilt in 6 Kapitel plus Epilog, erwartet euch eine fiktive Geschichte, die in den späten 70ern im Norden Großbritanniens beginnt. Der Roman kommt ohne Fotos im Inhalt aus und ist wirklich interessant geschrieben. Die Geschichte baut sich wie ein Film beim Lesen vor dem inneren Auge auf.
Dies liegt sicher auch an der tollen Erzählart, da die Szenen immer wieder wechseln, was im Buch jeweils mit drei Sternen gekennzeichnet ist. Erschienen ist diese Lektüre bei Steeltown Records.
Kapitel 1
Ihr lernt die Hauptfigur Sean kennen. Dieser ist Halbwaise und lebt bei seiner Mutter. Er ist unzufrieden im Job und will etwas erreichen. Jedoch ist die Marktsituation in den späten 70ern alles andere als überschwemmt mit Arbeitsplätzen.
Sean interessiert sich für Fußball, seine Clique, für Bootboy-Glam wie Slade und Garry Glitter sowie aktuellen Punk wie Sham 69, Angelic Upstarts, The Clash oder frühe Skrewdriver und für Pubs. Ihr ahnt sicher schon, dass es öfter zu körperlichen Auseinandersetzungen kommt, was seine Mutter sowie seinen älteren Bruder besorgt.
Als Sean sich dazu entschließt, sein fast schulterlanges Haar abzuschneiden, überlässt ihm sein älterer Bruder Ewan einige Klamotten, um wie ein echter Skinhead auszusehen und sich von dem Image eines “kahlen Punkrockers” entfernen zu können.
Als es erneut zu einem Wortgefecht mit seinem Chef kommt, welches im Handgemenge endet, verliert Sean seine trostlose Anstellung, was ihn endlich dazu bringt, sein Heimatstädtchen zu verlassen. Davon träumt er schon länger und selbst seine Firma spricht ihm dabei zu. Denn Sean versauert lediglich in seinem Job auf dem Schrottplatz und meckert nur über “den Alten” sowie die schlechten Aussichten.
Er will dem Handwerk treu bleiben, da seine Familie seit eh und je der Arbeiterklasse angehört.
Kapitel 2
Per Anhalter durchs vereinigte Königreich.
In London angekommen, versucht sich Sean mit der Stadt vertraut zu machen. Er nutzt hierzu die typische Touristenroute und nimmt die verschiedenen, fremden Eindrücke war. London ist vollgestopft, laut und hektisch.
Er lernt nach zahlreichen Rückschlägen in der Jobsuche eine Truppe Punks & Skinheads am Piccadilly Circus kennen und findet bei dieser auch Anschluss. Auch in London ist Fußball gegenwärtig und man verabredet sich zu einem Spiel.
Plötzlich finden sich die Skins unter Anhängern der NationalFront wieder und es kommt zu Gestiken sowie Aussagen, die Sean aufstoßen lassen. Er entfernt sich wieder von der Fußballtruppe.
Als seine Ersparnisse aufgebraucht sind, macht er sich bei seiner Vermieterin im Bed & Breakfast aus dem Staub und lebt einige Tage auf der Straße, bis er eine Punkerin vom Piccadilly Circus wieder trifft.
Diese nimmt ihn mit in ein besetztes Haus, erklärt ihm die Vorzüge vom Sozialstaat und hilft ihm mit ihrer bloßen Anwesenheit über die Rückschläge Londons hinwegzukommen.
Kapitel 3
Für den 17jährigen Sean entwickeln sich allmählich bessere Zeiten. Er hat nicht nur inzwischen eine eheliche Schwägerin, sondern wird auch noch Onkel.
Des Weiteren hat sich die monatelange Durststrecke zwischen übermäßiger Freizeit und Pubs und Fußball auch geändert. Er hat nun endlich eine Adresse aufgesucht, welche ihm der Trucker auf dem Weg nach London gab. Bei eben jener Adresse hat unser Hauptakteur einen Job als Mechaniker bekommen. Die Tochter seines Chefs, ein junges Renee, liiert mit einem Schläger der NF/BM-Bewegung, macht Sean immerzu schöne Augen. So ist dieser auch hin- und hergerissen zwischen dem Skingirl aus dem beruflichen Umfeld und der Punkerin aus dem besetzen Haus.
Die gesamte Gruppe um Sean spaltet sich. Die NF/BM-Typen huldigen Hitler und gehen selbst auf schwarze Frauen los. Dies ist einem Teil der Gang zu viel und es kommt, wie es kommen muss. Die Truppe trennt sich auf in die jeweiligen Lager. Durch die Rassenunruhen mit Farbigen, Pakistanern, usw. hat jeder Skinhead sein Problem, aber auf Frauen anderer Nationalität loszugehen, ist nicht der Stil aller.
Sean kann sich letzten Endes nicht der unzähligen Flirtversuche der Tochter seines Chefs entziehen. Und auch hier kommt das Vorhersehbare – die beiden werden von ihrem Daddy erwischt.
Kapitel 4
Wie ihr schon sicher ahnt, hat der Zwischenfall mit der liebreizenden Tochter des Werkstattbesitzers die Konsequenz, dass Sean wieder zur Wohlfahrt muss, um sich Geld zu beschaffen.
Derweil durchlebt seine Bekanntschaft, die Punkerin, einen harten Leidensweg durch Heroin von dem Trip über den kalten Entzug und zurück zum Trip. Der Hauptakteur gibt sich selbst eine Schuld an dem ganzen Umstand und tut alles nötige, um sie da raus zu holen.
Der Bank-Holiday steht an, welcher sich jedoch nach voller Vorfreude eher zäh gestaltet, Sean hält sich zusätzlich zur Sozialhilfe mit Gelegenheitsjobs über Wasser und pilgert sogar nach Brighton, auf einen Markt voller verschiedener Kulturen. Dabei lernt er eines der farbigen Mädchen kennen und verguckt sich dabei sogar. Sein Glück wird zudem noch erweitert, als er einen neuen Job in London findet, wo er inzwischen schon 2 Jahre lebt.
Kapitel 5
Sean und die junge Tochter jamaikanischer Einwanderer lernen sich heimlich besser kennen und verlieben sich ineinander. Diese Partnerschaft ist natürlich von Außenstehenden mit Ablehnung und/oder Entsetzen geprägt. Die beiden müssen abwägen, wo man sie gemeinsam sehen kann. Auch in Brixton, wo seine Flamme, Joyce, lebt, ist Rassismus an der Tagesordnung.
Bei schweren Auseinandersetzungen zwischen Coppers & den Farbigen bringt Sean sie nach Hause, um sicher zu gehen, dass ihr nichts passiert. Hier wäre das Paar beinahe aufgeflogen.
Derweil trennt sich die Tochter des Werkstattbesitzers aus Kapitel 3 & 4 von ihrem Freund und gesteht ihm, dass zwischen ihr und Sean etwas lief. Und das dieser zur Bewegung der NationalFront und BritishMovement gehört, habt ihr ja inzwischen gelesen. Das wird wohl Trouble geben…
Kapitel 6
Bei einem Konzert in einem Pub kommt es zu einem extremen Aufruhr. Steine fliegen durch die Scheiben in die Pinte, Flaschen hinterher, Molotowcocktails runden das Szenario ab. Die Gäste des Gigs begeben sich zum Schutz nach draußen. Unzählige Nationen kämpfen gegen weiße Skinheads und die Polizei kann nicht viel ausrichten…
Die Gruppe um Sean löst sich im Gemenge auf und dieser trifft auf den Kindsvater der Tochter des Wekrstattchefs. Unser Hauptakteur landet komatös im Krankenhaus.
Parallel dazu erfahren Joyce’s Eltern von der Beziehung zwischen ihr und der weißen Glatze. Sie wird dazu gedrängt, ihn zu verlassen. Nach der Entlassung aus dem Hospital trennt sich das Paar nach ca. 12 Monaten heimlicher Liebe.
Sean ist nun auch mit London durch und geht zurück in seine Heimat, an der schottischen Küste. Aber auch hier ist er nicht im Reinen mit sich… Eines Abends klingelt das Telefon und Sean wird dazu aufgefordert, nach London zurückzukehren.
Und wie es im Epilog weitergeht, erfahrt ihr, wenn ihr euch bei Thomas von Steeltown Records das Buch bestellt.
Gefühle, Emotionen und Geschmäcker sind bei jedem Menschen anders. Ich empfinde dieses Buch als “Nicht-Leseratte” sehr gelungen. Thorsten Dietze hat einen angenehmen Schreibstil und weiß, die Leserschaft zu fesseln. Des Weiteren spielt Thorsten Dietze hier auch klar mit den Emotionen. Für mich war es ein Wechsel aus Empathie, Freude, Trauer, usw. Ganz großes Tennis!
Ich werde die beiden vorherigen Bücher definitiv noch verschlingen müssen.
Oi!