Frage 1: “Wer hat 2022 das Garagenalbum “Backyard Thunder” veröffentlicht? A: Dead Moon? Oder B: … A! Die Antwort ist… ha! Falsch! Auch wenn die musikalische Beweislast geradezu erdrückend zu sein scheint, tatsächlich waren es Top Down, ansässig in Berlin, zuhause auf der Welt. Auf ihrem eigenen Label No Chance Berlin erschienen, kommt man beim Hören von “Backyard Thunder” von Sekunde 1 an gar nicht dran vorbei, an die in Sachen schrubbeligem Garagenpunk geradezu götzenhaft verehrten Dead Moon zu denken. Zu frappierend sind die Ähnlichkeiten.
Da ist einerseits der markante, weil hölzerne und ursprüngliche Sound von Bass und Gitarre. Genial hier auch das Klackern des Plektrums zum Beispiel im Solo von “Restless”. Kann so nur entstehen, wenn man die Instrumente in ihrer urwüchsigen, trockenen Form einsetzt, ohne sie mit großem Studio-tamtam zu entfremden. Da ist auch noch der Gesang, der sowohl in Klang, als auch in Machart verdächtig nahe ans Original heran kommt. Und letztlich dann die Songs an sich. Simpel, schrammelig und doch das feine Gespür für eingängige Melodien. Gerade diese Kombination aus an sich banalem Songwriting und für immer in der Hirnrinde haften bleibende Melodien hat Dead Moon einst geholfen, die Garagen dieser Welt zu erobern.
Die Ähnlichkeit von Top Down hierzu, wie gesagt: frappierend. Dem Trio jedoch kommentarlos den Stempel der skrupellosen Copycats aufzudrücken wäre auch unfair und so zudem nicht ganz richtig. Der größte Unterschied zu den Ziehvätern und -müttern liegt darin, dass Top Down punktgenauer spielen. Dieses gefühlt immer ein wenig aneinander vorbei spielen mag bei Dead Moon einst für deren Charme gesorgt haben. Top Down dagegen schaffen es, sich ihren Charme durch das Gegenteil zu erarbeiten. Zwar im oben beschriebenen, hölzernen Soundgewand präsentiert, rocken sie durch tighteres Zusammenspiel eindeutig mehr. Top Down = Dead Moon im Takt gespielt. Ha, das klänge doch toll für eine Werbereklame.
Dass der Coverbeitrag auf “Backyard Thunder” dann auch nicht von Dead Moon – das wäre dann doch etwas zu viel des Guten gewesen – stammt, sondern von einem anderen Großmeister der Schnodderrock – Szene, macht in diesem Zusammenhang absolut Sinn. Mit “Starry Eyes” wird keinem Geringeren als dem genialen Roky Erickson die Ehre erwiesen. Und dieser war aus rein, das Spielvermögen beurteilender Sicht dann doch schon immer eine Nasenspitze weiter vorne. Der im Original fast schon ein wenig mit Countryanleihen vorgetragene Song, hier im garagigen Soundgewand. Und so führen Top Down gekonnt zusammen, was zusammen gehört.
Bleibt abermals die Erkenntnis, hier mal so richtig explizit, dass Bands nicht auf Biegen und Brechen auf möglichst viel Eigenständigkeit angewiesen sind, um möglichst gut zu sein. Vielmehr ist es geradezu herzerwärmend, dass Top Down sich angeschickt haben, das Erbe von Toody und Fred Cole sowie Andrew Loomis in Ehren zu halten und deren musikalische Hinterlassenschaft auf ihre eigene gekonnte Weise fortzuführen. Und weil das bisher Geschriebene in puncto musikalischer Referenz doch recht einseitig war: Freunde und Freundinnen von M.O.T.O., (Impatient) Youth oder auch No Bunny kommen sicherlich ebenfalls auf ihre Kosten.
In schwarz/weiß gehaltenes Artwork muss ja geradezu sein. Zu sehen ist ein Unfallwagen, der aber keinesfalls als Synonym für den musikalischen Inhalt zu werten ist. Dieser ist nämlich in astreinem Zustand. Besonders erwähnenswert ist der Linoldruck der Bandmembers auf dem Inlay. Hat man so nicht alle Tage und kommt richtig schnieke daher. Auf der anderen Seite dann sämtliche Texte und ein paar Linernotes. Platte ist schwarz. Passt. Wie aus einer anderen Welt mag der beiliegende Download-Code wirken. Richtig eingesetzt, macht aber auch dieser Sinn. Zu haben ist “Backyard Thunder” am besten direkt bei Top Down.