Hach, diese moderne Welt. Alle, die sich mit viel Blut, Schweiß und Tränen – und meistens auch viel Geld – ein Tonstudio aufgebaut haben, werden so manche neue Errungenschaft wie z.B. GarageBand verfluchen. Schließlich sind sie dadurch für einen großen Teil der ohnehin zahlungsunkräftigen Musikantenzunft überflüssig geworden. Keine Bands mehr, die sich ein Wochenende lang einen abwürgen, um unter Zeit-, weil Geldnot in zwei Tagen 20 Songs für ein Album einzuprügeln. Nein, Alben werden heutzutage in Ruhe und zuhause am Rechner eingespielt. Und das dann auch mitunter noch über Landesgrenzen hinweg. Fluch und Segen zugleich also. Im Falle der zunächst als Projekt ins Leben gerufenen Trenchkoat aus Freiburg und London definitiv eher Segen.
Hinter den Aufnahmen zum Debütalbum „Pulling The Plug On Humanity“ stecken der badische Oli (Peng Peng, Enraged Minority), der die Musik komponiert und aufgenommen hat sowie der britische Marco (The Gaggers, Miscalculations, La Rabbia, No Front Teeth Records), der sich für den Gesang und das Artwork verantwortlich zeichnet. Herausgekommen ist ein wütender Hardcore Punk-Kracher, frei nach frühen Poison Idea, mit einer Prise Rock’n’Roll à la P.R.O.B.L.E.M.S. angereichert und dank der Gitarreneffekte so ein klitzekleines bisschen wavig wie die Wipers angehaucht. Jede Menge Portland-Sound also. Damit wird sich im Hause Trenchkoat aber auch definitiv an den richtigen Vorbildern orientiert.
Klar, den Drums hätte ein bisschen mehr Realität nicht geschadet, auch wenn ich nicht mit Bestimmtheit behaupten möchte, dass diese nicht in echt eingezimmert wurden. Egal wie, artgerechter wäre ein etwas druckvollerer und dynamischerer Sound gewesen. Andererseits fühle ich mich durch den klinischen Drumsound in Kombination mit den derbe verzerrten und mitunter an moderne Black Metal-Produktionen erinnernden Vocals schmunzelnd an die irren Elektropunker von S.G.A.T.V. (definitv eine meiner derzeitigen Lieblingsbands!) erinnert. Die Grundausrichtung von Trenchkoat ist dennoch eine ganz andere. Wut, Verzweiflung… und jede Menge Zweifel an Gesellschaft und Menschheit. Das waren schon immer brauchbare Motivationshilfen für Hardcore Punk. Und den gibt’s hier denn auch in 13 geilen Tracks verpackt.
Nun wollen Trenchkoat aber noch mehr. Sie wollen eine richtige Band sein. Die Musik will raus auf die Bühnen dieser Welt. Und wie das nun, da Marco den englischen Regen vermutlich nicht gegen die Sonne des Breisgaus tauschen wollte? Ganz einfach: Oli sammelte sich seine Mannschaft vor der Haustüre zusammen und somit sind Trenchkoat mit Marc von den Maladroits und den Between Owls, Niklas von Enraged Minority und Daniel ebenfalls von den Between Owls nun so eine Art Freiburger Allstar-Band. Gut so und ich freu mich drauf, die Musik hoffentlich auch bald in meiner Nähe live erleben zu können.
Und sagte ich es schon? Jawohl, Trenchkoat wollen es nun wirklich wissen. Album Nummer 2 sei laut Insidern auch schon aufgenommen und werde noch in diesem Jahr erscheinen. Heyeyey, die legen ein Tempo vor. Genau wie ihre Musik. Vorerst aber mal „Pulling The Plug On Humanity“ reinziehen, gell. Dabei auch noch was zu glotzen haben, denn der Platte liegt ein feines Heft mit vielen tollen Graphiken (Hauptdarsteller ist stets das wohl bandeigene Maskottchen, gemäß dem Bandnamen eine Mischung aus Inspector Gadget und dem Knochenmann von Social Distortion) sowie Songtexten und Linernotes bei. Veröffentlicht hat das Album wohl irgendwie logischerweise No Front Teeth Records, zusammen mit dem Schweizer Label Hieb & Stich Records. Die Labels, oder aber Trenchkoat selbst sind eure Ansprechpartner für die Bestellung. Lohnt sich!