Fridays for Future, die Klimaerwärmung bzw.-katastrophe – ein Themenkomplex, über den man schon längst mehr Taten hätte folgen lassen müssen. Ich persönlich habe von der Klimakatastrophe schon in den Achtziger Jahren des letzten Jahrtausends gehört und ich bin schon erstaunt, dass es die Welt so schnell vereint, im Kampf gegen Corona, eine Krankheit, die ohne Gegenmittel, unbestritten Millionen von Menschen das Leben kosten wird aber angesichts der Schäden, Folgeschäden und den zu erwarteten gesellschaftlichen Veränderungen einer Klimakatastrophe vergleichbar ist. Nur… warum passiert nicht Ähnliches? Globales Bündnis auf gesellschaftlicher und politischer Ebene im Kampf um das Überleben der Heimat, des Planeten, auf dem wir leben. Das übersteigt wirklich meine Synapsenleistung. Gerade bei der Bundestagswahl die Menschen gesehen, die sich um klare Aussagen und Bekenntnisse drücken. Schickt den Bundestag mal zwei Wochen zum Helfen ins Ahrtal! Sorry, ich steigere mich da gerade wieder in etwas hinein. Aber warum dieser Einstieg?
Ganz einfach – ein paar Kinder aus Bullerbü haben sich zusammengetan und spielen unter dem Namen Wormwood ein fantastisches Album “Arkivet” ein, in dem es um diese Themen geht: vergangene, gegenwärtige und zukünftige Fehler der Menschheit. Die “Bayern München des melodischen schwedischen Black Metal” hauen hier ein Album raus, in dem es um “die zerstörerische Kraft der Menschheit, die Unfähigkeit, sich an unsere Natur anzupassen und unseren unvermeidlichen und wohlverdienten Tod” geht. Das ganze kommt musikalisch mit dem Genre üblichen Groll-Gesang daher. Begleitet von sauberer Gitarrenarbeit – harte Riffs und wunderschöne Melodien – und einem hellwachen Drummer, der mit allen nordischen Wassern gewaschen ist und genau weiß, wann er Gas geben muss.
Das gerade in Skandinavien die Naturromantik bei den Black-Metal-Bands Einzug hält, ist ein zu beobachtender Trend. Allerdings finden Wormwood als erstes klare Worte der Kritik. Statt die mystische Flora und Fauna zu besingen, ist es Wormwood wichtig hier Kante zu zeigen. So ist das Album mit etwa 45 Minuten Spielzeit über die meiste Zeit eher pessimistisch mit einem vorwurfsvollen Unterton. Ich erinnere da an das “How dare you” der Greta Thunberg, die es 2019 dem UN-Klima-Gipfel entgegen schleuderte.
Die Jungens kommen nicht wirklich aus Bullerbü, sondern sind seit 2014 als Band unterwegs. Ihr Headquarter ist Stockholm. Musikalisch startete man al Black’n’Roll-Band und hat sich jetzt zu einer von Folk und Rock beeinflussten Melodic-Black-Metal-Kapelle entwickelt. Musikalische Vergleiche gibt es zu Thyrfing, Windir, Falkenbach oder Naglfar!
“Arkivet” ist das dritte Album der Band, die hier nur den Schlagzeuger gewechselt haben, aber ansonsten als Quintett in konstanter Besetzung spielen. Für das Album hat man sich drei Gäste eingeladen, welche geholfen haben, diese Mischung aus “Swedish Harshness” und diesem opulenten Melodien-Wagnerism zu einer absolut hörbaren Melange von Anklage und Weltschmerz zu kreieren. In “Arkivet” möchte man sich fallen lassen und nie wieder auftauchen. Man ist hin und her gerissen zwischen der Härte, Wut, Rage und zum Weinen schönen melodischen Arrangement-Details die häufig mit extrem sphärischen Synthieteppichen eingespielt werden. Da meint man die Nordlichter zu sehen. Ganz grosses Tennis, Wormwood.
Mein Lieblingssong “My Northern Heart” hat fast folkloristische Elemente, die mir zeigen, wie musikalisch vielseitig diese Band ist. Der mehrstimmige Gesang erzeugt bei mir echte Gänsehaut und auch der Text ist es wert verstanden zu werden. Dank dem aufwendigen Innensleeve ist das kein Problem.
“MY SOUL IS FORMED BY THE HANDS OF GOD
MY HEART IS FORGED IN THE HEART OF STARS
MY SOUL WILL SHINE THROUGH EVERY NIGHT
MY BELOVED SCAR MY NORTHERN HEART”
“My Northern Heart” beginnt sehr ruhig und eindrucksvoll, entwickelt sich aber zu einer echten Hymne, die durchaus Endlosschleife-Qualitäten hat.
Der letzte Song glänzt durch eingespielte Phrasen und Samples zum Thema – eine Nachrichten-Collage mit Piano-Begleitung, die erst später durch den eigentlich Song unterbrochen wird und endet mit den bedeutungsvollen, schönen Textzeilen:
“AND FROM SOIL I CAME, IN IRON RAISED
IN RESISTANCE, IN REDEMPTION, NON SERVIAM
A PURE SUPERNOVA, OF LIFE IN CONSTANT TOIL
AND NOW I AM COMPLETE, LEAVING THIS MORTAL COIL.”
Das Video zum Titelsong “The Archive” beschreibt die Verzweiflung der Überlebenden nach einer Katastrophe im Jahr 2023 (Daher auch die handgeschriebenen Zeilen im Innenteil, die mit einem Datum aus 2023 enden) zeigt. Es geht darum , das die Menschheit versäumt hat zu tun, um den Planeten zu retten, das zu bewahren, was wir vormals hatten – also ein hochaktuelles Thema. Die Storyline des Video basiert auf dem Buch “The Archive” des schwedischen Autors Mikael Strömberg.
Der Albumtitel “Arkivet” ist der Name einer Dokumentensammlung, in der man für seine Hinterbliebenen die Bestattungsarrangements beschreibt, worin sich zudem wichtige Unterlagen befinden, letzte Wünsche usw. Wormwood verwenden diesen Begriff als Metapher für die ganze Welt. Die letzten Worte an einen bereits toten Planeten.
Das Album liegt mir mit Gatefold, Texten, Etched D-Side und dem bereits erwähnten Roman (englisch/schwedisch) vor. Das Album enthält sieben, teilweise lange, ausladende Songs und ist sehr aufwendig gestaltet und macht optisch richtig was her.
Das Album “Arkivet” müsste auf jeder Tagung der Grünen/ Bündnis 90 laufen. Statt unsere Kinder mit Benjamin Blümchen oder anderen halbgaren Helden zu beschallen, die eine heile Welt vorgaukeln, sollten Wormwood mit “Arkivet” laufen. Wer sich also diesem wichtigen Thema mal von einer anderen Seite nähern möchte – unbedingte Kaufempfehlung. Ich bin mir sicher, dass das Album in Skandinavien durch die Decke gehen wird -Skol!
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Titel | Keine Daten vorhanden |
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Label: | Keine Daten vorhanden |