Neulich hatte ich die Marrauders auf dem Teller. Das war gut, denn die Marrauders sind gut, doch leider habe ich bei dieser Gelegenheit bereits das Kalauer-Pulver verschossen, welches ich nun für das Review von “Summer Days” der ebenfalls aus St. Petersburg stammenden 1,5kg Of The Excellent Mashed Potatoes (später nur noch 1,5kg, noch später dann BLCLVA) so gut gebrauchen könnte. Aufmerksame Leser*innen erinnern sich vielleicht, das war das Ding mit dem Kyrillisch, das ich nicht so versteh’ und so. Nun, da muss also ein neuer Aufhänger her und keine Sorge, ich habe auch die passende Plattitüde. Doch dazu gleich mehr. Zunächst einmal gilt es zu betonen, dass es eine gar ausgezeichnete Sache des Labels 1000 Travels To Noise ist, uns hierzulande mit gar feiner Punkmusik aus dem fernen Russland zu versorgen. Fern meine ich jetzt gar nicht so sehr im geographischen Sinne, sondern vielmehr so, dass zumindest meine Kenntnis sich in Sachen Punkbands aus Russland doch recht arg in Grenzen hält. Man/ich hat/habe das größte Land der Welt dann doch nicht so auf dem Musikradar, was es letztlich dann doch zu einem recht kleinen Land werden lässt. So, wer denkt, das war jetzt schon die Plattitüde: nein! Die kommt erst jetzt. Aufgepasst! Mit ihrem hochmelodischen und harmonischen Skatepunk müssen sich 1,5kg Of The Excellent Mashed Potatoes auf gar keinen Fall und never ever hinter den großen Vorbildern, vorzugsweise von der US-amerikanischen Westküste kommend, verstecken. Oft benutzt und auch deshalb platt, diese Phrase, aber selten kommt man als Schreiberling so wenig drum herum wie im Falle von 1,5kg Of The Excellent Mashed Potatoes.
Einzig die Lyrics, gesungen in der Landessprache der Band, wirken zunächst etwas befremdlich, da man/ich bei dieser Art von Musik einfach was in Englisch Vorgetragenes erwarte(t). Und andererseits sorgt die Sprache für die notwendige Eigenständigkeit und Authentizität der Band – Attribute, die der ein oder anderen artverwandten Combo mitunter auch fehlen, oder zumindest abhanden gekommen sind. Tja, und nun könnte ich ihn doch wieder ganz gut gebrauchen, den Kalauer, denn tatsächlich sind sämtliche Texte der elf Songs zwar auf dem Beiblatt abgedruckt, aber eben nur auf Kyrillisch. Einerseits schade, denn zum lyrischen Inhalt lässt sich an dieser Stelle somit nichts berichten und andererseits… das mit der Authentizität hatten wir schon. Auf dem Promo-Beiblatt dankenswerterweise übersetzte Songtitel wie “Heart”, “Summer Days” und “Passion & Rage” lassen jedoch erahnen, dass es 1,5kg Of The Excellent Mashed Potatoes textlich in etwa um die genretypischen Themen zwischen Party und Politik geht. Nun gut, reine Spekulation. Keine Spekulation lässt dagegen die Beurteilung der Musik zu. Das ist astrein vorgetragener und richtig gut produzierter Melodycore mit einem leichten Hang zur Melancholie. Dass 1,5kg Of The Excellent Mashed Potatoes in Russland bereits für Genregiganten wie The Offspring und Sum 41 eröffnet haben, passt hervorragend. Sollten Samiam, Millencolin, Lagwagon oder quasi sonst jede Punkband zwischen Burning Heart und Epitaph irgendwann mal zufällig in der Gegend sein, so würden sich 1,5kg Of The Excellent Mashed Potatoes auch hier bestens als Support eignen. Sofern es sie denn noch gibt, denn das lässt sich – Stand heute – nicht eindeutig feststellen. Wie oben bereits in Klammern verkündet, jedenfalls nicht mehr unter dem doch etwas sperrig wirkenden Namen, unter dem die hier rezensierte feine Scheibe von 2006 noch veröffentlicht wurde, sondern wenn dann als BLCLVA.
Sollte die Band tatsächlich nicht mehr unter uns weilen, so kann ich nur nochmal betonen, dass es um so schöner ist, dass 1000 Travels To Noise uns ihr wohl größtes Werk “Summer Days” per Rerelease zugänglich machen. Dieser kommt auf 180g-Vinyl in schwarzer Innenhülle, mit schniekem Beiblatt und fließendem Wasser auf dem Cover, das so erfrischend wirkt wie der musikalische Inhalt. Einziges Manko: tatsächlich hätte die Platte noch zwei bis drei Songs mehr vertragen können, denn gerade als ich so schön vor mich hinträllernd drin bin, ist’s auch schon wieder vorbei. Dann eben nochmal von vorne. Wer mitträllern will, kann z.B. hier nach seinem Exemplar schauen, auch in bunt.