Tin Can Army “1982 bis 87”
Ich habe sofort “hier” geschrien, als die Frage in der Runde kam, wer denn mal wieder Bock auf den guten, alten “alles oder nichts” Deutschpunk hat.
Also bekam ich die LP, eine Compilation, die bei Mad Butcher Records neu aufgelegt wurde und die echt hübsch aufgemacht ist. Ein schönes zwölfseitiges Booklet mit allen Texten, der insgesamt 21 Songs. Und beim ersten Lied merke ich gleich, dass die Musik, surprise!, nicht aus der Zeit gefallen ist. Solche Bands höre ich immer wieder, auch in meiner kleinen verwaisten Provinz wie z.B. Oh Jesses oder (you don’t know the) Hausverwaltung.
Obwohl der erste Song der Platte der “Blechbüchsenarmee” gleich ein Fragezeichen in mein Gesicht zaubern kann. “TCA (tin can army)” handelt wohl davon, dass man sich selbst nicht allzu ernst nimmt und zeigt auch die Richtung dessen, was Punk in den Achtzigern auch war: man hat diese ganze Nazischeisse auf eine seltsame Art und Weise aufs Korn genommen. In dem Text heißt es:
2, 3, 4 marschieren wir bis nach Auschwitz doch wir lachen wir sind Punks aus Blech und Scheiße, die auch im KZ noch Pogo machen / 2, 3, 4 keiner fickt mit mir, dabei ist mein Schwanz doch das Beste an mir
Das hat mit Selbstreduzierung zu tun und mit dem geringen Selbstwert, dem man sich zugeschrieben hat, doch so würde heute keiner mehr diesen Text schreiben.
Das Booklet ist ziemlich cool, weil es zu jedem Song etwas zu erzählen gibt. Und das ist das tatsächlich Spannende für mich: die Lektüre! Musikalisch ist für jeden Soundmäßig was dabei, vom Demo 1983, eine Live-Aufnahme von 1985, von der Split LP mit dem Maniacs auf Mülleimer Records, von einer EP 1986 und so weiter und sofort! Es gibt wirklich viel zu hören. Zu lesen gibt es viel über die Menschen rund um die Tin Can Army, wie sie sich damals kennen gelernt, auf welchen Samplern sie unterwegs waren, wo sie aufgenommen haben. Beispielsweise wurde das erste Demo im Hansa-Plast-Studio in Hannover eingespielt! Ich finde das ne richtig feine Zeitreise, vor allem da es in den 80er nicht annähernd so einfach war sich zu verbinden. So alt bin ich nun nicht, doch ich erinnere mich noch genau, als ich den ersten Anruf auf meinem Anrufbeantworter hatte mit ner Anfrage für einen Gig meiner Band und dann die Nummer nicht wirklich verstanden habe, weil im Hintergrund irgendeine Deutschpunkband rumkrakeelte, haha. Das Ende der Vernetzungskette…. da hieß es dann: warten!
Wenn ich das richtig gesehen habe, ist diese Scheibe bei Mad Butcher Records ein Re-Release von 2003. Die Songreihenfolge ist die selbe, nur ebend etwas anders aufgemacht. Zieht euch das rein!
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