Das feine Label All my Ghosts hat mir ein zusätzlich zum eigentlichen Review-Tape, ein Tape von ELEPHANTS ON TAPE mit “Every Structure Dislocated” mitgesendet.
Ein echter Glücksgriff, wie ich feststellen muss. Das Album “Every Structure Dislocated” ist das zweite Album nach dem Debüt “Lightweights”. Es ist sowohl als Vinyl, als auch in einer limitierten Edition auf Tape erschienen. Insgesamt kann man schon auf neun Jahre Bandgeschichte zurückblicken. Das Quintett besteht aus Lisa Zwinzscher (von, git), Markus Rom (git., voc, synths), Robert Semmel (synth, sampler, von), Lukas Stodolik (bass) und Hans Arnold (Drums). Da fällt mir natürlich sofort Markus Rom auf, die eine Hälfte des Duos ELME, deren Album man mir zum Rezensieren gesendet hatte. Statt Ambient, wie bei ELME, läuft bei den Elefanten wunderschöner Dreampop, der so herrlich aus der Zeit gefallen ist, dass man diesen nur lieben kann.
Die Band hat ein filigranes Album mit vier Instrumentals gewoben, die somit den Rahmen oder das Spielfeld vorgeben. Gerade diese vier Interfluges sind mehr als Lückenfüller – im Gegenteil! Hier finden sich schöne Soundscapes, die mit gefälligen Overdubs für gefällige Zwischentracks sorgen, die schon fast wieder an Ambient erinnern. In jedem Fall ist das Album um diese vier Fixsterne entworfen worden.
Die beiden folgenden Videos zeigen schön die Breite der Songs von ELEPHANTS ON TAPE.
Die schwergewichtigen Dickhäuter bewegen sich fast tänzerisch durch ihre Kompositionen. Dabei schwingt das Pendel zwischen “digitaler Melancholie” und “dem Brechen algorithmischer Vorhersehbarkeit”, nach eigener Aussage der Band. Das Rezept kann man leicht überprüfen. So wird die digitale Melancholie durch die Synthis erzeugt, welche dunkle Klangteppiche erzeugen. Das Brechen der berechenbaren Fortsetzung der Song, ist genau der Gegenpol zur Melancholie, den hier wird ehr im positiven Modus gebrochen. In jedem Fall machen beiden Pole das Spannungsfeld, aus dem sich die Energie der Songs ergibt. Das wiederum macht für mich den Vorsprung der Band zu anderen musikalischen Kollegen aus, die einfach nur ihre Melancholie freien, eindimensionalen Freilauf lassen.
Ein gutes Beispiel ist der Song “0110 0010”, der sehr relaxt und gechillt daherkommt. Die Stimme von Lisa ist hier wunderschön filigran im Vordergrund. Die melancholische Stimmung ist hier fast zum Greifen nah. Trotzdem merkt man dem Song an, wie groß hier Detailverliebtheit der Band, gepaart mit ausufernden Passagen, ist. Das ist genau der Blueprint der Band, um diese tiefe Ausdrucksweise zu erreichen.
Unterm Strich stelle ich fest, das ELEPHANTS ON TAPE nicht eine der handelsüblichen Dreampop-Bands ist, sondern ein sehr spezielles Wiedererkennungsmerkmal entwickelt haben – filigrane Stimme, Pathos und teilweise sehr komplexe Klangmuster und Texturen aus den Synthies. Der Albumtitel “Every Structure’s Dislocated” wird hier zum Credo des gesamten Tonträgers. Das beeindruckt mich tief, so dass ich das Album gerne weiterempfehle. Es wird auch bei mehrfachem Hören nicht langweilig.
Hier auf der Bandcamp-Seite kann man das Tape erwerben.