Heute liegt also “Kingmaker”, das fünfte Album der Kanadierin bzw. Wahl-Neuseeländerin Tami Neilson bei mir auf dem Plattenteller. Und ich muss gestehen, vor der Anfrage hatte ich noch nie auch nur irgendwas von der Dame gehört. Nach kurzer Recherche ist dann aber klar: Die Frau, die sich anfangs als Straßenmusikerin in Auckland durchschlagen musste, hat inzwischen so ziemlich jeden Musikpreis abgeräumt, den Neuseeland zu vergeben hat und das nicht ohne Grund.
Das Album wurde während der Pandemie in Neil Finns Roundhead Studios aufgenommen und entstand auch während der Pandemie. Eröffnet wird das 10 Song und knapp über 30min lange Album direkt mit dem titelgebenden Track “Kingmaker”. Einem Song der als Titelsong für einen älteren Bondstreifen wie gemacht wäre. Tami Neilson verbindet Country, ihre Rockabilly-Wurzeln und jede Menge Root Music und füllt damit auch die größten Cowboystiefel bis zum Rand.
Wenn man sich das Album anhört, also wirklich anhört und sich Textzeilen wie:
“Kingmaker, life taker
It’s my blazing light that made your shadow tall
Now I see, you’re empty
And I’ve always been a King, after all”
oder andere mal etwas genauer anschaut, merkt man recht schnell, worum es Tami Neilson geht. Das Album hat einen nicht unbedeutenden Anteil an biographischer Aufarbeitung und Auflehnung gegen das Patriarchat, sowohl zuhause als auch im Musik-Business. Geschlechterrollen werden hinterfragt und klargestellt, dass Frauen egal ob in der Musikbranche oder allgemein, zu Unrecht unterschätzt werden. Das Ganze verpackt Tami Neilson in einen Sound, aus einer Zeit in der Rollenbilder noch deutlich festgefahrener waren als es heute (zum Teil leider immer noch) der Fall ist.
Country, Roots und jede Menge Streicher die aus einer Sängerin eine Erscheinung machen – im musikalischen Sinne. Im persönlichen macht Tami Neilson das schön selbst. Der für mich klassischste Country-Track ist “Beyond The Stars” für den sie sich direkt das Musik-Urgestein Willie Nelson an Bord geholt hat. Ein Album, dass einiges zu sagen hat wenn man(n) gewillt ist hinzuhören. Tami Neilson erzählt mit ihrer Geschichte, die Geschichte vieler Frauen und sie rüttelt dabei ordentlich am Gerüst des Patriarchats.
Und nicht nur musikalisch hat die Platte einiges zu bieten, auch die Optik bzw. Aufmache der hier vor mir liegenden limited Edition (in gelb) ist sehr ansprechend gestaltet. Sieht man das Cover zum ersten Mal und etwas flüchtig, könnte man meinen es handelt sich um einen japanischen Holzschnitt. Erst beim genaueren Hinsehen fallen mir die “Western”-Anleihen auf. Auch das Inlay ist sehr schön und wertig, mit Bild der Künstlerin selbst (hier, Erscheinung.) auf der einen und Songtexten auf der anderen Seite.
Sehr schönes Album. Anhören. Oder HIER kaufen.