Nein, ich habe mich nicht verschrieben. Es geht hier nicht um die Hardcore-Band Turnstile aus Baltimore, Maryland. Graham Winchester an den Drums und Seth Moody an der Gitarre aus Memphis, Tennessee haben ihr Duo tatsächlich „Turnstyles“ genannt – und was soll ich sagen? Der Name ist Programm! Das wird schon daran ersichtlich, dass sie irgendwie in viele Schubladen zu passen scheinen. Aber immer, wenn man zuschieben will, merkt man, das geht nicht – Kehrtwende im Stil und wo man sich eben noch musikalisch in der Garage wähnte, ist man schwuppdiwupp am Strand beim Surfen. Das lässt keine Langeweile aufkommen beim Hören. Es ist bereits die zweite Veröffentlichung der Turnstyles, das erste Album “Cut you Off” erschien im April 2020.
Doch fangen wir mal außen an: Serviert wird eine Doppel-LP im Gatefoldcover. Mich strahlt eine leckere bunte Torte mit dem Bandnamen und dem Albumtitel „2“ in Form einer Geburtstagskerze an. Das Klappmesser in der Hand hielt ich im ersten Moment für ein Feuerzeug, doch anscheinend war wohl kein Tortenmesser zur Hand und bevor es keinen Kuchen gibt… Die Torte ist so, wie meine Kinder sie von mir zum Geburtstag bekommen: mit Liebe gebacken, aber eben nicht wie vom Konditor. Und das macht die Torte so einzigartig. Den Entstehungsprozess liefert das Innencover: Eine Küche, in der die Zutaten noch rumstehen, weil keiner mehr Lust hatte aufzuräumen.
Und was braucht es für diesen Kuchen? „Vampire“-Vanille, „Show it“-Zucker oder „Over You“-Soda und vieles mehr. Keine Angst! Dies ist keine Schleichwerbung für besonders hippe Backzutaten, sondern es handelt sich um Songtitel. Mit Witz, Herz und Idee ist das Cover von Coco Moody gestaltet.
Übrigens: Wer das Video guckt und vorher aufmerksam die Fotos angeschaut hat, wird die Küche und auch den Garten irgendwie wiedererkennen.
Das macht Lust auf den Geschmackstest: Schlichter 60s-Sound mit einer Stimme, die manchmal melodisch singt, dann wieder fast schreit. Mal nickt mein Kopf rhythmisch (wie bei „Rearrange“), mal gucke ich versonnen aus dem Fenster (wie bei „Somebody Else“). Dann glaube ich, Anklänge an die Beatles zu hören bei “About Her” oder ich wähne mich bei ersten Meteors-Gehversuchen (wie bei “Suicide Surf Break”). Punkanleihen reihen sich bei “Lonely Road” nahtlos ein. Dann tatsächlich, zwei Cover haben sich untergemischt („So sad“ der Everly Brothers und „Seven little numbers“ von The Rapid). Am Ende sind viele unterschiedliche Geschmacksknospen bedient, aber die einzelnen Stücke stets fein kombiniert und in sich stimmig.
Zwei Vollblutmusiker, die sonst zusammen mit anderen Musikern z.B. bei Jack Oblivian & The Sheiks spielen, haben sich hier ausgetobt. Ich glaube rauszuhören, wie die beiden in der Garage sitzen und ein wenig vor sich hin klimpern, Wodka Moule steht bereit und schließlich ist am Ende eine Idee geboren, nein, DIE Idee Turnstyles hat das Licht der Welt erblickt. Weil eben kein Bass da ist, ist die Musik schlicht, aber das tut der Sache keinen Abbruch, im Gegenteil. Ich finde das geradezu eine Stärke der Turnstyles, dass sie mit einfachen Zutaten kreativ geworden sind. In Summe erwarten euch abwechslungsreiche 30 Songs, kaum einer länger als drei Minuten, was meiner dem Punkrock gechuldeten kurzen Aufmerksamkeitsspanne sehr entgegen kommt.
Kurz zusammengefasst: 2 Mann haben als Turnstyles ihr 2. Album auf 2LPs veröffentlicht. Erschienen ist das Ganze auf Head Perfume Records (wo man die Scheibe käuflich erwerben kann oder über JPC) als 2. Co-Veröffentlichung mit Black & Wyatt Records. Damit endet mein 2. Beitrag (der erste war das AboutMe).