Manchmal schreibe ich mit Max. Einfach so und weil es Spaß macht. Auch, weil er und ich die gleichen Interessen teilen. Musik zum Beispiel. Max ist nett, hat sich aber ein seeehr böses und nicht jugendfreies Nachnamen-Pseudonym zugelegt. Dieses ist insofern wichtig, weil es ihn eindeutig als Frontmann der aus St. Wendel (PLZ 66606, zwinker) im Saarland stammenden und mittlerweile seit 14 Jahren ihr Unwesen treibenden Punk Rock-Band Christmas identifiziert. Pünktlich zum/am Nikolaustag kommt dann auch deren bereits 20ster (!!) Release via Kidnap Music raus, um das vorweihnachtliche Geschäft nochmal so richtig aufzumischen. Ein Schelm, wer böses dabei denkt.
Gestern habe ich wieder mit Max geschrieben. Anlass: ich bin der glückliche Auserwählte, der für “Fear Of Romance” auf random coloured Vinyl nichts bezahlen muss, sondern vielmehr die Ehre hat, hier und jetzt etwas darüber zu schreiben. Und Max hat sich digital wie ein kleiner Schülerbub gefreut. So zumindest mein Eindruck. Darf er auch und v.a. KANN er auch. “Fear Of Romance” ist abermals ein Killeralbum aus dem Hause Christmas geworden. Und nein, das hier ist kein Gefälligkeitsreview, sondern meine unabhängige und sachliche, so ein klitzekleines bisschen aber auch fanbasierte Berichterstattung dazu.
So. Genug des lieblichen Vorgeplänkels. Jetzt geht’s knallhart und ohne weitere Vorwarnung in die Plattenbesprechung. Ganz im Sinne von Christmas halt. Denn auch auf “Fear Of Romance”werden, wie gewohnt, keine Gefangenen gemacht. Einzig dem düster-melancholischen “Smart Jokes” könnte man so ein kleines bisschen Versöhnlichkeit nachsagen. Der kommt aber erst auf Seite B. Bis dahin haben euch Christmas schon sechs mal ganz ordentlich das Fressbrett vermöbelt. Wer da noch immer ruhig auf dem Allerwertesten sitzt, hat entweder Nerven aus Stahl, oder einen gehörigen Gehörschaden.
“Maggot” könnte auch so tun, als wäre die Welt in Ordnung, versprüht er mit seinen Septakkorden so ein bisschen “Good-Riddance-die-Sonne-scheint-immer-über-Kalifornien-Feeling” zu deren besten Zeiten und auch wenn die FatWreck-Institution nicht unbdedingt über Friede, Freude, Eierkuchen zu berichten wusste. Der Rest aber macht klar, dass im Saarland – zumindest früher mal – die Schwerindustrie die Sonne vernebelt hat, v.a. dann, wenn auch der Bass mit geprügelten Powerchords, gepaart mit den fetten Ami-Chords und dem Gekeife von Herrn Motherf*****, die Brachialität von Christmas zementiert.
Was ein übriges tut, ist der peitschende und sehr natürlich klingende Snare-Sound. Der sticht ganz besonders ins Ohr, will euch antreiben, vielleicht sogar ein wenig nerven und passt damit ideal zum Charisma von Christmas. Ein produktionstechnisch feiner Schachzug und absoluter Pluspunkt auf “Fear Of Romance”. Da reichen schon die ersten fünf Sekunden des genialen Openers “Always Keep Giving Up”, um das zu kapieren. Wie schon angedeutet, Christmas sind nicht unbedingt da, um allen Honig ums Maul zu schmieren. “Hey, Hardcore Kid. Straight Talking Shit. Living On The Edge. Living So Extreme. Vulgar Display Of Power. Never Felt So Mean.” Passt so vielleicht nicht allen, ist aber dennoch ein Statement.
Musikalisch gefallen könnten sie dagegen ausnahmslos allen, die sich bei den gefühlten Erfindern des Nihilismus, Poison Idea, deren skandinavischen Adoptivsöhnen Turbonegro (v.a. wegen deren frühen Alben “Hot Cars And Spent Contraceptives” bis “Ass Cobra”), im Metalpunk (ouh yeah! Was ein geiler Riff im Titeltrack!) und bei metallischen Punkbands wie Strung Out gut aufgehoben fühlen. Massentaugliche Nischenmusik trifft’s da vielleicht am ehesten. Und das ist übrigens absolut positiv gemeint. Geiles Album. Für Christmas, gegen Weihnachten!
Das Artwork bleibt stilistisch dem Vorgänger “Hot Nights In Saint Vandal” treu, auch wenn’s dieses Mal Insekten sind. Gefällt mir gut, ist aber sicherlich Geschmackssache. Cool auch das mehrseitige Booklet mit sämtlichen Lyrics und sonstigem Wissenswerten. Holen, holen und nochmals holen, z.B. direkt bei Kidnap Music.