Abermals stehe ich vor einer großen Herausforderung. Wie soll ich denn bloß unserer Leserschaft in Worten und einigermaßen verständlich darstellen, was meine Ohren da hören? Euer Mehrwert und so. Gute Promotion für Band und Label und so. Der Druck ist immens und dennoch versuche ich es zunächst mal recht unkonventionell, geradezu etwas dümmlich mit der offenen Frage: Eine Band, die sich A Deer A Horse nennt, ist da denn nicht klar, dass die – zumindest aus rein musikalischer Sicht – nicht alle Tassen im Schrank haben?
Und doch ist der Bandname strategisch äußerst günstig gewählt, denn zumindest ich bin überhaupt erst wegen ihm auf das Quartett aus Brooklyn aufmerksam geworden. Das will man dann ja schon wissen, was es mit den Huftieren auf sich hat. Eine Menge Getrampel auf jeden Fall und korrekter wäre es gewesen, die Tiere im Plural im Bandnamen zu führen. Irgendwo zwischen Fantômas (genau so abgedreht, nur nicht ganz so metallisch) und McLusky (ebenfalls so abgedreht und die Waliser müssen bei mir oft als Referenzband herhalten, wenn es um abgedrehtes Zeug geht – dieses Mal auch absolut zurecht!) pendeln sich A Deer A Horse mit ihrem Noisecore ein. At The Drive-In haben sie womöglich auch schon mal gehört, die Clowns finden sie zwar ganz ok, aber womöglich doch etwas zu konventionell und Sonic Youth wohnen eh in der Nachbarschaft.
“Texas Math” heißt der zweite Longplayer und ist hierzulande bereits am 27.09. via Rookie Records erschienen. Sollte der Albumtitel etwa auch ein dezenter Hinweis auf die musikalische Ausrichtung sein und A Deer A Horse sich hier als Mathcore-Band verstehen? Ich weiß nicht so recht, aber Rechnen war auch nie so meine Stärke. Wer sich unter Texas allerdings diesen kaum zu zähmenden, weil immer wilden wie in Wild West-Filmen Bundesstaat vorstellt, der/die kommt der Sache schon ganz schön nahe. Neun Songs zwischen Genie und Wahnsinn. Beides zu gleichen Teilen. Da dürfen natürlich auch die entsprechenden Themen nicht fehlen und so verarbeitet Sängerin Angela Phillips mit zwar wenigen, aber dennoch vielsagenden Worten so seichte Angelegenheiten wie Suizid, Halluzinationen oder auch religiöse Indoktrination. A Deer A Horse sind der Tingeltangel Bob der Rockmusik. Denn auch wenn der unserem Lieblingslausebengel Bart ständig ans Leder will, so haben wir doch gewisse Sympathien für ihn, stimmt’s?!
A Deer A Horse und “Texas Math” lohnt sich auf jeden Fall, zumindest wenn man’s krachig mag. Alles andere müsst ihr jetzt wirklich selbst entscheiden, denn ich hab’ jetzt echt mein Bestes gegeben. In gewohnt hoher Rookie Records-Qualität wird hier ein Produkt vom feinsten angeboten. Inside/Out-Cover, mit hübschen Photos, Danksagungen und sämtlichen Texten bedruckte Innenhülle, Vinyl in solid, in transparent orange oder einfach nur in schwarz: bei Rookie Records fast schon Standard – und dennoch alles andere als selbstverständlich. Zugreifen, bevor es zu spät ist! Am besten bei Rookie Records selbst.