Ein Tape, ein Tape… Doch um die EP „Woman“ von A Mess zu hören muss erst noch ein geeignetes Abspielgerät organisiert werden. Auf die Frage: Hat jemand einen Kassettenrecorder, oder Walkman, oder ein Tapedeck? Könnte man schlicht mit Ja oder Nein antworten, statt dessen hagelt es Fragen à la „Warum brauchst du das denn? Wer hört denn noch Tapes?“. Und es ist ja grundsätzlich gut und wünschenswert, wenn Dinge hinterfragt werden. Achtung, jetzt kommt ein fulminanter Übergangen: Denn Hinterfragen tut auch Dorte Hartmann aka A Mess, vor allem die dominante männliche Sicht auf die Dinge. Das ließ uns ja schon der EP- Titel „Woman“ ahnen.
Also fangen wir doch mal vorne an. Aus dem Abspielgerät dröhnt eine laute, trashige, wunderschönste Mischung aus Indie-Rock und Garage-Rock. Schon mal eine gute Basis zu Abrechnung mit dem Patriarchat. Eine gute Basis um, mit einer Mischung aus Wut und Lebensfreude Feminismus, Gleichberechtigung, sexualisierte Gewallt, sexuelle Übergriffe oder auch eine Bewertung der Fülle an Sexualpartner*innen zu thematisieren. Und das ganze in 5 Songs gepackt.
„Fuck Your Way to the Top“ bringt mit dem Opener schon mal direkt auf den Punkt, was AWM, insbesondere bei erfolgreichen Frauen, ja gerne vermuten. Frau kennt das, vielleicht nicht immer auf diese direkte Art und Weise, häufig auf subtilere Art. Wenn Mann das nicht glauben kann, Fragen sie eine Frau, aber halten sie sich mit Mansplaining zurück, wenn sie sich weiterhin offene und ehrliche Antworten erwünschten.
Noch ein Stück weiter geht „Blame Is a Dye“. Hier beschreibt A Mess wie viel ein NEIN wert ist. Nämlich Nichts, häufig zumindest. Und das dieser besungenen Übergriff laut Presseinfo auf einem Musikfestival stattfand ist leider nicht verwunderlich. Aber es sind Zeilen wie „You won`t blame you that’s for sure // I’ll blame myselfe even more“ die packen und darlegen, was viele Männer nicht wissen, nicht wissen wollen und viele weiblich gelesene Menschen nicht aussprechen wollen. Mit dem destruktiven Gitarrensound, der ordentlich durch nen Verzerrter gejagt wurde, werden genau diese widersprüchlichen Schuldgefühle aufgegriffen und akustisch verstärkt.
Aber A Mess kann auch leiser, wie in „Champagne“. Na gut, zumindest der Beginn ist leiser. Instrumente verschwinden im Hintergrund, nur Hartmanns Stimme hämmert zärtlich ins Hirn. Dann nimmt der Song mit einer verzerren Gitarre an Fahrt auf und sie sind wieder vereint, Gesang und Instrumente.
Diese Mischung aus brutaler Ehrlichkeit, Intimität, Offenheit und Wut, sind dass was das Tape ausmacht und was es, auf Basis des Gitarrensounds der Retro klingt und gleichzeitig irgendwie neu ist, so empowernd macht.
Das Tape steckt in einer pinkfarbenen Papphülle, aber hauptsächlich steckt es im Kassettenrekorder, dessen Design perfekt zum Tape passt. Was ein Zufall.
Erschienen ist die EP via Puffin Artlab am 08.10. und als limitiertes Tape u.a. über Bandcamp erhältlich (hier der Link).