Mein erster Kontakt vor ein paar Monaten mit Akne Kid Joe war eher lustig. „What AFD Thinks We Do…“, was soll ich denn hier bitte anhören? Und dann noch dieser Bandname, naja, sind wir mal gespannt. Doch sowohl der erste Song in meinen Ohren, als auch das komplette Album haben mich einfach gefesselt. Wenn ich es so sagen soll, wie ich es denke: geiler Scheiß. Gewöhnen muss man sich allerdings schon etwas an die Musik, die Gesangsstimmen, die Texte, die Attitüde und Sarah, die eine Frau in einer Band ist. Spaß beiseite, natürlich haben Frauen genauso viel auf der Bühne verloren, wie Männer. Geschlechtsspezifische Unterschiede sind sowieso viel besagter Bullshit.
Aber kommen wir einfach mal zur Platte an sich, die Cargo Records und Kidnap Music da so ins Rennen werfen. Jedes einzelne Lied werde ich jetzt nicht auseinander nehmen aber es gibt einige, die ich schon hervorheben will. Nach dem einführenden Intro kommt nämlich gleich mal die zweite Vorabsingle „Sarah (Frau, auch in ner Band)“, welche sich mit oben genannter Thematik von zu wenig weiblicher Präsenz auf den Punk und Hardcorebühnen dieser Welt auseinandersetzt und dass es egal sein sollte ob man Frau oder Mann ist, sondern einfach Bandmitglied und fertig. Außerdem steht mit Alex Pascow hier auch schon das erste Feature parat, welcher diese punkige Nummer auch gleich noch unterstützt.
Werte Herrn Kollegen, bitte macht mal Platz und merkt euch für die Zukunft lieber folgenden Satz: Die Bühnen dieser Welt, sind für alle da und kein Machobiotop fürs männliche Exemplar!
Ein weiterer absoluter Knallerhit ist „Unser Lehrer Doktor Specht“. Der Track kommt flott und irgendwie musikalisch sehr NDWesk (heute erfinde ich aber schöne Wörter) daher. Aber es ist wirklich so, dass es schwer ist jetzt groß die besten Songs herauszuheben, denn wenn man sich in dieses Album reingehört hat ist jeder Song ein Hit.
Aus diesem Grund hier die Zusammenfassung. Akne Kid Joe machen Punkrock. Punkrock in deutscher Sprache. Mit Keyboard verziert, nicht übermäßig hart und auch nicht so wahnsinnig schnell. Punkrock halt. Manchmal Männerstimme, manchmal Frauenstimme. So einfach ist das musikalische Rezept der Band. Textlich geht es um Alles. Also zumindest um alles, was heutzutage in einer emphatischen Gesellschaft normal sein sollte, leider aber immer noch nicht ist.
Folgendes ist zitiertes Wortgut aus dem Song „Was ist eigentlich dein scheiß Problem?“: Indianer, Zigeuner, Mohr und das N-Wort sind leider immer noch zu sehr in (fast) jedermanns Wortschatz verankert. Warum ist es ein Problem, auf Diskriminierendes dieser Art zu verzichten?
Naja, die Dämlichkeit der rechtspopulistischen Besorgt- und Wutbürger (kurz „Nazis“ genannt) und ihr Glaube daran, dass Antifa ein Verein ist, der seinen Mitarbeitern Demogeld bezahlt oder ähnliche Hirngespinste werden in einem Lied belächelt („What AFD thinks we do…“), genauso wie heuchlerische Chairity-Angebote („Dagmar Wöhrl“).
Den offiziellen Teil der Platte schließt dann der Song „Zwischen Thermomix und Webergrill“ ab, das Ganze mit HC Baxxter als Feature. Ganz seltsame elektrische Töne dringen mir da entgegen aber bei einem Song, der mir Punk is Dead and so am I in den Kopf drückt, geht auch dieser Sound voll in Ordnung.
Die LP kommt in geiler 180g Variante mit Download-Code und qualitativ hochwertigem Bookletheft in einer stabilen Papphülle. Und als besonderes Zuckerl gibt’s nen Bonustrack obendrein. Der ist aber nur auf der LP oder der CD drauf. Weder im Stream noch im Download gibt es den Song („Koks: Er darf das“). Also kauft euch das Ding als Hardware. Es rentiert sich wirklich und ist doch auch viel schöner, oder?
Im Übrigen gab es bei vinyl-keks.eu erst kürzlich ein tolles Interview mit Sarah zum Thema “Frauen im Musikbusiness”.
Hier könnt ihr die Platte bestellen: jpc.de I flight13.com I Tante Guerilla
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