Mit den ersten Tönen wird man direkt in eine imaginäre Floating-Experience hinein verfrachtet. Dunkler Raum, leichtes Wasserplätschern, absolute Entspannung. Der erste Song auf dem Album von Anna Calvi heißt passenderweise Swimmingpool und ganz genau so fühle ich mich beim hören des Songs – meine Quadral Boxen schieben denn deftigen aber gleichzeitig unaufdringlichen Bass durchs Wohnzimmer und ich liege gefühlt Rücklinks in meinem imaginären Swimmingpool und lasse mich einfach nur treiben.
Ich habe Anna Calvi vor einigen Jahren zufällig als “Empfehlung” von Youtube vorgeschlagen bekommen und war quasi sofort verliebt in diese unglaubliche schöne und irgendwie fast leicht wirkende Schwermütigkeit die Anna Calvis Musik verstrahlt. Für mich versteht Sie es, Stimmung zu erzeugen wie es fast keine andere Musikerin kann. Ich weiß gar nicht, wie ich die Stimmung beschreiben soll, ich würde sagen, wenn man eine Anna Calvi Platte auflegt, entsteht nach wenigen Sekunden eine Art zufriedene Traurigkeit. Sicher, das ist mein Empfinden, bestimmt gibt es auch Menschen, die sich sowas zwei, dreimal anhören müssen aber ich glaube nicht dass man als Musikliebhaber drum herum kommt, sich einzugestehen, dass das schon ziemlich gut ist was da abgeliefert wird.
Gerade spreche ich von Stimmung und da fällt mir ein, ähnlich wie beim Hören dieses Albums ging es mir mit Nick Caves “Ghosteen”, dass ja zum einen Teil gefeiert wird und für das der arme Nick auf der anderen Seite schon auch recht harsche Kritik einstecken musste. Beide verstehen es fast in Perfektion mit so wenig Mitteln wie nötig so viel Stimmung zu erzeugen wie möglich. Wie wäre es mal mit nem Gemeinschaftsprojekt von Nick Cave, PJ Harvey und Anna Calvi? Ich würd´s mir anhören!
Sehr spannend finde ich, dass Hunted quasi ein Spin-off des vor zwei Jahren erschienen Albums Hunter ist. Sieben Songs hat sie sich nochmal vom Vorgänger genommen und neu interpretiert – fast komplett akustisch. Der 80er Einschlag, den sie gerne mal in ihre Songs einbaut ist quasi nicht mehr vorhanden. Dazu geholt hat sie sich aber auch Unterstützung von z.B. Charlotte Gainsbourg und Joe Talbot (Idles) wobei ich mir sicher bin, dass das Album auch ohne deren Hilfe fantastisch geworden wäre zumal sie ihren Gästen sowieso nicht sonderlich viel Raum lässt sondern diese eher sehr präzise und an ausgewählten Stellen zum Einsatz bringt.
Anna Calvi beschäftigt sich auf ihrem neuen Album, das übrigens auf Domino Music erschienen ist, mit Träumen, Wünschen und scheinbar mit ihrem eigenen künstlerischen Schaffen indem sie bereits eingespielte und veröffentlichte Songs nochmal bis auf die Knochen auseinander nimmt und dann eine Hauchdünne Schicht Haut darüber legt – man sieht das Herz der Songs fast durchscheinen. Songs neu einzuspielen und dabei so zu verändern, das Sie nicht ihren kompletten Körper verlieren ist eine Kunst für sich. Gerade das Weglassen und Aussortieren von Unnötigem ist für Künstler kein leichtes Unterfangen. Für mich zeigt sich die 37-jährige Londonerin auf der neuen Scheibe so ungeschützt und verletzlich wie nie zuvor. Es wirkt geradezu als bohre Sie sich mit der Aufarbeitung und Neuinterpretation dieser 7 Songs geradewegs an den Kern dessen, um was es geht – Gefühl.
Ich möchte hier gar nicht alles voll Schnulzen, hört es euch selbst an und lasst euch treiben. Ich find´s jedenfalls großartig. Manchmal darf was auch einfach nur schön sein.
Wer auf Nick Cave´s Ghosteen oder PJ Harvey oder The National steht sollte sich diese, übrigens in schönem Rot erschienene, Platte direkt HIER kaufen.
Übrigens ist die Frau auch Live der Hit:
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