Als der Brite Arthur Brown anfing, Musik zu veröffentlichen, gab es für dieses Vorhaben keine Alternativen zur Schallplatte. Die Musikkassette steckte noch in der Entwicklungsphase und sollte ihren Durchbruch erst in den 1970er Jahren haben. Es war das Jahr 1968, als Mr.Brown mit seiner damaligen Band The Crazy World of Arthur Brown eine gleichnamige Schallplatte veröffentlichte, die in die Geschichte der Rockmusik einging. Dies lag vor allem an dem Lied Fire, welches der einzige große Hit der Band war, und Arthur Brown in der breiten Öffentlichkeit als One-Hit-Wonder Musiker stigmatisierte.
Aber Arthur Brown ist viel mehr als das. Er war schon bei seinem ersten Album ein begnadeter Sänger, seine Stimme umfasst mehrere Oktaven und er ist, seit seine Füße eine Bühne betreten haben, ein fantastischer Entertainer, der mit Schockelementen spielt(e). Exzentrische Tanzeinlagen treffen auf brennende Ideen! Alice Cooper himself hat wohl mal gesagt, dass es ihn ohne Arthur Brown gar nicht gegeben hätte und das will ich gerne auch so glauben. Wenn man sich nun überlegt, welchen Einfluss wiederum Alice Cooper auf zahlreiche Künstler*innen gehabt hat, sollte klar sein, wie wichtig dieser Mann auch für die heutige (Rock-)Musiklandschaft ist. Diese Bedeutung erkannten auch schon Die Krupps und spielten eine neue Version von “Fire” in ihrem ganz eigenen Stil ein. Verdammt gutes Teil.
Die letzten fünf Jahrzehnte veröffentlichte Arthur Brown zahlreiche eigene Schallplatten und war beteiligt an der THE WHO Rockoper “Tommy” und auch an dem Alan Parsons Projekt Klassiker “Tales of Mystery and Imagination”.
Und nun haut Brown pünktlich zu seinem 80.Geburtstag mit “Long Long Road” eine neue Platte heraus. Und alle Achtung, die kann sich hören, sehen und anfassen lassen! 180 Gramm schwarzes Vinyl! Gatefold Cover! Gefütterte Innenhülle! Extra Textblatt! Die Anzahl der Ausrufezeichen deutet es bereits an: Die Ausstattung ist vorbildlich, hier bekommt der oder die Vinylfreund*In viel geboten für´s Geld.
Und auch die in der Rille verewigte Musik weiß zu überzeugen. Hierzu ist anzumerken, dass die Musik nicht allein von Arthur Brown kommt, sondern vom Multiinstrumentalisten Rik Patten mitgeschrieben wurde. Dieser wird bei der Vermarktung im deutschsprachigen Raum ein bisschen stiefmütterlich behandelt, im Infotext zu der Platte wird seine Mitarbeit gar nicht erwähnt. Dies wirkt ein wenig respektlos, denn erstens steht sein Name sogar mit auf der Veröffentlichung und zweitens ist die Bedeutung seiner Mitarbeit immens groß. An jedem Song ist er nicht nur als Songwriter beteiligt, nein, sogar jedes Instrument ist von ihm eingespielt worden.
Und davon gibt es viele zu hören auf Long Long Road: Neben dem obligatorischen Grundgerüst aus Gitarren, Bass und Schlagzeug werden auch Orgeln, Flöten, Saxophon, Synthies und andere Apparaturen zur Sounderzeugung bedient. Und gefühlt kommen all diese Instrumente bereits im ersten Song “Gas Tanks” zum Einsatz. Ein Progressive-Rock-Gewitter direkt zum Auftakt, da bleibt mir fast die Spucke weg. Und ich will ehrlich sein, wenn dieses Gewitter die ganze Platte durchgezogen worden wäre, dann wäre diese Platte wahrscheinlich nicht so oft auf meinem Dreher gelandet. Aber das Duo Brown/Patten weiß es geschickt mit dem Bombast umzugehen und fährt Lautstärke, Geschwindigkeit und Instrumentierung im Verlauf immer wieder runter.
Natürlich nur, um dann bei den nächsten ineinander übergehenden Songs wieder aus allen verfügbaren Kanonen zu schießen. Dadurch ist die Bandbreite der rauszuhörenden Genres bzw. Einflüsse hoch. Ist die erste Seite noch stark geprägt von progressiven Sounds, hört man auf der B-Seite einen starken Blues-Anteil heraus, teilweise ist es einfach ganz klassischer Rock. Aber nicht so doofer Möchtegern-Dicke-Eier-Bausparvertrag-Rock , sondern Rock im ursprünglichen Sinne, als Rebellion, als Anklage, aber in diesem Fall auch als ein Rückblick auf ein wildes und langes Leben.
Arthur Browns Stimme ist immer noch vielfältig, sie ist obendrein gut gealtert, sie steckt immer noch voller Power, löst Gänsehaut aus. Gänsehaut, weil sie berührt, weil sie voller Seele ist, weil die Geschichten, die sie erzählt zwar simpel sind, aber authentisch und ehrlich wirken und auch so dargeboten werden.
Abschließend ist noch der sehr gute Sound, die glasklare Produktion der Platte hervorzuheben. So muss das aber auch bei Progressive Rock sein. Jedes Instrument ist gut abgemischt zu hören, die Höhen sind ebenso gut wahrnehmbar wie die Tiefen (soweit mein punkrockgeschädigtes Gehör das überhaupt raushören kann, haha).
Starke Scheibe, starke Stimme, eine Empfehlung ist hiermit ausgesprochen.
Käuflich zu erwerben ist die LP u.a. hier.