Am 8. März, eine Woche vor erscheinen seines sechsten Albums “Aurora”, verstarb Dege Legg alias Brother Dege überraschend im Alter von nur 56 Jahren. Die Musikwelt hat einen ihrer innovativsten Singer/Songwriter und Roots-Rock-Musiker, der einst sogar dank seines Beitrags “Too Old To Die Young” zum Soundtrack von Quentin Tarantinos Kassenschlager “Django Unchained” für den Grammy Award nominiert war, verloren. Die Trauer sitzt tief und es ist wohl überflüssig zu erwähnen, dass “Aurora” aller Voraussicht nach der letzte Release von Brother Dege war, sollte nicht noch ein spitzfindiges Label ein paar Demos, Outtakes und sonstige Rarities aus dem Vermächtnis des Musikers hervorkramen. Trotz der dramatischen Umstände wollen wir uns in diesem Beitrag um “Aurora” kümmern. Ehre, wem Ehre gebührt und R.I.P., lieber Brother Dege.
Der titelgebende Opener kommt noch völlig ohne Gesang aus und mit seinem unverwechselbaren Spiel an der Slide Guitar entführt uns Brother Dege in das schwüle Klima der Sümpfe seiner Heimat Louisiana. So klingt das dann wohl, wenn man dort abends am Lagerfeuer sitzt, mit schmutzigen Füßen und einem zerschlissenen Strohhut auf dem Kopf. Ein sehr stimmungsvoller Einstieg in das Album.
Danach dann “Where The Black Flowers Grow”, der erste Song auf “Aurora”, der zeigt, dass Brother Dege auch rocken konnte. Meine Schwester kommt ins Zimmer und fragt direkt und unverblümt, ob das Bon Jovi sei. Mein Blick, mutmaßlich eine Mischung aus Erstaunen und Entsetzen, führt zu einer genauso direkten Entschuldigung ihrerseits. Dabei hat sie ja gar nicht so unrecht, wenn sie sagt, stimmlich klinge Brother Dege halt nunmal ein wenig nach dem Herrn Jovi. Hoffentlich meint sie damit den Herrn Jovi aus den ’80ern, aber das ist ein anderes Thema. Jedenfalls, der Song rockt und die Nacht am Lagerfeuer ist noch jung. Zeit zum Tanzen, um sich die lästigen Mücken vom Leib zu halten.
Ein paar tolle Songs weiter dann mein persönliches Highlight der Platte. “Turn Of The Screw” ist ebenfalls eine Rocknummer und liefert den eindeutigen Beweis für Dege Leggs irische Wurzeln. Raus aus dem Sumpf, rein ins Irish Pub. Die Slide Guitar kommt aber mit! Spitzenmäßiger Song!
Dann die B-Seite. Auch diese wartet mit hoher Qualität auf. Mein Favorit: Loser’s Blues. “…And yet I know I’ll never be saved. Cause all I got is lost. The loser’s blues. …”. Brother Dege zeichnet in klarer Sprache eine Welt voller Unsicherheit und (Selbst-)Zweifel. Und dennoch kann seine Musik ein anderes Stimmungsbild wiedergeben. Zum Abschluss dann das geradezu epische und rund zwölf Minuten lange “The Longing”, das den Opener “Aurora” dort abholt, wo dieser aufgehört hat und die gesamte Scheibe zu einer, im wahrsten Sinne des Wortes, runden Sache macht. Alpha und Omega. Der Anfang und das Ende. Ich hätte gerne noch das ein oder andere Album von dir gehört und auch besprochen, lieber Brother Dege. Mach es gut, dort wo du jetzt bist.
“Aurora” ist in wirklich hochwertiger Aufmachung im Gatefold, mit abgedruckten Songtexten, ausführlichen Linernotes und auf schwarzem und Gold/Black Marbled Vinyl auf Prophecy Productions erschienen. Dort, oder auch bei jpc könnt ihr das Album erwerben.