Mach’s wie Hamster und Ratte, bekomm’ die neue Burnout Ostwest Vinyl geschenkt!
Alles, was du tun musst: Eine Frage unserer Rattster-Story beantworten und die Lösung per Email an Vinylkeks (verlosung@vinyl-keks.eu) senden bis 30.09.2024 oder direkt unter dem zugehörigen Post bei Instagram / Facebook kommentieren. Du nimmst dann mit deiner richtigen Antwort an der Verlosung der LP Burnout Ostwest “Bremer Schule” teil. (Teilnahmebedingungen, Datenschutz und “die große Frage” am Ende des Textes >> scroll down please)
Aber nun viel Spaß beim Lesen unserer nächsten Folge Rattster Rock’n’Roll Roadtrip mit fettem Soundtrack. Rockliteratur loves Coverart – Immer anders, immer neu illustriert – heute mit einer mega RATTSTER-Illustration von Punks’n’Banters.
Rattster – Das Short-Story-Review
Folge #6 – Burnout Ostwest, Album: “Bremer Schule”
„Wo ist denn der Eingang zu diesem Käfig!?“ Ratte rüttelte am Festivalzaun. Hier irgendwo zwischen Zelten und Wohnwagen wartete Copycat auf ihre masochistischen Opfer in der VIP-Area, Gondii-Erreger steuerten die ahnungslosen Nager durch akute Toxoplasmose direkt zu ihr.
„Schau mal, da drüben,“ Hamster zeigte auf ein Brachland vorm Zaun, auf kleine Stoffunterkünfte und eine zusammengezimmerte Bühne. Staub wirbelte über den kargen Platz, feuchte Nieseltropfen mischten sich mit ihm und klebten sich als Schmutzfilm überall drauf. Von der Bühne knallte jetzt eine Mischung aus wabernden Gitarren mit Hall, aggressiven Bass-Beats und witzigen Synthesizer-Sounds, ein Song mit Sprechgesang im plötzlich befreienden Bruch zu schneller Rockmusik:
Auf der Flasche Pinkus Fun Vorne ne 6, hinten ne 6, in der Mitte ne 6 6-6-6 die Zahl des Teufels Hildegard erlöse mich Von Satans Datenstrich Kein Gott, Kein Staat Für immer Hildegard (Ich bin Fleischer und das ist zu wenig Fleisch, A-Seite, Burnout Ostwest)
„Das sind Burnout Ostwest!“, krähte Ratte begeistert. „Haha, der Song macht Laune,“ lachte Hamster und pogte herum im Takt. „Die LP brauchen wir!“, entschied Ratte und zeigte auf den Merchandise-Stand mit Platten und Bandshirts. Sofort gingen sie zum kleinen Verkaufstisch.
„Psst, ist grad keiner am Stand!“ raunte Hamster, die sich gangsterlike ihr schwarzes Stirnband tief über die Augen zog, dass es aussah, wie ein Zensurbalken. Und Ratte so: Hände in den Taschen, Liedchen pfeifend, Unschuldsmine, innen aufgeschnittene Manteltaschen, Zehenspitzen, Handgriff durch den zerschnittenen Futterstofff im Mantel, Luft anhalten – das neue Burnout Ostwest Album verschwand in Rattes weitem Mantel. Er war voll aufrichtiger Bewunderung für die Bremer aggro Elektro-Punk-Combo.
Plötzlich bellte ein weißer Hund, der schnell an den Verkaufsstand sprang. „Erwischt!“ blaffte er. Auf der Nase trug er eine dunkle Sonnenbrille und knurrte gefährlich: „Lass mich raten, in deinem Mantel steckt die Burnout Ostwest „Bremer Schule“ LP, zehn Titel giftigster Humor plus Kampfansage. Du schuldest mir zwanzig.“
Ratte drückte die LP an sich, er hatte noch niemals eine Vinyl bezahlt, denn erstens hatte er keinen Bock auf Geld oder Arbeit, zweitens hatte er seine Prinzipien. Herausfordernd blickte er den Hund an. Doch es war, als würde der Hund plötzlich zögern. Und dann auf einmal sprang er Ratte wild vor lauter Freude an, jaulte und wedelte dabei.
„Ratte und Hamster! Ey, jetzt erkenne ich euch erst!“, jubelte er.
„Brutus, der den Fernsteuerungs-Helm auf hatte,“ erkannte ihn jetzt auch Hamster, “wir haben dich von Laborratte befreit.“
„Ich konnte euch nie richtig danken, behaltet einfach diese megageile Platte dafür!“, freute sich Brutus.
Nachdem Ratte und Hamster Brutus davon berichtet hatten, wie Copycats Helfer Atze und Skincat bei Nacht und Nebel die Soundmaschine und Vinylsammlung von ihnen geklaut hatten, fragte Hamster aufgeregt: „Legt Copycat unter ihrem Künstlerinnen-Namen DJane Pussy Rebel zufällig hier auf?“
„Also, die ist drüben… Beim Luxus-Herzinfarkt-Festival. Aber der Eintritt ist extrem hoch! Bleibt lieber hier beim Gegen-Festival. Gegen, weil gegen Spende oder gegen Arbeit,“ sprach Brutus. Hamster freute sich: „Gefällt mir, ich bin auch gegen Spenden. Weil ich nämlich nix zum Spenden hab, außer meinem Stirnband und das brauch ich.“ Ratte mochte das Motto ebenfalls: „Ja, klingt gut! Gegen Arbeit bin ich sowieso.“
Bejahend wurden seine Worte jetzt durch die wütenden Textzeilen von Burnout Ostwest untermalt. Mit Megaphon und nasaler Stimme wurden Vocals herausgerotzt, dazu elektronische Effekte, wie aus einem billigen Videogame, scheppernde, schraubende Gitarren…. wirkungsvoller Break…. Dann der Protestrefrain -yes- zur Explosion der Rockgitarren repetitiv wie das Subjekts herausgespuckt, Tempo, Tempo….
Wer Arbeit hat Muss arbeiten geh’n Arbeit ist Arbeit Ist Arbeit Ist Arbeit Ist Arbeit Wer Geld haben will Die Wirtschaft verstehen Geld ist Geld Ist Geld Ist Geld (Roboter erwürgt einen Arbeiter, B-Seite, Burnout Ostwest)
Ratte und Hamster grölten mit, tanzten auf einem Bein herum, hakten sich unter, rasteten aus mit erhobener Faust und Brutus jagte im Moshpit-Kreis vor der Bühne seinen Schwanz. Burnout Ostwest waren der Burner.
„Also, ich würde nicht mal kostenlos rüber auf das Luxus-Herzinfarkt-Festival gehen, bleibt doch hier“, schlug Brutus in einer Verschnaufpause vor. Hamster aber schaute unglücklich: „Nee, das geht nicht. Wir sind dieser Copycat absolut verfallen.“ Brutus staunte nicht schlecht: „Also ihr seid beide verknallt in eine scheissgefährliche Killerkatze, die Nager frühstücken würde?“ Ratte fügte hinzu: „Sogar, dass sie uns misshandelt, ändert nichts daran. Ich stehe heimlich voll drauf, dass sie Platten klaut, uhhh.“ Hamster schwärmte: „Ich find’s heiß, wie geil sie fighten kann. Jedesmal ein kleiner Herzhopser, wenn sie uns beim Hook Kick blutig kratzt, ahhh!“ Brutus schaute ernst und schüttelte den Kopf: „Echt schräg, ihr seid quasi süchtig nach ihr.“
Fakt war es, dass der Nager Herz den unnachgiebigen Gondii-Erregern gehorchte, zu Copycat zu kommen. In toxischen Schüben beeinträchtigte die Toxoplasmose ihre Willensstärke. Sie standen wie Zombies am Festivalzaun und bettelten Brutus um eine Räuberleiter an. Der brave Brutus hievte Ratte und Hamster nachdenklich über den Zaun. Als die beiden Nager fort waren, winkte er ihnen hinterher: “Hey, ihr habt bestimmt Toxoplasmose, ich weiß ein Medikament, damit kenne ich mich aus durch Laborratte.“ Doch die Musik des Luxus-Herzinfarkt-Festivals und des Gegen-Festivals mixten sich zu einer Kakophonie und übertönten alles.
„Wo sind wir denn hier gelandet?“, erschrak Hamster. Eine Vorstadt-Siedlung aus Miet-Zelten mit Wellnessbereich statt TRIXI-Klos bildete das Festivalcamping. Doch es waren nicht nur Katzen hier. Es gab auch Eichhörnchen beim Team-Building-Event. Fingerfood, Cocktails, Geschäftsbeziehungen, perfekte Sicht zur Hauptbühne, Security: Willkommen in Bürokomplex-City! Verglaste Container, hoch aufgetürmt, davor abgesperrte Privatparkplätze.
Der Luxus fraß sich tief in die Eintrittspreise, die kaltherzig am Gitterzaun aussiebten, wer hier nicht her gehörte. Kalter Wind kam auf, nahm Hamsters Herz mit in die Höhe und zerschmetterte es am Boden. Traurig viele Musikliebende aus der Economy Class mussten und sollten draußen bleiben.
Der stärker werdende Wind wechselte die Richtung, aus der Ferne hörten sie Soundfetzen vom Gegen-Festival heranwehen, auf dem Brutus gebliebenen war. Hätten sie bloß auf ihn gehört. Burnout Ostwest live war genau das Format Musik, das sie jetzt brauchten! Der Refrain schepperte und quietschte übersteuert, regenschwere Wolken erstickten die Töne, aber der Song von Burnout Ostwest boxte sich frei, wurde durch die Luft herübergeschleudert. Mit voller Wucht kam der halbschrottige aggro Elektro-Punk als Keule aus dem klapprigen Boxenturm geshredded und störte den Sound auf dem Luxus-Herzinfarkt-Festival massiv.
Jeden Tag zieh ich mit dem Knüppel durch mein Viertel Bald ist die Miete nur noch ein Drittel Ich erkläre den Bereich jetzt zum Gefahrengebiet Damit ihr euch alle endlich nach Hamburg verzieht Denn Mietminderung ist immer noch Handarbeit Mit dem Knüppel in der Hand, ich bin bereit Vandalismus im Urbanen Raum Wir gestalten unsern Wohntraum (Rauchen gegen Rechts, A-Seite, Burnout Ostwest)
Sie hatten sich bisher von Versteck zu Versteck über das Festivalgelände bewegt, es waren einfach zu viele Katzen hier. Doch da erblickte Ratte auf einem Stehtisch ein halb-volles, verwaistes Bierglas.
„Bis gleich!,“ rief er Hamster zu und mit einem Satz war er fortgesprungen. Er bemerkte dabei nicht mal, dass er Hamster dadurch verloren hatte im Getümmel. Am Bier angekommen trank er genießerisch die abgestandene, lauwarme Plörre. Herrlich! Heftiger Regen setzte ein, Ratte schmetterte ausgelassen dazu:
Ihr geht lecker essen
Ich sauf allein
Ich sauf allein
Habt Träume und Interessen
Ich sauf allein
Ich sauf allein
Ich komm dann zum Essen
Ich sauf allein
Ich sauf allein
Ich kotz euch in die Fressen
Ich kotz allein
Ich kotz allein
(Mein Benzin, Gasolin!, A-Seite, Burnout Ostwest)
„Wen haben wir denn da!“, knurrte da eine böse Stimme. Jäh verflog das Glück.
Klauen, über beide Vorderpfoten mit Festivalbändchen gepflastert, packten Ratte. Tief bohrten sie sich in seine Schultern, die Tränen schossen Ratte in die Augen. „Solltest du nicht längst tot sein, du Sackratte?“, zischte eine zweite Stimme. Ratte schluckte schwer, der Schmerz war unerträglich. Verdreht schielte er zu seinen Peinigern.
Es waren die beiden Streunerkatzen, die jetzt die Roadies von Copycat waren: Atze und Skincat. Sie hatten den Auftrag gehabt, Ratte und Hamster zu erledigen, doch da hatte offensichtlich etwas nicht geklappt.
„Jetzt machen wir dich endgültig kalt!“, fauchte Skincat.
„Warte, wir können den Nager gebrauchen,“ stieß Atze, der filzige Main Coone Kater mit der Festivalbändchensammlung, schnell hervor.
„Nein!“
„Doch!“
Mehr Argumente kannten sie nicht, also begannen sie damit, sich gegenseitig herumzustoßen und die zwei Worte stupide zu wiederholen, nur immer lauter. Keine Einigung war in Sicht, die Krallen blieben unterdessen in Rattes Schultern geschlagen und er flog daran hin und her wie ein Fisch am Haken. Blut lief feucht durch sein Fell, dann wurde Ratte schwarz vor Augen.
Überwachungssysteme auf dem neuesten Stand Letzte Woche blutete ein Punk Gegen die Obdachlosen bilde ich ne Bürgerwehr Das Flüchtlingsheim, das gibt es nicht mehr Achtung! Achtung! (Alles gut an der Heimatfront, B-Seite, Burnout Ostwest)
Als Ratte zu sich kam, lag er rücklings in einer Matschpfütze. Das gesamte Gelände hatte sich unter einem anhaltenden Regenguss in eine Schlammarena verwandelt. Leise drang der fröhliche Elektro-Fun-Punk von Burnout Ostwest durch das Regenrauschen an sein Ohr. …Achtung, Achtung!…Ha, wie lustig man über so krasse Dinge singen konnte, dachte er. Perfekte Ironie, der Kontrast zwischen verstörenden Lyrics und Heiterkeit untermalte die Heftigkeit. „Autsch!“, fluchte Ratte und griff sich an die schmerzende Schulter. Regen prasselte hart auf eine gestreifte Markise über ihm, wo war er eigentlich?
Jemand riss ihn grob aus dem breiigen Dreck und fesselte sein Rattenbein mit Kabelbindern an ein Tischbein. Ratte linste zu den beiden matschverschmierten Katzen-Silhouetten rüber, die dafür verantwortlich waren, und erkannte Atze und Skincat.
„Jetzt kannst du zeigen, wie du dich auskennst mit deinem Vinyll“, erklang Atzes Stimme listig.
„Na Hallo!“, entfuhr Ratte trotz der Schreckens-Situation ein begeisterter Ausruf. Denn er stand an einem Markttisch mit Markise, auf dem die gestohlene Plattensammlung lag, die Hamster und er so verzweifelt suchten.
„Brauchst dich gar nicht zu freuen!“, knurrte Skincat hämisch und drohte mit den Krallen seiner schmierigen Nacktkatzenpfote.
„Du spielst jetzt den Fachverkäufer, was ja eigentlich unser Job wäre. Wir sind nämlich zu schlau zum Arbeiten,“ erklärte Atze, während Skincat sein Pet Ferry Poloshirt abputzte.
„Danach bist du aber endgültig tot!“, setzte Skincat nach und Atze durchwühlte Rattes Mantel, wo er die Burnout Ostwest LP „Bremer Schule“ fand, die ihm Brutus heute geschenkt hatte. Er warf sie achtlos auf den Tisch zu den anderen LP’s. Sie hatte jetzt Schmadderpfotenabdrücke auf der weißen Papphülle mit dem Abrissbagger-Cover, auf dem „Jeder Hit ein Treffer“ geschrieben stand.
„Niemals verkaufen, nicht unsere LP’s!“, protestierte Ratte aufgebracht.
„Doch!“, hörte er Skincat argumentieren und bekräftigend traf ein schmerzhafter Schlag Rattes Kopf. „Jeder Hit ein Treffer“, grinste Atze bauernschlau über seinen Wortwitz, der keiner war.
…Achtung! Achtung!… shouteten Burnout Ostwest jetzt deutlich aggressiver im Chor von der entfernten DIY-Bühne. Verzerrte, schnelle Gitarren im Refrain statt Elektrogefrickel zeigten an, dass der Spaß endgültig vorbei war. Das galt auch für die beiden Streunerkatzen, denn sie zuckten nervös zusammen, als es rauschend aus einem Walkie-Talkie keifte: „-hrrrks- crew, bitte kommen – over-“.
Skincat antwortete: „ – hier crew, chefin! -over-“. Zu Atze raunzte er besorgt: “Wenn wir auffliegen, sind wir tot!“
„-krks- sichert beweise zwecks guiness buch der akkorde – startet den plattenabverkauf – crew, do you copy – over-,“ knisterte Copycats Stimme ungeduldig aus dem Walkie-Talkie.
Das hatte Wirkung auf Ratte, aber er wurde nicht etwa sauer, wie erwartet. Stattdessen stieg sein Puls an, er bekam Schwitzpfoten, Herzklopfen, Bauchschmetterlinge: Komplettes Toxoplasmose-Syndrom, rauschhaft und aufputschend. So bitter wie Koffein war die Erkenntnis, dieser boshaften Siamkatze mit den Thaiboxhosen hörig zu sein.
„- roger – copy, chefin – aufnahme läuft – merchandise läuft – over-“, heuchelte Skincat.
„-shrks — stage time in 15 minutes – over and out -“, beendete Copycat den Funk.
Nun wendete Skincat sich drohend an Ratte: “Mach den Merchstand ja anständig und verkauf alle LP’s, oder du bist dran!!! Wir gehen jetzt die DJane Pussy Rebel Show von der Chefin anschauen. Tschüssikowski, du Loser!“
Sich gegenseitig herumschubsend stapften sie durch die Matschepampe davon. Ratte blieb mit Kabelbindern an den Merchandise-Tisch gefesselt zurück und sah ihnen dabei zu, wie ihre Umrisse in die Dauerregenwand eintauchten und sich langsam in Wasserschlieren auflösten.
„Was kostet diese LP?“
Ratte schrak zusammen.
„Was kostet diese LP?“, wiederholte die Stimme sanft.
Vor ihm stand ein dürrer Kater mit schmodderfleckiger Lederjacke und hielt höflich die neue Burnout Ostwest LP hoch, statt gefräßig die spitzen Zähne zu blecken. Möglicherweise ein Vegetarier, manchmal mochte Ratte diese weltfremden Taurinpillenmiezen fast.
„Verzieh dich“, murmelte Ratte.
„Hä? Ich will bloß ne Platte kaufen,“ maulte der Kater.
Aber Ratte hatte nicht im Geringsten vor, seine Sammlung zu verkaufen. Er riss dem manierlichen Veggiekatz die LP aus den Modderpfoten, dachte an den „Ich bin Fleischer und das ist zu wenig Fleisch“-Song von Burnout Ostwest, den er zusammen mit Hamster gehört hatte, und flüsterte genervt die Lyrics: „Hildegard erlöse mich.“
Etwas rüttelte heftig an seinem Bein, dann sah er Hamster an seiner Fessel nagen.
„Return of the rat!“,* knurrte Hamster selbstbewusst und spuckte den durchbissenen Kabelbinder weg.
„Für immer Hamstergard!“ Ratte gab ihr lachend ein High-Five.
„Wieso muss ich dich eigentlich andauernd retten?“, fragte Hamster knapp.
Ratte wusste keine richtige Antwort. „Ja stimmt, warum, vielleicht hätte ich das Bier nicht… ach, papperlapapp. Los, wir hauen ab!“
Eilig begannen sie die LPs einzuräumen, doch in Rattes Kopf hatte sich ein Fragezeichen festgesetzt. Abrupt sollten allerdings diese Gedankenströme unterbrochen werden, als ein dumpfer Basssound erdröhnte und über Riesen-Leinwände an der Hauptbühne ein Bild flimmerte. Es zeigte die aufflammende Bühnenbeleuchtung und im fließenden Effektnebel erhob sich plötzlich DJane Pussy Rebel an Hamster und Ratte’s Soundmaschine wie eine Göttin. Gleißend, kriegerisch und androgyn thronte die Entertainerin. Demonstrativ das Kunstwort DJane besetzend, konträr Kater-DNA versprühend, entfachte Pussy Rebel Verunsicherung mit Genugtuung.
Jetzt wechselte die Bühnenfarbe zu Rot, das Spotlight zu giftgrün, die Komplementärfarben intensivierten sich gegenseitig. Am Hals der Luxus-Diva reflektierte der polierte Platinrattenschädel grünlich, die Seiden-Boxershorts schimmerten verheißungsvoll rot, als die rhythmischen Elektrobeats zu kantigen Gitarrensounds über das im Regen versinkende Festivalgelände pumpten.
„Das ist doch Burnout Ostwest, was sie da auflegt!“, kreischte Ratte aufgeregt.
„Wie dreist, das stimmt!“ rief Hamster. Und nun war laut und deutlich die absolute Hymne der Band Burnout Ostwest als Remix zu hören von DJane Pussy Rebels Turntable. Gleichzeitig spielte auf dem Gegen-Festival die Band Burnout Ostwest denselben Song live. Ein überdimensionaler Stereoeffekt entstand dabei, mischte Remix und Live-Gig, ballte sie zu einem Tornadokanon zusammen.
Starkregen prasselte auf die Leiber des Publikums, übertrug elektrische Gewitterladung physisch, produzierte aufgerissene Mäuler und Augen. Die Stromstärke in den Körpern wurde unerträglich, wollte raus und explodierte: Tanzen, tanzen, endlos tanzen und lauthals mitsingen. Massen im Gleichtakt, zuckende Körper, Mischpult-Kontrolle über sie, Sieg! – DJane Pussy Rebel Superstar! – Ihre Augen glitzerten böse von Macht und Raffgier. Aus tausenden Kehlen johlte das Publikum zum Remix:
Goodlife Crisis! Burnout Ostwest, Burnout Ostwest, Du und Ich Ich und Du Wir sind Burnout Ostwest Du und Ich Ich und Du Goodlife Crisis! (Kennst du eigentlich die Hamburger Schule?, A-Seite, Burnout Ostwest)
Stroboblitzer zerteilten die Dunkelheit, Abermillionen von Regentropfen waren Kaleidoskope im Blendlicht, Prismen funkelnder Farben. „Ohhhh yeah!“, feierte Ratte. Bei den Nagern griff wieder die Toxoplasmose durch als zügelloses Verlangen, pumpende Herzen, Hochdruck in den Adern. Queen DJane Pussy Rebel – Liebe, einfach nur unendliche Liebe für ihren Star! Sie wollten dabei sein, Copycat nah sein bei ihrem Auftritt. Besessen rasten Hamster und Ratte los in die tanzende Menge, immer Richtung Frontrow.
Scheinwerfer bohrten sich im Takt in dunkelviolett-graue Wolken, erleuchteten in Lichtsäulen ein gewaltiges Gewittermassiv, das sich auftürmte über der Hauptbühne. Der Moshpit schluckte die Tanzenden, warf sie umher, spie sie an anderer Stelle wieder aus. Auch Hamster und Ratte wurden mitgerissen und erneut getrennt.
Hamster fragte sich kurz, wo Ratte bloß war, doch dann ließ sie sich in den Taumel fallen. Glücklich zwischen tausenden Katzen im Publikum. Alle Feindschaft und Angst waren vergessen, nur noch die Musik, das Tanzen und das Singen zählten. „One love,“ jauchzte Hamster immer wieder und wirbelte umher.
Da spaltete ein greller Blitz die Wolken über dem tobenden Tanz-Mob. Im Blitzlicht sah Hamster Ratte mit erhobenen Armen wie einen Prediger ganz oben auf den Scheinwerfern der Hauptbühne stehen, sein Maul bewegte sich beim Mitsingen.
Schon krachte ein zweiter Blitz mit einem enormen Donnerknall durch die Nacht. Er schlug seine gesamte Ladung in die Bühne. Flammen loderten aus dem Dach und die Scheinwerferreihe mit Ratte stürzte in die Tiefe. Glücklicherweise blieb er unverletzt, denn die Scheinwerfer landeten direkt auf DJane Pussy Rebels Kopf.
Sprühende Funken stoben aus den heißen Lampen, sengten sich in das Katzenfell. -Zwusch!- Knisternd fackelte ihr Schwanz als Wunderkerze ab. Das Mikrophon war eingeschaltet für DJane Pussy Rebels MC-Part, doch aus den Boxen wimmerte und kreischte jetzt ihr unerträgliches Gejammer. Martialisch verstärkt heulte es über das gesamte Festivalgelände, dazu im Großformat auf Leinwand die Katzen-Supernova DJane Pussy Rebel.
Das war zu viel für Ratte. Mit dem sogenannten Loser geschah eine Verwandlung und zu Copycat humpelnd mutierte er zum Helden. Hamster verfolgte das kinoreife Spektakel auf der Leinwand:
…Flammen lecken nach Ratte / brennende Teile stürzen herab / Ratte wirft seinen
grünen Wollmantel über DJane Pussy Rebel / Ratte klopft das Feuer aus / Ratte
versucht es mit Wiederbelebung….
Atemlos hatte das Publikum die Szenen verfolgt auf der Leinwand, begeistert applaudierte es jetzt. Doch es gab keine Erholungsphase für die Zuschauenden, stattdessen einen Bildwechsel auf der Leinwand. Fluchtwege wurden nun eingeblendet und aus den Lautsprechern instruierte eine angespannte Tonbandstimme, die in Endlosschleife am letzten Wort festhing: „Bitte bleiben Sie ruhig, begeben Sie sich geordnet zu den Notausgängen. Es besteht kein Grund zur Panik – Panik – Panik – Panik – Panik – Panik – Panik-…“ Das letzte Wort wurde zum Kommando. Tausende angstverzerrte Katzengesichter stürzten Hamster entgegen Richtung Notausgang. „Stopp!“, pfefferte Hamster dem herandonnernden Katzenheer in Bandshirt-Uniform einen Befehl entgegen. Keine Chance, Katzen mit Panikattacke hält niemand auf.
Um auszuweichen, machte Hamster einen Sprung auf die Köpfe der fliehenden Katzen, landete bäuchlings auf ihren Schädeln und surfte so liegend die Crowd. Mit den Pfoten stieß Hamster sich auf pelzigen Stirnen, spitzen Ohren und bissigen Schnauzen ab, wie eine Schwimmerin. Immer Richtung Bühne, um Ratte zu helfen.
Ratte verteidigte unterdessen die Soundmaschine verzweifelt gegen das Feuer. Die darauf drehende Burnout Ostwest LP hatte in der Hitze Buckel aufgeworfen, der Sound leierte gespenstisch, die Vocals waren dämonenhaft tief gepitcht:
Du hast mich gefragt, Was ich an dir mag Ich hab dir gesagt, Was ich an dir mag Zum Glück hast du dann nicht Nochmal nachgefragt (Mein Lover ist ein Trickbetrüger, B-Seite, Burnout Ostwest)
Hamster bemerkte, wie sich ihr Herz zusammenzog. Copycat aka DJane Pussy Rebel lag reglos und verbrannt auf den Bühnenbrettern. War sie tot? Ein paar Tränen rollten durch Hamsters Backenbart. Auch Ratte hatte diesen Gesichtsausdruck, dabei hatte Copycat sie beide übelst behandelt.
„Warum hängen wir nur so sehr an diesem Monstrum?“, fragte Ratte verständnislos. „Ich weiß es nicht,“ schüttelte Hamster kraftlos den Kopf. Sie schwiegen, die Gondii-Parasiten in ihren Körper triumphierten jedoch, sie würden bleiben, bis über den Tod hinaus.
Es roch plötzlich stark nach schwelendem Gummi. „Die Soundmaschine fängt an zu schmoren!“, kreischte Ratte entsetzt. „Wir müssen sie sofort abbauen“, quietschte Hamster. Angestrengt und angesengt arbeiteten sie fieberhaft in der Hitze.
Mittlerweile brannte nun die ganze Hauptbühne, aber der Starkregen und der aufgeweichte Untergrund sorgten dafür, dass das Feuer sich nicht weiter ausbreitete.
„Die Soundmaschine ist transportfertig, aber was wollen wir nur mit Copycat tun? Sollen wir sie etwa im Feuer zurücklassen?“ fragte Hamster.
„Nee, wir legen sie vor die Bühne in den Schlamm, da kommt das Feuer nicht hin,“ entschied Ratte.
Mit Schwung und einem dumpfen Klatschen landete Copycat bis zum Kinn im Morast.
„Turbo-Bestattung,“ stellte Hamster zufrieden fest.
Plötzlich ertönte ein gewaltiges Knarzen. „Das Dach kommt runter. Los, weg hier!,“ brüllte Ratte. Sie grabschten alle Teile ihrer Soundmaschine und sprangen von der Bühne in den sicheren Matsch. Die Soundmaschine über ihren Köpfen balancierend, tapsten sie durch die dickflüssige Erdpampe zum Merchandise-Stand, wo ihre LP-Sammlung wartete.
„Ratte, unsere Platten sind weg!;“ war das erste, was Hamster dort hervorstieß.
„Wir hatten sie doch hier im Vekaufsstand gelagert,“ rief Ratte schockiert. Doch die LPs waren unauffindbar.
Mit ihrer Soundmaschine und leckeren, Evakuierungs-Rest-Drinks kehrten sie auf das Gegen-Festival zurück. Brutus, der weiße Hund, begrüßte Hamster und Ratte überschwänglich. Aber die Stimmung von Hamster und Ratte blieb gedrückt, denn sie hatten immerzu diesen brutalen Herzschmerz. Die Toxoplasmose-Erreger gruben sich tiefer und tiefer in ihre Emotionen hinein.
Von der kleinen wackligen Bühne machte der Sänger von Burnout Ostwest just eine Ansage als Song-Intro, das auch auf der LP zu finden war:
Der Trip hat mir die Augen geöffnet und mein Herz gelähmt Es reicht nicht, das eigene Handeln zu überdenken Ändere dein Leben, bevor dein Leben dich ändert! (Kennst du eigentlich die Hamburger Schule?, A-Seite, Burnout Ostwest)
„Was ist bloß mit uns los? Das ist doch krank!“, jammerte Ratte.
„It’s all so clinical, clinical…“,** stöhnte Hamster.
„Ich könnte wetten, ihr habt Toxoplasmose,“ sinnierte Brutus laut und setzte nach: „Laborratte sitzt im Hospital an einer klinischen Studie gegen Toxoplasmose, dort im Schrank ist das Medikament. Aber Vorsicht, die Alte ist crazy!“
Ratte und Hamster schauten sich entschlossen an, sie hatten ein Ziel: das Hospital!
Ob Hamster und Ratte mit ihrer Soundmaschine im Hospital ankommen und finden, was sie so dringend brauchen, erfährst du in der nächsten Folge Rattster, wenn es wieder heißt: “Hamster und Ratte hören gerne Platte.”
Hamster & Ratte sehen immer anders aus, so anders, wie Menschen sie sich eben vorstellen. Die individuelle Illustration ist dieses Mal von Punks’n’Banters geliefert worden. Thanx!
Hamster hat ‘ne Macke mit Song-Zitaten. In dieser Folge haben auch wieder zwei gesteckt:
- *Zitat “Return of the Rat” Wipers
- **Zitat “It’s all so clinical, clinical….” Year of the Cat – The Lemonheads
Alle anderen Folgen von Rattster kannst du nachlesen und zu einem fetten Soundtrack erfahren, was auf dem Roadtrip bisher geschah. Bei Vinylkeks in der Specials Kategorie Rattster findest du die ganzen Folgen.
Die LP von Burnout Ostwest, die den Soundtrack dieser Folge geliefert hat, kannst du z.B. bei Flight13 bestellen oder hier beim Vinylkeks gewinnen!
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Die große Gewinnspiel-Frage lautet: Welche Burnout-Ostwest-Hymne legt DJane Pussy Rebel auf?
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Video: Burnout Ostwest – Ich bin Fleischer und das ist zu wenig Fleisch