Februar 2024 in Deutschland. Es sieht finster aus. Eine rechtsextreme Partei schickt sich an, bei den kommenden Landtagswahlen erstmals stärkste Kraft in einigen Bundesländern zu werden. Auch Politiker der vermeintlichen Mitte bemühen (mal wieder) deutsche Leitkultur und billigste Ressentiments gegen Asylsuchende und Geflüchtete. Und im Netz grassieren Menschenverachtung, Sexismus, Mysogynie, Homophobie und Hass auf alles, was irgendwie als woke gilt.
Düstere Zeiten also – einerseits. Aber andererseits gehen gerade so viele Menschen wie seit Jahrzehnten nicht mehr gegen Nazis und für Demokratie auf die Straße. Es scheint so, dass die Gefährlichkeit der AfD mittlerweile endlich auch in der sogenannten “bürgerlichen Mitte” ankommt. Und natürlich bieten Internet und Social Media auch Räume, in denen sich engagierte Menschen vernetzen können. Es gibt also allen Grund, wütend UND hoffnungsvoll zu sein. Und kaum jemand setzt diesen Spagat so gut in Musik um wie Celina Bostic.
Bostic ist in der deutschen Musikszene keine Unbekannte. Als Mitglied des Farin Urlaub Racing Teams, Backgroundsängerin von Künstlern wie Max Herre und Herbert Grönemeyer und als One-Woman-Band mit Gitarre und Loop Station hat sie wohl schon sämtliche Bühnen der Republik bespielt. Bereits seit 2006 ist sie als Solokünstlerin aktiv, es folgten zwei Alben und die Gründung ihres eigenen Labels Lagerfeuer Records.
Nachdem es ab 2015 etwas ruhiger um die Berlinerin wurde, meldete sie sich 2020 mit dem Song “Nie wieder leise” zurück, in dem sie unter dem Eindruck des Todes von George Floyd und der erstarkenden “Black Lives Matter”-Bewegung den alltäglichen Rassismus und die Narben, die dieser auf Seelen hinterlässt, thematisierte. Ein berührender Song und ein kämpferischer dazu. “Jetzt sag ich was ich fühle / Weil ich weiss dass ich muss / Sing mir den Kloss aus dem Hals / Werf mir den Stein von der Brust” heißt es da – und “Nie wieder leise” wurde zur Blaupause für die Songs die Bostic seitdem schreibt: Umarmend und voller Seele die Musik. Ehrlich, entlarvend und empowernd die Texte.
So versammelt ihr ebenfalls “Nie wieder leise” betiteltes drittes Album insgesamt 17 Songs, Skits und Dialogfetzen, die eine klare Grundhaltung transportieren: Wenn sich Gleichgesinnte zusammenschließen, sich bestärken und gemeinsam laut sind, können sie die Welt ein Stück bunter, gerechter und schöner machen. Die Texte von Celina Bostic drehen sich um Identität (“Doppelmoppel”), Körperbilder (“After-Baby-Body”) und das Zelebrieren der eigenen schlechten Laune (“Schlechter Tag”). Den Tenor des Albums bringt das tolle “Die Resillienz” auf den Punkt: “Fehlt mir der Mut, fehlt mir die Kraft / Gebe ich auf, denk’, dass ich’s nicht schaff’ / Dann denk’ ich an die, denen es geht wie mir / Könnt ihr’s glauben? Wir sind immer noch hier”.
Erschienen ist “Nie wieder leise” schon im vergangenen Jahr, jetzt erfolgt die Vinyl-VÖ auf Lagerfeuer Records. Alle, die Spaß an deutschem Pop mit Haltung haben und sich für ihr Leben weniger Hass und Spaltung und mehr Zusammenhalt und Empowerment wünschen, sind hier in jedem Fall richtig und sollten sich Celinas Wahlfamilie anschließen.
Die Platte bekommt ihr im Shop der Künstlerin.