Choke Boy machen sich Gedanken. Die müssen raus. Bevor der Kopf zerplatzt. Bevor das Herz zu schwer wird. Aber nicht ungefiltert. Metaphern helfen manchmal die Wut, die Angst, das Leben zu beschreiben. Manchmal aber auch nicht. Dann doch wieder direkt raus damit. Ins Gesicht gespuckt. Ohne Maske findet die Spucke ihr Ziel. Es ist nicht einfach. Es gibt kein richtiges Leben im falschen, oder doch? Die Hoffnung stirbt zuletzt. Aber sie stirbt. Positiv geht anders.
Verstehe ich die Texte eigentlich richtig? Nein, bestimmt nicht. Dazu sind so zu persönlich gehalten, meine Englischkenntnisse waren scheinbar auch schon mal besser. Da steht jetzt nicht einfach “Fuck the system, kill the rich, smash patriarchy”. Aber genau das wollen sie sagen. Die Linernotes konkretisieren die Themen, lassen mich nicht im Gefühlsdschungel ohne Buschmesser zurück.
Chalk heißt die Platte, einseitig bespielt, die B-Seite ist mit einem Siebdruck versehen. Richtig schön, das Cover-Art-Konzept wird hier fortgeführt. Geometrische Formen, Dreiecke. Bestimmt haben sich die drei Herren auch dazu Gedanken gemacht. Eindeutige Formen in einer Welt, deren Deutung schwer zu ertragen ist? Kein Plan. Aber gut. Minimalistisch. Aber auch passend zu dem, was uns musikalisch erwartet. Reduziert aufs Wesentliche. Gitarre, Schlagzeug, Bass, Gesang. Reverb auf die Klampfe, Verzerrung braucht sie nicht viel. Die Realität verzerrt genug. Sauber bollernder Bass. Postpunk nennt sich das. Da gibt es keine zweite Meinung. Endlich was, was eindeutig ist.
Die 1980er Jahre lassen grüßen, die kühle Atmosphäre, der Sound des kalten Krieges wurde in die heutige Zeit transportiert. Passt ja, Weltuntergang is still alive. Dieser Sound ist nichts neues, das erlebt auch schon seit einigen Jahren eine kleine Renaissance. Ich mag dieses Harte, dieses Rohe, das die Musik ausstrahlt.
Auf Raccoone Records erscheint diese Platte, die mich schon fesselt, das Konzept, wenn es eins gibt, ist gut durchdacht. Ich versinke in den Texten. Hier wird, anders als es der Titel vermuten lassen könnte keine Kreide gefressen. Auch sind die Gitarrenmelodien genau so wie ich sie hören möchte, direkt in die Gehörgänge, wo sie länger verbleiben und die Ohrhärchen in Wallung bringen. Das Trio verzichtet aber bewusst bei allen Songs auf einen schmissigen Refrain, auf die Hookline, die alles einreisst. Das ist total verständlich, textlich ist das nicht nötig, ich vermisse es aber etwas. Die sechs Songs klingen dadurch alle recht ähnlich, es fehlen die drei, vier Hits, die die Platte noch besser machen würden.
Aber das alles passiert auf einem hohen Niveau. Deshalb würde ich gerne eine Kaufempfehlung aussprechen, da dies eine richtig tolle Platte ist, von einer Band die ich in Zukunft begleiten werde, da ich denke, dass da noch Luft nach oben ist. Und da hab ich Bock drauf. Lasst euer Geld bitte hier. Danke.