Bei dem Wort “Transit” da kloppen soft und ungewollt, nur beim lesen des Wortes auf dem Covers Assoziationen auf. Transit, dass ist so ein Raum zwischen zwei Welten, zwischen Verpflichtungen, mit scheinbar einer anderen Zeitrechnung, sie verläuft seltsam schnell und langsam zugleich und in diesem Paradox sehr fühlbar. Transit ist ein Raum, an dem man ist ein Raum mit dem Moment für sich selbst und in diesem Zwischenraum machen sich dann vielleicht auch die Zwischentöne in uns bemerkbar, weil sich Raum ergibt sie zu fühlen und zu denken. Und durch welche Tür man diesen Zwischenraum wieder verlässt bleibt offen, selbst die Türe durch die wir hineingeschritten sind ist eine andere als zuvor. Ob Florian Sievers aka Das Paradies ähnliche Assoziationen hat und wie seine Vertonung dazu klingt versuche ich mal in Worte zu fassen.
Bleiben wir bei dem Assoziationsspiel, eigentlich könnte man so weitermachen, mit den Songs, mit den Zeilen. Beispiel: Schon mal versucht im stroboskopen Licht was klar zu sehen? Was zu fokussieren? Auch wenn die Zeilen im Opener wie an ein Gegenüber gerichtet zu sein scheinen, so scheint mir “Die Stroboskopen Jahre” doch eine gute Gegenwahrtsbeschreibung zu sein. Geschichtsbücherschreiber*innen, merkt euch das. Wann fingen sie an, “die Stroboskopen Jahre” irgendwann 2020, oder doch schon 2019? Und wann enden sie? Wir werden sehen?
Weiter erzählt Das Paradis kleine Geschichten zu poppigen Melodien, die sowohl elektronisch erzeugt werden, als auch Unterstützung verschiedenster Blasinstrumente haben. Trompete, Saxophon, Flöte, Posaune, ja das geht und das passt alles zusammen zur feinen Poesie, die immer persönlich ist und dennoch ein Fragezeichen setzten an das allgemeine, an diese Zeiten, ohne den moralischen Zeigefinger zu positionieren, weil manchmal ein Fragezeichen die nachhaltigere Waffe ist. Vom schon genannten ersten Song “die Stroboskopen Jahre” bis zum letzten Song “Im Graben an der Straße ins Licht”. Es ist mir schier unbegreiflich wie Florian Sievers das macht. Die simpelsten Zeilen, die skurrilsten Bilder wie bei “Im Orbit ohne Zucker” oder “Hund & Sterne” tickern den Denkapparat an, bringen einen Gedankenkreisel zum Rotieren, als würden die Synapsen stille Post spielen und dennoch driftet man nicht ab, sondern bleibt ganz im Hören, ganz bei der Musik. Aber wir befinden uns im “Transit” hier ist alles möglich und Das Paradis tut sein Möglichstes.
Wie vielfältig, oder wandelbar, oder sagen wir besser, was alles drin steckt in Das Paradis konnte man schon erahnen, beim ersten Hören des Debüts “Goldene Zukunft” im Jahr 2018. Spätestens bei der folgenden EP ” Sammlung 1/ pause an der kurve in vektoria” war es aber klar und deswegen nicht verwunderlich, dass dieses Album wieder einen neuen Klang mit sich bringt und genau deswegen genau klingt wie Das Paradies, weshalb es eine Beschreibung so schwierig macht, eine Genre eigentlich auch unmöglich zu finden ist. Weil Das Paradis diesen unbenannten Zwischenraum zwischen Indie und Pop, zu elektronisch um noch das Wörtchen Rock unterzubringen, obwohl wir alle wissen, dass es eigentlich genannte werden muss, bewohnt und sich zu eigen macht. Das klingt jetzt arg nach musikalischer Villa Kunterbunt und je länger ich darüber nachdenke, desto besser gefällt mir diese Umschreibung.
“Transit” erscheint am 03.06. auf Grönland Records. Die LP steckt in schlichtem Cover, mit bedrucktem Innencover und weil ich anscheinend nicht die einzige bin, die sich drüber freut, ja es sind die Texte abgedruckt. Käuflich erwerben könnt ihr das Vinyl unter anderem hier und wer bock auf Live hat, der findet die Daten und Orte und so weiter hier.