Kennt ihr den Film Crazy Heart mit Maggie Gyllenhaal und Jeff Bridges in den Hauptrollen? Nicht? Na dann, bitte unbedingt kucken! Ein abgehalfterter Countrymusiker trifft auf eine junge Frau und erkennt in ihr die letzte Chance, sein Leben nochmal in den Griff zu bekommen. Klingt jetzt schnulziger, als es tatsächlich ist und was lesen wir in meiner Kurzbeschreibung zwischen und auch in den Zeilen? Die Schlagworte “Country” und “Melancholie” sind gemeint. Das ist insofern wichtig, weil das am 21.06. auf Yep Roc Records erschienene Album “Texicali” von Dave Alvin & Jimmie Dale Gilmore diese Schlagworte geradezu inhaliert hat und das Album an sich damit den idealen Soundtrack für oben genannten Film hätte liefern können, falls das zeitlich drin gewesen wäre.
Umfasste ihr gemeinsames Debüt “Downey To Lubbock” noch die beiden Heimatstädte der Musiker im Titel, wird’s auf diesem Werk schon etwas größer. Wenn ich euch jetzt sage, dass Downey in Kalifornien und Lubbock in Texas liegt, dann könnt ihr euch den Rest ja selbst zusammenreimen. Den Erzählungen nach, müssen ja eigentlich Welten zwischen dem “Golden State” und dem “Lone Star State” liegen. Dave Alvin und Jimmie Dale Gilmore bringen diese Welten auf “Texicana” jedoch äußerst gekonnt unter einen Cowboyhut. Hier tummelt sich alles, was in der amerikanischen Musik(geschichte) Rang und Namen hat. Country, Folk, Blues, undundund.
Um dies zu be- und umschreiben, nehmen wir uns mal drei der insgesamt elf auf dem Doppel-Vinyl vertretenen Songs zur Brust. Da wäre zum einen mein persönlicher Favorit “Broke Down Engine”. Die flotte Bluesrock-Nummer lässt den leider viel zu früh verstorbenen Großmeister Stevie Ray Vaughan wieder auferstehen. Die Finger an der Sologitarre vielleicht nicht ganz so flink, der Vibe dafür umso intensiver. Dazu gesellen sich Tito & Tarantula und hauchen der Nummer noch so ein klitzekleines bisschen Gruselcharakter ein. Hätte einst auch im Titty Twister laufen können, als es dann ganz besonders blutig wurde.
“Blind Owl” bietet uns ein lupenreines ZZ Top – Riff zum mitgrooven an. Im Refrain linst dann tatsächlich noch einer ums Eck, der nicht aus der Neuen Welt stammt. Keine Ahnung, was Mark Knopfler mit seinen Dire Straits hier macht, aber wenn er schon mal da ist… coole Kombi, coole Nummer und wenn die Dire Straits selber solche Songs geschrieben hätten, würden sie mir vielleicht auch nicht ganz so schlimm auf den Zeiger gehen.
“Why I’m Walking” ist eine flotte Countrynummer, die jede*n Saloonbesucher*In bei einem Gläschen Feuerwasser zum lustigen Mitschunkeln animieren wird, sich dabei aber auch offen für andere Stilarten zeigt. Die Leadgitarre zwitschert auf leicht rebellische Art irgendwo zwischen Chuck Berry und Link Wray, womit sie puristischen Countryanhänger*Innen so ein ganz klein wenig und subtil eins vor den Latz knallt. Dass Dave Alvin mit seiner ehemaligen Band The Blasters neben Rockabilly und Blues auch so ein ganz klein wenig Punk war, wird in diesem Song wohl mit am offensichtlichsten. Jimmie Dale Gilmores Ex-Band Flatlanders wiederum gilt als Wegbereiterin des so called “Alternative Country”. Das ist dann wohl auch die passendste Bezeichnung für “Why I’m Walking”, womöglich für das gesamte Album “Texicali”.
Wie gesagt, “Texicali” ist auf zwei Scheiben gepresst und da bietet sich ja eine Gatefold-Version geradezu an. Diese ist mit tollem Bildmaterial und jeder Menge Infos und Songtexten ausgestattet. Entertainment jeder Art wird hier geboten und z.B. von jpc frei Haus an euch geliefert.