„ Da ist kein Licht“ heißt die Scheibe von Die Deislers aus Aachen, eine Kooperation von den drei Labels „Keep it a secret“, „Usedsteel Records“ und „Chopped off Records“. Erschienen ist sie bereits im Oktober 2019 und dreht sich jetzt seit paar Tagen auf meinem Plattenteller.
Musik hat immer was mit Gefühlen zu tun. Musik wird im Idealfall geschrieben, um seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Umgekehrt löst Musik beim Hörer jede Menge Emotionen aus.
Das Problem an Gefühlen ist aber auch, dass sie nicht immer klar zu benennen sind, sie sind oft unentschieden, können wechseln, in das warme Gefühl der Vertrautheit kann sich von jetzt auf gleich Unsicherheit schleichen. Das was zuerst sicher scheint, irritiert plötzlich; der Auslöser für das Unbehagen ist nicht immer leicht zu erkennen.
Aber auch umgekehrt: Man hört etwas, das verstört, das Gesamtbild scheint getrübt. Irgendwie ein ungutes Gefühl. Wieder nicht zu benennen. Eine schlechte Assoziation , die alles folgende wie einen klebrigen Brei überzieht. Man muss kämpfen.
Doch plötzlich ändert sich alles. Es ergibt auf einmal Sinn. Emotionsachterbahn. Das Kämpfen hat sich ausgezahlt.
„Da ist kein Licht“ hat mich stark getroffen. Ich taumel. Chaos im Kopf. Versuche die ausgelösten Befindlichkeiten zu sortieren.
Aber von Anfang an: Platte auf den Teller. Musik an, Herz geht auf. Musik, wie ich sie mag. Klangvoller Punk, die Melodien leicht melancholisch, düster gehalten. Passt ja zum Titel. Geilomat.
Doch dann der Einsatz des Gesangs! Was ist da los? Hat Willi Wucher eine neue Band und singt plötzlich nicht mehr über Bier, Brüste und Fußball? Ach so, deshalb der Name Deisler, war ja ein bekannter Fußballer gewesen. Aber hat der nicht bei Bayern gespielt? Seit wann ist Willi Wucher Bayernfan? Was ist da los?
Im Ernst, beim Gesang hab ich die ganze Zeit Pöbel und Gesocks im Kopf gehabt. Rauh, tief und asozial. Mehr gebellt als gesungen. Ich empfinde erstmal nichts.
Ich höre trotzdem weiter, gebe der Band eine Chance, beschäftige mich mit dem Gesamtpaket.
Das Artwork ist schlicht, aber schön. Schwarze Schrift auf schwarzen Grund. Da ist kein Licht.
Die Texte sind wunderbar intensiv und ehrlich. Abseits vom Punk Einheitsbrei. Sie hadern mit dem modernen Leben, hinterfragen (Rollen-) Klischees. Die Band will Licht im Dunkeln sein. Sie haben eine Botschaft: Geht raus, lebt euer Leben, es kann und wird tödlich sein, aber es ist lebenswert.
Ich höre die Platte mehrmals und ich habe Glück. Die Pöbel und Gesocks Assoziation löst sich auf.
Der Gesang ist immer noch rauh, tief und asozial. Mehr gebellt als gesungen.Aber plötzlich ergibt es Sinn. Das Gesamtbild ist klar zu erkennen. Der klebrige Brei konnte entfernt werden.
I can feel you Bonny Deisler!
Wer melodischen Punk mit gelegentlichen Ausflügen in den Hardcore mag, wer auf intelligente Texte steht, auf D.I.Y. Attitüde abfährt, der ist hier richtig.
Die Stimme ist gewöhnungsbedürftig, aber man sollte sich einfach mal drauf einlassen, denn man kann viel entdecken. Eine feine, recht kurze Schallplatte, die düster daherkommt und trotzdem voller Leben steckt. Vielen Dank an die Deislers fürs Zusenden der Platte.