Wenn ich an Nürnberg denke, werde ich zukünftig nicht mehr nur an Lebkuchen denken (ich hasse Lebkuchen…), sondern auch an Musik. Endlich. An gute Musik, die vorgibt, schlecht zu sein. Das verhält sich etwa so, wie mit den Mitschüler*innen von früher, die nach Klassenarbeiten immer behauptet haben, sie hätten voll verkackt und dann “ganz überrascht” über die 1+ waren, die Sie in ihrem Aufsatz über Meerschweinchen zurückbekommen haben. Endlich Schlechte Musik sind nämlich geil. (Und ich glaube das wissen sie auch, aber ich hasse sie dafür nicht).
Seit 2014 beglücken Basti (Gesang, Rhythmusgitarre), Willi (Drums), Gustl (Songwriting, Leadgitarre) und Alex (vermutlich Bass, denn die Infos hab ich aus einem Radiointerview von RamTaTa, in der ausgiebig das “R” gerollt wurde…gibt es hier) die Menschheit mit ihren musikalischen Ergüssen. Gustl und Alex sind außerdem auch als Akustikduo Endlich Schlechte Akustik unterwegs. Wenn man ESMs Konzerthistorie betrachtet, kann der Eindruck entstehen, die Band ist mehr auf der Bühne als im Bett anzutreffen. Zuletzt konnten sie auf dem Resist To Exist bewundert werden (wo sie an beiden Tagen aufspielen durften und bereits am Tag 1 das Konzert seitens der Behörden abgebrochen werden musste, des isch Punkrock!).
Die 6. Veröffentlichung der Band halte ich heute in Form eines bonbonrosafarbenen Tapes in der Hand. Darauf abgebildet ein zuckersüßer Hund mit dazugehörigem Blick und neben blackmetaleskem (=kaum entzifferbarem) Bandnamen, der Albumtitel in altdeutscher Schrift: A(nti)f(aschistischer)Deutschpunk.
DIY von ESM recorded, DIY von Running Out Of Tape Records auf Kassette gebannt und individuell gestempelt, handelt es sich hier um einen Tonträger aus selbstloser Liebe und dunklem Herzblut.
Ups, hab ich das falsche Tape bekommen? Volksmusik? Ne, Meddl. Ach so ne. Also das ist Endlich Schlechte Musik.
Vielleicht ist es der Dialekt, aber ab sofort verknüpft sich in meinem Kopf rosa mit pink und drei groß aufgeblasene Buchstaben einer Erlanger Fun Metal Band. Allerdings spricht mich die markante Stimme wesentlich mehr an und auch musikalisch und textlich schlenkert sich das Tape dann doch schnell bei Punk ein. Puh…
Und dann erschlägt mich ein Feuerwerk aus grandiosen Texten (welche ALLE, also KOMPLETT auf ihre Bandcampseite nachzulesen sind !!1!elf!) die auf eingängigen Melodien daher galoppieren.
(…) aufrecht, deutsch, wütend, national,
das ist die Mitte der Gesellschaft, Mittelmaß und Mittelstrahl
ich glaube dir nicht, dass du glaubst, dass du kein Nazi bist
Jeder kann glauben was er will, aber ich glaube es dir nicht (…)“Alternativen”
Von den blauen Damen und Herren (“Rock’n’Rohypnol”), Blödmännern und -frauen im Allgemeinen (“Hab Ich doch gesagt”), über Faschos& Fußballfans (“Alternativen”) bekommt hier jede*r mal ihr/sein Fett weg. Natürlich gibt’s auch Sauf-, Kiff- und Gammellieder (aber mit Niveau, “Unsere Lieder”, “Stimmt So!”, “Zechpreller”, “BtMG”)
Ganz formidabel auch “Nach Wie Vor Das Beste Lied Von Dritte Wahl” in Anlehnung an Dritte Wahls “Zeit bleib’ stehen” (das interpretiere ich jedenfalls so und deshalb müsst ihr das glauben) und die Hatehymne über die bayrischen Protodeppen und Deppinen “Gott mit Dir”. Mein Favorit auf dem Album ganz klar: “In der Ruhe liegt die Kraft”
“(…)kein Mensch kann so schön gehen wie du niemand zieht eine Türe schöner hinter sich zu es gibt keinen Menschen auf der Welt dem es besser steht wenn er durch Fenster oder Türe aus einem Zimmer geht (…)”
Joa also, worauf wartet ihr, los geht’s kaufen kaufen kaufen! Und zwar hier bei Running Out Of Tape Records .
Live zu sehen gibt es die vier Nürnberger zum Bleistift am 1.10 im Planet X in Marbach beim ersten Liebliche Klänge Konzert nach der Sommerpause, zusammen mit den schwäbischen Tanzkapellen aus der Provinz: Klaus K!nks, Mofakette und Snackwolf, Oi!