Nils Koppruch war für mich immer entweder Nils Koppruch, oder ein Teil des Duos Kid Kopphausen mit Gisbert zu Knyphausen. Kid Kopphausen hatte für mich die perfekte Balance zwischen Nils und Gisbert. Nie zu viel Gisbert und nie zu viel Nils. Diese sanftmütige, doch irgendwie melancholische Stimme von Nils, die mich immer irgendwie beruhigt hat, wenn ich mal in nervösen Momenten Musik von Kid Kopphausen benötigte. Dann war da noch der Solokünstler Nils Koppruch, der mit den beiden Soloalben “Den Teufel tun” und “Caruso” auch in meiner Vinylsammlung Einzug gehalten hat.
“Den Teufel tun” war Nils’ erstes Solowerk nach überraschender Auflösung seiner Band Fink im Jahre 2006. Überraschend dahingehend, da sie ja nicht unbekannt waren, zwar auch mit Besetzungswechseln zu tun hatten, aber durchaus ein ordentliches Repertoire vorweisen können. Ich selbst habe Fink nie wirklich annähernd Beachtung geschenkt. Bis jetzt. Nun, 25 Jahre nach dem Debüt und der Veröffentlichung von “Vogelbeobachtung im Winter” rund 10 Jahre nach dem überraschenden Tod von Nils erscheint nun ein ganz ganz großartiges Boxset mit allen (!) sechs Alben, die Fink veröffentlicht haben. Die ersten beiden Alben, “Vogelbeobachtung im Winter” und “Loch in der Welt” schaffen es damit zum allerersten Mal auf Vinyl. Wem das Boxset zu teuer ist, und wer sich noch nicht First Press – Besitzer des ein oder anderen Albums nennen darf, die/der hat auch noch die Möglichkeit die Alben einzeln in Schwarz zu erwerben!
Herausgekommen ist das Boxset “‘ne Menge Leute” heute bei Rüdiger Ladwig (Danke Dir, Rüdiger, das Du das möglich gemacht hast!) auf Trocadero Records, die bereits die beiden letzten Fink – Alben “Haiku Ambulanz” und “Bam Bam Bam” veröffentlicht haben. Die einzelnen Ausgaben werden wie bereits erwähnt in Schwarz herauskommen. Diese Werkschau, die auf 500 Stück limitiert ist, bekommt die farbige Extrawurst. “Vogelbeobachtung im Winter” wird es in orange geben. “Loch in der Welt” wird grün. “Mondscheiner” wird blau. “Fink” wird weiß. “Haiku Ambulanz” wird gelb und “Bam Bam Bam” wird rot. Aber als ob das nicht genug wäre, wurden sie in den Soundgarden Studios in Hamburg von Chris von Rautenkranz einem Mastering unterzogen und haben klanglich nochmal einen ordentlichen Zahn zugelegt.
Apropos Beachtung: gerade aufgrund der musikalischen Nähe zu Element of Crime, die sich in vielerlei Hinsicht sehr ähneln, der Zusammenarbeit und der daraus resultierenden Freundschaft beider Bands von der Popkomm 2008 an, sollte Fink eigentlich mehr Beachtung bekommen. Zumindest wurde man beim Label L’Age d’Or, die auch mit Tocotronic, den Aeronauten oder mit Die Sterne zusammengearbeitet haben, auf die Band aufmerksam und veröffentlichten “Mondscheiner” und “Fink”.
Für mich ist ganz klar, dass alle sechs Alben, egal ob es ein eher schlechtes oder ein gutes Album ist (Psst… es gibt kein schlechtes Album von Fink) nichts von ihrer Ausstrahlung, oder eher von Nils’ gesanglicher Ausstrahlung verloren haben.
Ich könnte euch nun auch was über jedes Album schreiben … mach ich aber nicht. Jedes Album steht für sich. Jedes Album ist auf seine Art und Weise großartig. Ich habe lange überlegt, welches der 77 Songs ich euch hier in die Songvorschau packe. Ich habe mich dann für eines von “Haiku Ambulanz” entschieden, weil ich dieses Cover mit dem Mann, der sich kopfüber in eine Schüssel hinab beugt, so großartig finde. Übrigens ist dieses Album und das folgende und letzte Album “Bam Bam Bam” dann bei Trocadero erschienen. Und so schließt sich der Kreis mit der Veröffentlichung aller Alben als einzelne LPs und als farbiges limitiertes Boxset eben bei Trocadero!
Ein paar Infos zur Band: Die Band entstand 1996, zunächst als Duo, dann als Trio. Zunächst durften sie als Vorband von Lambchop spielen. Es folgten Konzerte mit 16 Horsepower, Die Braut haut ins Auge (was ein Name), The Jayhawks und Hank McCoy & The Dead Ringers. 1997 erschien dann “Vogelbeobachtung im Winter” auf dem XXS Records – Label. Hierbei kam in der Musikpresse die Frage auf, ob deutschsprachige Country-Musik mit anspruchsvollen Texten möglich sei. Und ja, es war möglich. 1998 folgte schon das zweite Album “Loch in der Welt”, auch auf XXS Records, und auch die schon angesprochene Freundschaft und Zusammenarbeit mit Element of Crime. Die Band wuchs personell durch Andreas Voss am Bass weiter an. Thorsten Carstens und Hauke Evers, die mit Nils Koppruch die Band gegründet hatten, verließen die Band relativ schnell wieder, jedoch fanden sich mit Dinesh Ketelsen und Henning Wandhoff wieder neue Protagonisten. Auch befreundete Gastmusiker, wie z.B. Martin Wenk von Calexico, stießen bei Aufnahmen oder auf Konzerten zur Band. 1999 erschien dann “Mondscheiner” und ein Jahr später “Fink” auf L’age D’or, bevor sie dann 2003 und 2005 ihre letzten Alben “Haiku Ambulanz” und “Bam Bam Bam” auf Trocadero veröffentlichten. Die letzten beiden Alben dokumentierten ein immer deutlicheres Abrücken der Country-Einflüsse, hin zu Rock, Funk und anderen Einflüssen. 2006 gab es dann die endgültige Mitteilung über eine Auflösung der Band Fink, da ein weiteres Bestehen der Gruppe nur mit personellen Um- bzw. Neubesetzungen möglich gewesen wäre.
Zu erwerben ist die Fink – Box direkt bei JPC. Und auch beim Grand Hotel Van Cleef. Und sicher auch bei eurem Plattendealer des Vertrauens!
An dieser Stelle auch nochmal ein “Herzliches Dankeschön” an Kathrin Wagmüller, die sich solch eine Mühe gegeben hat uns eine Rezension dieser Werkschau zu ermöglichen!
Viel Spaß beim Hören und Entdecken!