G.RAG Y LOS HERMANOS PATCHEKOS – Trash Folk aus München
G.RAG Y LOS HERMANOS PATCHEKOS stammen aus München und spielen Cumbia, einen Musikstil der einst mit den afrikanischen Sklaven nach Kolumbien kam und sich dort mit indianischen und spanischen Elementen mischte. Die Band besteht aus aktuell vierzehn Mitgliedern und wurde 1999 gegründet. Eine überregionale Bekanntheit erlangte die Band durch Franz Xaver Bogners Fernsehserie „München 7“ zu der G.RAG Y LOS HERMANOS PATCHEKOS von der ersten bis zur vierten Staffel die Musik beisteuerte.
G.RAG Y LOS HERMANOS PATCHEKOS setzen auf Kinder
Die Tage jährt sich der Kriegsbeginn zwischen der Ukraine und Russland zum zweiten Mal und die Nachrichten sind voller Meldungen von Kriegen, Konflikten und Krisen. Keine schöne Zeit für Kinder, die in diesen Zeiten aufwachsen müssen. Und doch setzen G.RAG Y LOS HERMANOS PATCHEKOS mit “Esperanza” (zu deutsch Hoffnung) mit ihrem Album auf die Kinder und das Prinzip Hoffnung – ein wagemutiger Schritt und ein Statement.
G.RAG Y LOS HERMANOS PATCHEKOS – vom Punk zum Cumbia
Die treibende Kraft hinter der Band ist Andreas Staebler, der den Plattenladen Gutfeeling Recordstore und mit Daniel Kappla das Label Gutfeeling Records betreibt, auf dem die Releases von G.RAG Y LOS HERMNOS PATCHEKOS und befreundeten Bands erscheinen.
Die Band, die sich Ende 1999 gründete, war von Beginn an hauptsächlich vom DIY der Punkbands oder der 90er-Jahre-Hardcore-Bands geprägt. Der Wunsch nach Veränderung und dem Neuen motivierte die Gruppe aber schnell, sich in die Richtung Lo-Fi Orchester mit ganz eigenem Sound zwischen Swing, Cumbia, Folk, Latin und Punk zu entwickeln. Die eigentliche Grundbesetzung der HERMANOS PATCHEKOS besteht aus einer unerschütterlichen Rhythmus-Gruppe aus vier Percussionisten und einem Kontrabass. Das Ganze scheppert sehr südlich. Dazu kommen die Patcheko-Horns, drei Gitarren, ein Akkordeon, ein Crooner und drei Sänger.
Warum kann sich im Süden der Republik ein solches Universum entwicklen und genießt dort völlige Narrenfreiheit mit solchen Anarcho-Angriffen auf die Zuhörerschaft? Vermutlich, weil der Großteil der Wichtigtuer bei relevanter Musik aus dem Independent-Bereich immer noch nach Hamburg und Berlin schaut. Diesen Menschen sei gesagt, löst euch von dieser Denke: im Süden spielt die Musik!
G.RAG Y LOS HERMANOS PATCHEKOS – Esperanza ist vertonte Freude
Bereits die ersten Noten machen deutlich, warum es eine ganze Kapelle braucht, um diesen eigenwilligen Sound zu erzeugen. Rhythmus und Melodie stehen klar im Vordergrund, aber es gibt viele musikalische Kleinode zu entdecken, die man beim Durchhören einsammeln kann.
So ist “Life in Distance” als erste Single von “Esperanza” ein UpTempo Punkrock-Song, mit einer tiefen Verbeugung vor Jello Biafra (Dead Kennedys) und eine Rückkehr zu den eigenen Punk-Roots. Es geht um das Abstandhalten während der verdammten Pandemie und die unüberhörbare Freude, sich mittlerweile im Knuddelmodus zu befinden. Ein kurzer Stomper und es geht direkt weiter in den “Distance Dub” mit Zydeco-Akkordeon und Surf-Gitarre, der sofort in Distance Dub mit psychedelischer Barrio-Jam mit Dub-Elementen übergeht. Eine wunderschöne Idee.
Das Titelstück “Esperanza” ist ebenfalls ein Beispiel, wie geschickt die Band den Rhythmus, Melodien und diese akustischen Perlen einbaut. Mal klingt ein Akkordeon durch, dann eine Surf-Gitarre und immer diese überschwängliche Spielfreude – herrlich. Irgendwo im Nirvana zwischen 2Step und Rocksteady.
“Cumbia Yerba” hat ein absolut sehenswertes Schwarz-Weiß-Video, die Sequenzen aus der britischen SciFi-Marionetten-Serie “Firewall XL 5” zeigt. Und “Cumbia Yerba” ist ein Hit. Die langsame, fast schleppende Cumbia erhält im typischen Patcheko-Gewand ein klimperndes Banjo, zwitschernde Guiro oder ein reduziertes Akkordeon. Zu den Blechbläserfanfaren geben G.Rag und Willy Luiza ein Duett, in dem sich alles um Küchenschränke und Marijuana dreht.
G.RAG Y LOS HERMANOS PATCHEKOS – Kulturelle Bewunderung
“Esperanza” ist die unvergleichliche Mischung aus süd- und mesoamerikanischer Populärmusik, aus Folk, Jazz, Country, Punk und allem, was man noch so findet. Dabei hört man die kulturelle Bewunderung und Respekt für die Wurzeln der Musik aus jeder Rille heraus.
Wer Lust auf Neues hat, sich auf den kommenden Frühling vorbereiten möchte oder Fan der Band ist, hier heisst es zuschlagen und sich ein wenig Hoffnung auf den Plattenteller holen. Das perfekte Album für Menschen ohne Ohrenstöpsel.
Vinyl ist für mich nicht nur Musik, sondern ein Erlebnis. Die von mir beschriebenen Alben, habe ich alle ausgepackt, angeschaut und angehört. Gerne auch mehr als ein Mal. Bei den Reviews mache ich mir immer ein eigenes Bild durch entsprechende Recherche und das konzentrierte Anhören. Das ist meine Art den Künstlern entsprechende Wertschätzung für ihre Kreativität und Kunst entgegenzubringen.
So kann es vorkommen, dass zum Zeitpunkt des Erscheinens, die Platten in seltenen Fällen vergriffen sind.
Dazu gibt es für mich keine Alternative: über Platten schreiben, in dem man die Pressetexte abschreibt ohne die Platte in den eigenen Händen gehalten zu haben, macht für mich keinen Sinn. Danke für euer Verständnis. Lagartija Nick.