„Für das vierte Album von Ghostwoman gibt es keinen Grund zu existieren.“ Rumms! So steht es da geschrieben, gleich im ersten Satz vom Promozettel. Na wenn das so ist, dann kann ich die Arbeit ja eigentlich direkt wieder einstellen. Allerdings beschleicht mich so ein wenig der Verdacht – und das nicht zum ersten Mal! – dass hier von irgendeinem Google Übersetzer oder sonstiger KI fehlerhaft übersetzt wurde. Da lobe ich mir doch meinen Englisch-LK, in dem ich noch vom guten alten Herr D., also einem echten Menschen, auf den rauen Alltag vorbereitet wurde. Gleichzeitig hoffe ich, dass ich mit meiner Vermutung über die künstliche Übersetzung keiner Promo-Agentur auf die Füße trete und ja, es kommt ja dann auch noch eine Erläuterung des Ganzen. Zwar auch recht holprig übersetzt, aber die Rechtfertigung – sofern es dieser bedarf – für das Album liege wohl darin, dass Ghostwoman eine Reaktion auf die schwierigen Zeiten, in denen wir leben, haben zeigen wollen. Oder wie Mastermind Evan Uschenko es darstellt: die Platte habe den Sinn, aus Mangel an Alternativen einfach weiter zu machen.
Also doch Arbeit. Mach ich aber gerne, schließlich liegt mit „Welcome To The Civilized World“ ein 1A-Album auf meinem Plattenteller. Dieses klingt so dermaßen Underground, wie es sich auch optisch präsentiert. Ich hatte selten bis nie so viel Müh‘ und Not, meine obligatorischen sechs Bilder für ’nen Beitrag abfotografieren zu können. Tatsächlich ist das, was ihr unten sehen könnt aber alles, was dazugehört. Ghostwoman erwecken den Eindruck, sich gerne in Intransparenz hüllen zu wollen. Die Texte selbst seien laut Uschenko größtenteils Nonsens, der Gesang ohnehin nicht wichtig (auch wenn er nach den Charlatans klingt – Anm. d. Red.). Puh, jetzt wird’s ja doch noch ein richtig hartes Stück Arbeit.
Da wird’s dann wohl am besten sein, wenn wir uns an den offensichtlicheren Details entlanghangeln. Klingt nach Underground, hab‘ ich gesagt. Und damit den Sound gemeint. Am weitesten vom Underground entfernt scheinen da noch Songs wie „Alive“ zu sein, eine astreine Gitarrenrocknummer à la R.E.M., die aber in der Bridge das andeutet, was ansonsten noch am ehesten der Konsens auf „Welcome To The Civilized World“ ist. Die Gitarre bratzelt und knistert und womöglich haben Ghostwoman ihre Membranen à la The Kinks einfach nur mit dem Bleistift durchlöchert, um das hier hinzubekommen?!
Wo die britischen Soundpioniere die Garage aber für eine Party genutzt haben, macht das kanadisch-belgische Duo, komplettiert durch Ille Van Dessel, viel lieber einen auf Psychedelic in der Garage. „From Now On“ verliert sich trotz gerade einmal 3:35 Minuten Spielzeit in psychedelischen Sphären wie „The End“ von den Doors. Ein Kunststück, das Ghostwoman da gelingt. Die Band ist kompakt und ausufernd zugleich, das Album dadurch gleichermaßen ein Hörgenuss für den Abend und für Zwischendurch.
Ein Surfbrett hängt dann auch noch an der Garagenwand. Alt, verstaubt, Underground. Für den „Song For Sunny“ wird es abgehängt. Und doch kann ich mir Ghostwoman nicht so recht den Wellen trotzend unter der heißen Sonne Kaliforniens vorstellen. Vielmehr bedienen sie sich dessen, wonach ihnen der Sinn steht – coole „Desert Sessions“-Nummer („Anhedonia“) by the way – um sich trotzdem selbst treu zu bleiben.
Bleibt mir zu sagen, mir hat die Arbeit mit „Welcome To The Civilized World“ (VÖ: 5.09. auf Full Time Hobby) wirklich Spaß gemacht und zum Vergnügen gehe ich dann am 18.11. sehr gerne in die nahe gelegene Manufaktur nach Schorndorf, um Ghostwoman dort live zu erleben. Weitere Termine in D sind die folgenden:
10.11. Köln – Gebäude 9
11.11. Hamburg – Molotow
12.11. Berlin – Festsaal Kreuzberg
13.11. Leipzig – Moritzbastei
17.11. München – Live/Evil
Hingehen, vorher Platte kaufen, wahlweise auch dort oder danach, z.B. bei jpc.





