Nach all den krachigen Gitarren, die ich in letzter Zeit beim Keks rezensieren durfte, ist das hier ja fast schon eine Wohltat. Nein, ist so nicht ganz korrekt. Besser so: man will ja nicht jeden Tag Spaghetti mit Pesto essen. Zwischendurch mal was mit Hummus ist doch auch ganz geil. Ich liebe krachige Gitarren. Ich mag aber auch das hier, „Breath And Air“. Die Urheberin dieses sanften und anschmiegsamen Stücks Musik muss eigentlich nicht mehr vorgestellt werden. Heather Nova ist mit ihrem 13. Studioalbum zurück. Und wie schon die zwölf mal zuvor, ist auch dieses Album hier eine, ja dann halt doch, eine wahre Wohltat.
Schon der Opener „Hey Poseidon“ mit seinen straighten und doch schwelgerischen Drums, den Tasten und der unverkennbaren Stimme von Heather Nova erzeugt so ein klein bisschen eine Mischung aus Gänsehaut und Pipi in den Augen. Etwas naiv, vielleicht auch etwas weltfremd, könnte man eigentlich meinen, die Singer-Songwriterin sollte doch eigentlich ob ihrer Herkunft Bermuda weitaus mehr Sommer-Sonne-Partylaune verbreiten müssen. Aber das ist vielleicht einfach etwas zu sehr Ibiza gedacht und außerdem hat sich Heather Nova für die Aufnahmen zu „Breath And Air“ für vier Wochen und zusammen mit Produzent Chris Bond nach Devon/UK zurückgezogen.
Da mag dann vielleicht eher Regen statt Sonne gewesen sein – Inspiration habe es dennoch mehr als genug gegeben. Herrliche Lichtspiele über den Tag verteilt, oder gar einen Albino-Fasan. Und so ergaben sich 13 herrliche Songs, die zum Zurücklehnen, zum Treiben lassen, aber auch zum Nachdenken anregen können. Je nach Ansichtssache und/oder Bedürfnis mag dies in lausigen Zeiten wie diesen sogar mehr wert sein, als ein Partykracher. Und Partykracher ist eh eine äußerst subjektive Angelegenheit.
Heather Nova jedenfalls mag sich lieber mit den tieferen Themen des Lebens beschäftigen. Die Musik dazu wirkt wie ein vorgehaltener Spiegel. Liebe, Verlust und Sehnsucht seien die treibenden Kräfte auf „Breath And Air“. Dass Heather Nova nicht nur eine hervorragende Musikerin, sondern auch eine ausgezeichnete Lyrikerin ist, beweisen sämtliche, auf der bedruckten Innenhülle abgebildeten Texte. Und so gelingt ihr mit „Breath And Air“ erneut ein geniestreichähnliches Gesamtkunstwerk. Betonung liegt auf „Gesamt“, denn die Platte entfaltet ihr ganzes Können v.a. dann, wenn man sie am Stück auf sich wirken lässt. Und so kommt es, dass ich zum ersten Mal im Leben das Medium Schallplatte verfluche, zwingt mich dieses doch unumgänglich, den Flow zu unterbrechen, um die Seite zu switchen.
Heather Nova entschädigt mich mit dem wunderschönen „A Human Experience“. „We’re having a human experience. Here on this spinning ball. Our eyes are half open. We can’t see it all.“ So simpel, so schön, so wahr, so universell, auch wenn gewisse Menschen und Präsidenten das anders sehen mögen. Statt Blödsinn machen: lieber „Breath And Air“ hören!
Von V2 bereits am 21. Februar im Gatefold und in dreierlei verschiedenen Vinylfarben veröffentlicht, ist Heather Novas „Breath And Air“ z.B. bei jpc erhältlich.