Vor ein paar Jahren durfte ich mit meiner Hardcore-Combo Nakam (R.I.P.) für drei Konzerte Israel bereisen. Headquarter während dieser Tour war Tel Aviv. Dort wurde gewohnt, dort wurde gefeiert, dort wurde geurlaubt und dort fand eines der drei Konzerte statt. Am wichtigsten aber, dort konnten wir die kleine, aber feine Punkszene des Landes erleben. Gemessen an der Größe der Stadt war und ist diese zwar recht überschaubar, aber jede*r in dieser Szene ist mit Herz und Leidenschaft dabei. Bei allem, was Spaß macht, aber auch bei allem, was an notwendiger Arbeit anfällt. Beeindruckend.
Eben aus dieser Szene stammen auch Helem. So beeindruckend wie ihre heimische Szene ist auch deren zweiter Longplayer “Black Sheep”. Von Anfang an Vollgas mit den Melodien der Descendents, der Geschwindigkeit von RKL, der Attitüde der Adolescents und der Härte von T.S.O.L.. Das Ganze in zwölf Akten, sprich Songs. So viel vorneweg, nicht umsonst habe ich hier vier Vertreter von der West Coast als Referenz gewählt und wer melodischen Hardcore-Punk mag, wird Helem lieben. Abgedroschene Phrase, ja ja ich weiß. Aber es ist nun mal so!
Beeindruckend das Ganze. Beeindruckend war für mich damals auch die schiere Überpräsenz von MP’s und sonstigen Handfeuerwaffen (v.a. in Jerusalem) in diesem Land. Diese sollten zwar der Sicherheit dienen, erzeugten aber bei einem wie mir, der ein M16 allenfalls aus einem überproduzierten Hollywood-Streifen kennt, das absolut gegensätzliche Gefühl und verbildlichten diesen dauerschwelenden Konflikt in Nahost an quasi jeder Straßenecke.
Helem stehen für Frieden auf dieser Welt, vor allem und logischerweise natürlich im Nahen Osten, diesem faktisch Jahrtausende alten Krisenherd, aus dem sie stammen. In ihrer Message zeigen sie sich absolut kritisch gegenüber dem Handeln der eigenen Regierung. Helem wollen zunächst den Dreck vor der eigenen Haustür wegkehren, bevor sie den schwarzen Peter automatisch den anderen zuspielen. Auch das finde ich irgendwie beeindruckend, habe ich damals in Israel doch selbst von Straßenpunkern Aussagen vernommen, wonach es doch selbstverständlich sei, den militärischen Verpflichtungen gegenüber seinem/ihrem Land nachzugehen.
Ohne dass ich diesem Review nun zu viel Politik mit auf den Weg geben will, zumal es sich hier um ein politisches Verständnis samt seinen weitreichenden tagtäglichen Folgen handelt, dessen Tiefe ich nach sieben Tagen Israel noch nicht mal im Ansatz zu begreifen in der Lage bin: Helem sind politisch. Abermals beeindruckend, wie deutlich sie Stellung beziehen – und dabei Gefahr laufen könnten, laut dem oben erwähnten Straßenpunk, selbst im eigenen Lager nicht nur auf Wohlwollen zu stoßen.
Und während all meinem mutmaßenden Geschwafel legen Helem hier nebenbei noch einen oben drauf. Herrliche Metalkante, die da gerade aus den Boxen schallt. Marke Trashmetal. Geile Band, sagte ich schon? Unbedingt auschecken. Eine ganze Armada an Labels veröffentlichte “Black Sheep”. Klar, kann ich nachvollziehen. Hätte ich ein Label, würde ich da auch mitmischen wollen. Mitgemischt haben: Abbruch Records, Angry Voice, Brigada Caoz, Emergency Records, Fire And Flames Music, HC4LZS, Pauli Punker Records, Punk’n’Loud Records und Solidarity Records. In hiesigen Gefilden dürfte wohl Fire And Flames Music euer Ansprechpartner für den Erwerb von “Black Sheep” sein.
Wie auch schon auf ihrem Debüt “Habgida Hagdola” (by the way: unbedingt ebenfalls auschecken!) liefern uns Helem ihre auf Hebräisch vorgetragenen Texte auf dem Inlay dankenswerterweise auch auf Englisch. Logisch, ihre Message wird dadurch universeller und ja, es sollte auch weltweit wahrgenommen werden, was diejenigen zu sagen haben, die einen der ältesten Konflikte auf dieser Erde von Geburt an direkt miterleben. Besorgt euch “Black Sheep” und hört Helem.