Die Jungs von The Entrepreneurs haben im Februar 2021 ihr zweites Album “Wrestler” veröffentlicht. Für unseren Redakteur Thomas (aka Lagartija Nick), der hier über das Album geschrieben hat, war es eine Ehrensache, die Band persönlich in einem Interview kennen zu lernen. Freundlicherweise standen ihm alle drei Mitglieder des dänischen Trios dafür zur Verfügung. Wie die Jungs zu ihrem Album und einigen anderen Dingen stehen, lest ihr hier.
Vielleicht eine seltsame Frage zu Beginn, aber aus welchen Gründen heißt das Album “Wrestler”? Gibt es eine tiefere Bedeutung dahinter?
Jonas: Es ist ein gut aussehendes und klingendes Wort (…auch wenn der Sport es nicht ist). Alle haben etwas, mit dem sie im Alltag ringen. Und das schließt uns ein. Also hatten wir das Gefühl, dass es ein passender Titel ist, da sich ein Großteil der Texte um unsere persönlichen Kämpfe dreht und den Zustand widerspiegelt, in dem wir uns zu der Zeit befanden.
Ich verstehe und ich mag die Bedeutung. Gibt es irgendwelche Dinge im Moment, in denen ihr als Band oder in Person mit euch ringen müsst? Ich meine, ihr habt ein großartiges Album gemacht und ihr solltet stolz auf dieses Baby sein.
Anders: Ich finde, die Musik ist die eine Sache – die andere ist, einfach zu versuchen, in einer verrückten Welt das Niveau zu halten. Ich habe tatsächlich das Gefühl, dass die Entstehung dieses Albums das war, womit wir am wenigsten zu kämpfen hatten. Es war ein Weg, loszulassen und über die Kämpfe nachzudenken, denen wir gegenüberstehen. “My Idea” zum Beispiel ist für mich eine Möglichkeit, die Idiotie zu beleuchten, eine Waffe in die Hand zu nehmen, um andere Leute davon zu überzeugen, dass deine Meinung die richtige ist.
Im Review habe ich festgestellt, dass “Wrestler” einfach ein großartiges Album ist. Mich würde interessieren, wie ihr nach dem erfolgreichen Debüt “Noise & Romance” mit “Wrestler” so einfach einen Nachfolger veröffentlichen konntet, der noch besser ist und keine Schwächen des “schwierigen” zweiten Albums aufweist?
Anders: Ich denke, einer der Hauptgründe war, dass wir keinen Druck verspürten, den “perfekten” Nachfolger zu “Noise & Romance” zu schaffen. Wir hatten das Gefühl, dass wir mit “Noise & Romance” die Tür zu einem wirklich interessanten musikalischen Universum geöffnet hatten und wir wollten sehen, wie tief der Kaninchenbau ist. Der Entstehungsprozess von “Wrestler” war für uns ganz natürlich und fühlte sich sehr befreiend an.
Ihr könnt euch glücklich schätzen, keinen Druck zu spüren. Viele Bands hatten mit ihrem zweiten Output zu kämpfen. Das Album hat auf mich einen sehr reifen und kreativen Eindruck gemacht. Gibt es einen Grund, warum euer zweites Album schon solche Attribute aufweist?
Mathias: Die Zeit ist dein Freund und Feind. Du wirst weiser, bist aber näher am Tod (lacht). Je länger man etwas tut, desto bequemer wird man. Und man stößt an seine Grenzen, so dass das kreative Spielfeld größer wird. Ich denke, wir lernen jedes Mal eine Menge, wenn wir spielen, sowohl live als auch im Studio. Bei “Wrestler” gab es einen starken Drang, mehr von uns selbst zu geben, auch mehr persönliche Dinge. Ich denke, die Texte zeigen das und wir sind mit dem Ergebnis zufrieden.
Guter Punkt Mathias. Welche Reaktionen gibt es nach der Veröffentlichung von “Wrestler”? Wie werdet ihr in den Medien wahrgenommen und sind euch diese Dinge wichtig?
Anders: Am Anfang denke ich, dass es uns viel bedeutet hat, wie die Presse und die Medien unsere Musik aufgenommen haben und wie darüber geschrieben wurde. Aber an diesem Punkt unserer Karriere denke ich, dass es viel wichtiger ist, dass wir erkunden, was diese Band sein kann – rein um unser selbst willen. Es ist der absolut beste Weg für uns als Band. Und der beste Weg für uns, Musik zu machen, die wir lieben. Wenn die Presse es auch liebt – cool!
Wie läuft der kreative Prozess des Songwritings für euch ab? Müsst ihr in einer besonderen Stimmung zusammenkommen oder an einem besonderen Ort arbeiten?
Mathias: Ein Entrepreneurs-Song kann auf viele Arten zum Leben erwachen. Ich denke, das ist ein ganz klassischer Prozess, da gibt es nichts Besonderes. Manchmal hat einer von uns eine Idee, die wir ins Studio mitbringen und dann arbeiten wir gemeinsam daran. Ein anderes Mal spielen wir einfach und sehen, was passiert. Was die Texte angeht, hat es sich verändert: Vorher ga es Sounds, von denen wir hofften, dass sie irgendwie Sinn ergeben zu Texten, die wir durchdenken. Jetzt bringen wir die Texte an einem viel früheren Punkt des Songwritings ein und das fühlt sich gut an.
Jonas: Manchmal finden sehr alte Songs ihren Weg zurück ins Leben, nachdem sie vergessen oder beiseite gelegt wurden. Wir haben uns neulich darüber unterhalten, dass manche Songs nach fünf Jahren im Mülleimer nur noch schwer zu spielen sind. Aber das Tolle ist, dass man sie wieder zum Leben erwecken und instandsetzen kann wie ein altes Fahrrad oder etwas Rostiges. Ich habe eine große Vorliebe für so etwas. Man hört die Songs Jahre später auf eine ganz andere Art und Weise.
Ja, da stimme ich dir zu und ich stelle fest, das Songwriting kein Hexenwerk bei The Entrepreneurs ist. Für mich als Autor ist es schwer zu verstehen, wie man als Gemeinschaft in einen kreativen Prozess einsteigen kann.
Wie dem auch sei: Stimmt ihr zu, wenn es in der Rezension heißt, dass es in euren Songs viele versteckte Melodien gibt – ganz im Stil von My Bloody Valentine und The Jesus and Mary Chain, die auch süße Melodien hinter einer “Wall of Noise” verstecken?
Mathias: Du hast gute Ohren! (Danke, ich nehme das als Kompliment; Thomas). Wir lieben schöne Melodien – wer tut das nicht?. Aus unserer Sicht wird eine Melodie noch schöner, wenn sie von Klängen und Akkorden begleitet wird, die man nicht erwarten würde. Es muss eine Art Widerstand geben, also muss sich die Melodie durchkämpfen, die Ziellinie erreichen und schließlich als Sieger hervorgehen.
Ehrlich gesagt bin ich ein großer Fan von My Bloody Valentine und The Jesus and Mary Chain, wegen ihrer Art, Songs zu schreiben und zu spielen. Aber die Art der Erklärung eröffnet mir eine neue Art, die Songs zu betrachten. Und die Formulierung, dass die Melodie gegen einen Widerstand ankämpfen soll, ist ein ziemlich gutes Bild. Denkt ihr, dass ihr – gerade für die nähere Zukunft – diesen Stil verstärken werdet oder in etwas ganz anderes ausbrechen werdet?
Anders: Es ist auf jeden Fall etwas, das wir im Moment sehr faszinierend finden, und ich denke, das ist etwas, das wir auf den kommenden Alben noch weiter erforschen werden. Im Zusammenspiel von Schönheit und Disharmonie passieren sehr interessante Dinge.
Okay, lasst uns ein bisschen in die Vergangenheit gehen. Ich habe beim Recherchieren für die Rezension gelesen, dass ihr in den Staaten unterwegs gewesen seid. Nicht typisch für eine unbekannte junge dänische Band. Was war eure Motivation, über den Ozean zu fahren und welche Rolle spielte der Besuch in den USA in Bezug auf das Album?
Anders: Ursprünglich war es als Urlaub gedacht, aber es endete damit, dass es ohne unser Wissen der Ausgangspunkt für “Wrestler” wurde. Wir hatten das Glück, uns das Studio eines Freundes ausleihen zu können und konnten dort kreativ sein und mit Ideen herumspielen, während wir dort waren. Außerdem hatte die ganze Erfahrung, North Carolina zu sehen, einen großen Einfluss auf einige der Texte und den gesamten Sound und Stil des Albums.
Jonas: Ich denke, es hatte auch einen Einfluss auf unsere persönliche Beziehung – wie wir als Freunde miteinander auskommen. Zu der Zeit waren wir so viel unterwegs und hatten nie die Möglichkeit, mal abzuschalten und zu chillen. In den USA taten wir das und wir haben viel davon mit nach Hause genommen. “Wrestler” entstand zum Teil deshalb, weil es auf der Reise mehr darum ging zu entspannen und abzuhängen – einfach mal Freunde zu sein, anstatt sehr fixiert und fokussiert auf das Produzieren und Schreiben eines Albums zu sein. Die entspanntere Herangehensweise gab uns mehr Raum, um zu experimentieren und die Inspiration frei fließen zu lassen.
Das klingt wirklich nach Spaß. Wenn ihr noch ein bisschen weiter zurückgeht, was waren eure Idole in eurer Kindheit?
Anders: Wir werden kollektiv von Helmet, Korn und anderen ähnlich harten Bands inspiriert.
Wow, interessant, weil das nicht mit eurem Stil übereinstimmt. Kommen wir zu einer einfachen Frage: Warum habt ihr den Bandnamen “The Entrepreneurs” gewählt?
Jonas: Mathias und Anders haben sich den Namen ausgedacht, bevor sie die Musik für die Band gemacht haben. Ich glaube nicht, dass irgendwelche tieferen Gedanken dahinter steckten, außer, dass es sich gut anhörte und dass es schrullig war, den Namen der Band festzulegen, bevor sie irgendwelche Songs geschrieben hatten.
Anders: Der Bandname entstand zu einer Zeit, als Mathias und ich in einer anderen Band waren, während einer klassischen Late-Night’n’Red-Wine – und wir beschlossen irgendwie genau dort und dann, dass dies der Name sein würde, wenn wir jemals eine neue Band machen würden. Viele Jahre später, als wir anfingen, Songs zu schreiben, sprachen wir über den Namen und hatten einfach das Gefühl, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist.
Ok, das ergibt Sinn. Um zu einem anderen Punkt zu kommen: Wie schwierig ist es für euch, im Moment auf Konzerte zu verzichten?
Anders: Zu Beginn des Lockdowns hier in Dänemark im März 2020 kamen wir ganz gut damit klar. Es erlaubte uns, uns auf die Arbeit im Studio zu konzentrieren. Jetzt, denke ich, sind wir alle ein bisschen frustriert – wie Windhunde, die gezwungen sind, im Stall zu bleiben. Wir wollen wirklich rausgehen und “Wrestler” live spielen und wieder Leute treffen!
Ich denke, fast alle, die Musik mögen, fühlen das Gleiche und warten darauf, die Hunde rauszulassen. Mit der unbekannten Zukunft vor Augen, was sind eure nächsten Schritte? Was würdet ihr gerne machen? Habt ihr Pläne?
Anders: Hoffentlich auf Tour gehen und “Wrestler” vor einem Live-Publikum spielen – ein paar deutsche Biere trinken und eine gute Zeit haben! Abgesehen davon arbeiten wir ständig an neuer Musik. “Wrestler” wird irgendwann einen kleinen Bruder oder eine kleine Schwester brauchen.
Wir hatten schon (0) hier im Interview – eine tolle dänische Band. Dänemark gehört zu Skandinavien, wo eine Menge Metal herkommt. Warum seid ihr keine Metalband geworden und was haltet ihr von der dänischen Metal-Szene?
Anders: Nun, wir sind nicht in der Lage, schnell genug zu spielen. Eines Tages vielleicht. Aber weißt du: Jemand muss in der heutigen Zeit auf der Seite der Rockmusik stehen. Ich persönlich liebe Heavy Metal und ich denke wirklich, dass die Szene floriert – es ist großartig.
Eine weise Antwort, mein Freund. Und es gibt keine besseren Worte am Ende, als “es ist großartig!” Hey Guys, ich habe das Interview mit euch wirklich genossen und ich hoffe, in naher Zukunft einige neue versteckte Melodien von euch zu hören. Bleibt gesund.