In meiner Jugend hieß Noise-Rock noch No Wave bis man 1981 nach dem Noisefestival in New York vom Noise Rock sprach. Es brachte wundervolle Bands hervor wie die famosen Swans, die Gitarrengötter Sonic Youth, die australischen Revoluzzer der Birthday Party, aber auch die omnipräsenten Einstürzenden Neubauten. Heute würde ich Grunge, Shoegaze, Post-Rock und Rock zur Beschreibung des Noise-Rock-Genres dazu zählen.
Die Noise Rocker von The Entrepreneurs mit „Wrestler“ stehen heute auf dem Plan und ich bin total gespannt auf eine mir bis dato nicht bekannte Band. Eine Band aus Dänemark, wo es in meinem Klischee-Bewusstsein nur glückliche Menschen in Holzhäusern gibt, die entweder Zimtschnecken oder Hot Dog essen – quasi das Paradies. Und von genau da kommen The Entrepreneurs und legen mit „Wrestler“ das bereits zweite (schwierige) Album vor. Ich habe mir im Zuge der Rezension das erste Album „Noise & Romance“ besorgt und stelle begeistert fest, die drei sympathischen Jungs brechen nicht vor der Bürde des Zweitwerks zusammen, sondern machen da weiter, wo sie mit dem Debut aufgehört haben. Ganz im Gegenteil, die Musik scheint wie von selbst gekommen zu sein. Nichts klingt erzwungen, das Werk klingt nach schwebender Leichtigkeit, überschäumender Lebensfreude und dem unbändigen Willen sich in keiner Genre-Ecke festlegen zu wollen. Ähnlich wie bei den großen My Bloody Valentine, Lush oder The Jesus & Mary Chain finden sich hinter den Noise-Vorhängen Perlen von Melodien, welche Sänger Mathias mit einer hellen, wunderschön zerbrechlichen Stimme zu kleinen Kunstwerken macht.
Nach Aussagen der Band war man Ende 2017 in den Vereinigten Staaten in North Carolina unterwegs. Als Inspiration für „Wrestler“ nennt man die Dualität zwischen den progressiven Werten und Programmen, die Seite an Seite mit den mit der Südstaatenflagge geschmückten Pickups, in Koexistenz standen. Hier trugen die Leute Schrotflinten. Das alles nährte das Bild des Albums – die Dualität zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Sowohl der Gesellschaft als auch des einzelnen Individuums.
Ich möchte exemplarisch drei Songs herausgreifen. Es hätten andere Songs sein können, sind aber diese Songs geworden. „Sweet“ war laut der Band der erste fertige Song des Albums. Er entstand noch 2017 im voran beschriebenen Kontext auf dem US-Trip der Band. Aufgenommen in den Alex Maiolos Studios zeigt „Sweet“ eine spröde, porzellangleiche Schönheit der Melodie unter den Noise-Effekten. Der Gesang veredelt den Klangteppich und den Wall of Sound und macht es zu einer zuckersüßen Zimtschnecke in einer dänischen Bäckerei.
In „Cinnamon Girl“ besingt Sänger Mathias seine Tochter. Hier lassen sich The Entrepreneurs gleich von einem kleinen Chor unterstützen, der ebenfalls diese magische Stimmung aufnimmt und verstärkt. Auch dieser Song hat die Schönheit eines gefrorenen Schneekristalls an der Scheibe, der jede Sekunde seines Daseins genießt, bevor ihn das unvermeidliche Ende ereilt.
Der dritte Song ist „A good year to go across the country”, eine Single aus dem Mai letzten Jahres. “You’re getting older, just a seconds time, just trying to get back again” heißt es da und die raue, lärmende Romantik umrankt diese fragile Schönheit des Textes und der Melodie wie ein Pärchen beim Liebesspiel. Immer kurz davor diesen schönen Moment zu zerstören, wandert der Song am Abgrund entlang.
„Wrestler“ ist ein echtes, authentisches in sich geschlossenes Album geworden. Ein Album, was nach Aussage der The Entrepreneurs zur Konservation beiträgt, ein moderner Mensch zu sein, der im ständigen Kontakt mit seiner Umwelt und im kontinuierlichen Austausch mit der Umwelt und sich selber steht. Ich finde den Ansatz sowohl musikalisch, als auch textlich sehr gelungen umgesetzt. Ihr findet auf dem Album eine versteckte Perle neben der anderen und The Entrepreneurs schaffen es diesen schmalen Grat zu gehen, auf dem man diese Schönheit entdecken und genießen kann, wohl wissend, dass links und rechts der Abgrund lauert. Ich habe schon lange kein Album mehr gehört, was diese musikalische Reife und Kreativität so selbstverständlich und wunderschön verbindet. Als Haupteinfluss höre ich die My Bloody Valentine am deutlichsten durchklingen – ob gewollt oder nicht, aber wie geil ist das denn? Diese Band hat ganze Generationen beeinflusst und klingt heute noch so frisch wie am ersten Tag. Absolute Kaufempfehlung für meine dänischen Freunde des klassischen Shoegaze und Noiserocks.
Interpret | Keine Daten vorhanden |
Titel | Keine Daten vorhanden |
Veröffentlichung | Keine Daten vorhanden |
Label: | Keine Daten vorhanden |
Tolles Album, tolle Besprechung! Danke
Gute Mucke, gut recherchiert und wieder eine super Beschteibung! Auch ich kannte die Band bisher nicht, aber mein Interesse ist geweckt!