“Schrei Doch” von KAAK liegt mir vor, nein, liegt schon auf dem Teller. Das ist gut, nein, das ist sehr gut. Kommen wir aber gleich zu, weshalb. Erst mal gilt es, den Bandnamen zu erörtern. Das drängt sich einem geradezu auf. Zunächst ein zotiger Gedanke, das hat irgendwas mit Kacke zu tun. Würde dem musikalischen Inhalt jedoch komplett widersprechen. Ließe sich maximal und irgendwie auf den Gesang übertragen. Der ist allerdings eher angepisst. Kacke dagegen ganz und gar nicht. Kurz Wikipedia gefragt. Kaak steht niederdeutsch für Pranger. Macht schon eher Sinn, denn KAAK stellen eine*n mit ihrem musikalischen Gebräu geradezu an eben diesen. Ist aber irgendwie zu kompliziert gedacht. Am naheliegendsten erscheint mir die Erklärung, dass Bandmitglied (und womöglich Mastermind) Leon Kaack seinen Nachnamen opferte und z.B. des Understatements wegen das “c” gestrichen hat. Womöglich werden wir es jedoch nie erfahren, also kack drauf.
Kommen wir zum wichtigeren Teil der Veranstaltung, der Musik von KAAK. Wow, was für eine explosive Mischung einem da entgegenballert. Killer von der ersten Sekunde an. Da ich es letztes Jahr ja vermasselt hatte, meine Top 3 des Jahres einzureichen, möchte ich der Redaktion hiermit hochoffiziell mitteilen, dass KAAK mit “Schrei Doch” jetzt schon für dieses Jahr auf dem Zettel steht. Ach Kacke, geht nicht. Die Platte kam schon 2021 raus. Na dann sei an dieser Stelle schon mal die dringende Kaufempfehlung ausgesprochen. Begründung folgt.
Es gab da mal diesen Begriff Crossover. Die dazugehörige Musik war ne Zeit lang ganz nett, irgendwann aber auch nicht mehr. KAAK sind im wörtlichen Sinne auch Crossover, aber halt in geil. Das Quartett aus Hannover zelebriert hier zwölf mal eine geballte Mischung aus allem, was ihnen in den Sinn kommt.
Post – Hardcore, Alternative Rock (aber coolen so wie Slut, nicht so doofen wie Nickelback), Emo – Core (kann tatsächlich auch cool sein), Deutschpunk, so wie ihn die neue Generation der Deutschpunker macht, also eher weniger Schlachtrufe BRD, sondern mehr Kidnap Records, sogar ein bisschen Grunge. Das fesselt, das ballert, das … wow! Im internationalen Vergleich fallen mir ob der songwriterischen Raffinesse Bands wie die Clowns oder auch Boysetsfire ein. Hierzulande muss ich tatsächlich lange überlegen, scheint es doch eher Usus zu sein, sich durch musikalische Monotonie am Markt zu beweisen. Das muss nicht zwingend schlecht sein. Und doch sind musikalische Grenzgänger wie KAAK den kleinen Ticken spannender. Mir fällt auf die Schnelle keine aktuelle deutschsprachige Band ein, die Ähnliches macht und auch ähnlichen Mut zum anders sein zeigt wie KAAK.
Die Produktion von Fabian Großberg und Benjamin Oppermann haut einen zusätzlich vom Stuhl. “Schrei doch” hat richtig Wumms. Das lässt die in den Songs ohnehin schon vorhandene Wut und Aggression noch wütender und aggressiver erscheinen. Die zwei Produzenten wussten jedenfalls, an welchen Reglern sie drehen mussten, um aus “Schrei doch” das Maximum rauszukitzeln. Also nochmals: Killer!
Als ich die Platte aus dem Karton befreite, kamen mir instant die Zero Boys mit ihrem zum Klassiker avancierten Debütalbum “Vicious Circle” in den Sinn. Der Grund: das Artwork. Gelber Hintergrund und eine verzogene Fratze, das gab’s 1981 schon. Doch anders als die US – Hardcorepunker lassen sich KAAK eben nicht so einfach in eine Schublade stecken. Jede*r, der/die auf harte Rockmusik im weitesten Sinne steht und Bock auf was Neues hat, muss “Schrei Doch” anchecken. Die in herrlich knalligem Gelb gehaltene Platte gibt’s, weil DIY, am besten direkt bei KAAK. Obertipp!