C’est la merde! Vier Jahre Französisch und nichts außer Namen sagen und Baguette bestellen können blieb hängen. Hätte ich doch bloß mal besser aufgepasst in der Schule, statt meiner strikten Antihaltung gegenüber dem Bildungsangebot treu zu bleiben. Nicht nur im vergangenen Sommerurlaub, sondern v.a. auch beim Hören des neuen Albums “Pirate Party” von Krav Boca aus Toulouse, mit Wurzeln auch in Griechenland und Marokko, wäre mehr Sprachverständnis im frankophonen Raum absolut hilfreich (gewesen).
Zu sagen haben Krav Boca nämlich so einiges. Anders kann ich mir diesen wie aus der Pistole geschossenen Schwall an Worten in neun Songs (das Intro kommt noch ohne Sprache aus) nicht erklären. Und das Sprichwort mit der Pistole ist hier nicht zufällig gewählt, sondern soll sinnbildlich für die Wut und Aggression in Krav Bocas Rapgesang stehen. Und in einer Sache bin ich mir sicher: Krav Boca singen nicht über Sommer, Sonne, Strandbesuch. Hier ist eine absolut politische Band am Start, die gegen jegliche Form von Staatsgewalt, Diskriminierung und Hass wettert und dabei den DIY-Gedanken hochleben lässt. Volle Punktzahl also, auch ohne Sprachkenntnisse.
Nun, ich schrieb soeben von Rapgesang. Jawohl, dem ist auch so. Und drum herum wird da aber ordentlich abgerockt. Aha, da sind sie wieder, die Kritiker*Innen. Crossover ist voll doof und 90er, höre ich sie rufen. Kann man so sehen und Musik ist und bleibt subjektiv. Ich dagegen finde diese fiese und angepisste Version von Dog Eat Dog absolut geil! Harte Gitarren, elektronische Soundelemente, Wut und Aggression hatten wir schon: Krav Boca bringen ihre Musik mit spürbarer Überzeugung rüber. Und das ist immer mit das Wichtigste, wenn eine Band beschließt zu musizieren. Die Frage nach dem persönlichen Geschmack kann und muss dann jede*r für sich selbst beantworten.
Als kleine Hilfestellung möchte ich Bands wie Such A Surge, Blackeyed Blonde oder Clawfinger nennen. Na, klingelt’s? Wer damit auch heute noch was anfangen kann – und sei es nur heimlich und im stillen (oder doch lauten) Kämmerlein – der/die kommt um Krav Boca nicht drum rum. Und für alle, die sich nicht so recht trauen und befürchten, sich doch noch irgendwo rechtfertigen zu müssen, bieten Krav Boca mit “TN Punx” einen astreinen Hardcorepunk-Song, wie ihn die neueren Propagandhi oder auch Comeback Kid nicht hätten besser machen können. Auch in Sachen fetter und aggressiver Produktion stehen Krav Boca den beiden letztgenannten in nichts nach und wäre heute nicht Sonntag (ja, hierzulande muss man da schon bissle drauf Rücksicht nehmen, gell) und ich allein im Haus, dann würde ich jetzt gerne meine Speaker auf eine Belastungsprobe stellen. Krav Boca machen mächtig Laune!
Wie sich das für eine anständige DIY-Produktion gehört, wird “Pirate Party” nicht von einem, nicht von zwei, nein auch nicht von drei, sondern gleich von 14 DIY-Labels veröffentlicht. In unseren Gefilden sind Fire And Flames Music und Santa Diabla für die Veröffentlichung verantwortlich. Unterstützt diese Labels, die das Herz am rechten Fleck haben und für die Idealismus und Überzeugung mehr Wert sind als Geld. Unterstützt Krav Boca! Rein inhaltlich betrachtet soll es euer Schaden eh nicht sein. Die Platte mit schönem Anarchoartwork, Inlay und in pink gehaltenen Vinyl ist auf 1500 Stück limitiert und am besten bei Santa Diabla oder Fire And Flames Music zu einem absolut fairen Preis zu haben.