Endlich mal wieder eine 7inch. Und was für eine! Die Abwärtsspirale-EP erschien Ende Mai auf dem hauseigenen Label It´s eleven Records und vereint vier Songs der Band L´Appel Du Vide. 2019 in Chemnitz gegründet, wurde die Band nach ersten Auftritten von der Pandemie empfindlich gestört und es kam zu Besetzungswechseln. Nach einem ersten Demo liegt jetzt die erste „richtige“ Veröffentlichung vor, und die hat es in sich.
Aber wir müssen noch kurz beim Namen dieser Band verweilen, denn L´Appel Du Vide heißt übersetzt in etwa Ruf der Leere. Und dieser Ruf beschreibt ein Gefühlsphänomen, das ich auch schon hin und wieder einmal selbst erlebt habe. Man steht auf dem Michel oder auch der Tower Bridge und stellt sich urplötzlich vor, wie es wohl wäre, wenn man springt. Als hätte die Tiefe eine Anziehungskraft. Aufregend, aber auch ein bisschen beunruhigend. Aber keine Angst, wenn euch das bekannt vorkommt. Es ist nicht pathetisch, sondern zeugt eher noch von starken Überlebenswillen.
Dieses vorausgedacht, erzielen die vier Songs der EP eine noch viel intensivere Note. Im ersten, recht düsteren Song „Das bin ich nicht“ verweigert sich der Protagonist aller Labels und einer Kategorisierung. Schubladendenken? Es gibt nur schwarz/weiß? Nicht mit mir, ich bin weg. So zumindest meine Interpretation, andere Ideen absolut zugelassen und nicht minder wahrscheinlich.
„Delirium“ ist dagegen schon fast fröhlich, zumindest musikalisch. Treibender Bass und Schlagzeug as usal, dazu dann aber eine schöne Post-Punk Gitarre. Wäre der Song nicht schon 2019 geschrieben worden, es wäre der absolut passende Pandemie-Song. „Wir haben es kommen sehen…“ oder „Es hat uns blind gemacht, für alle anderen Sorgen…“ nehmen die Katastrophe wohl einfach nur vorweg.
„Aufmerksamkeit“ beschreibt den Zustand, in ungesunden Beziehungen zu verharren, völlig unfähig, da irgendwie wieder herauszukommen. Musikalisch kracht er hier etwas mehr: Surf-Leads, die in Noise-Wellen ertrinken.
Der Closer „Das Programm“ versöhnt auf eine merkwürdige, aber auch schöne Art. Eindeutig gegen Überwachung getextet, klingt „…dein Geheimnis ist sicher bei mir“ trotzdem irgendwie gut. Vielleicht liegt das an der Orgel und an Mara, die hier jeweils schöne Töne bzw. Vocals beisteuern.
Eine wirklich tolle EP, die hoffentlich nur der Anfang dieser tollen Dark-Punk Truppe aus Chemnitz ist.