Na endlich mal mein erstes Tape-Review und dann gleich so ein Brett! Laserschelle “für Deutschland” auf Raccoone Records, wo man unter anderem so feine Bands wie Japanische Kampfhörspiele oder Postford findet. Laserschelle stammen aus Mülheim, einer Stadt zwischen Essen und Duisburg, die beide nicht zu den Vorzeigestädten NRWs gehören. Ich erwähne das nur, um auf die politische Meinung der Band überzuleiten, welche sehr radikal gegen den Staat und die Gesellschaft gerichtet ist. Die Band selbst nennt es “Hansapilsgetriebener Antideutschpunk aus den westlichen Badlands Deutschlands”. Das kann man mal so stehen lassen. Die zehn Songs des Tapes haben eine Spieldauer von geschätzten 15 Minuten. Auf beiden Seiten des toxic-neon-grünen Tapes hat man deshalb einfach das gleiche Tracklisting gepackt. Das Tape erschien bereits im Juni 2020 und stellt eine Art Hit-EP (auf 100 Stück limitiert) der Band dar.
Die Band besteht aus Hannes am Bass, Sonja an den Drums, Flo an der Gitarre und Marlon am Gesang und das Quartett legt vom ersten Song “Alle” los, als ging es um ihr Leben. Der erste Song ist drei Zeilen vorbei und zeigt wohin diese Reise geht. Hier rechnen vier Musiker mit ihrem Staat, ihrer Situation und der Gesellschaft gnadenlos ab. In “Deutschland” findet man die Textzeile “Deutschland, Deutschland Superland, Kirchensteuer Dosenpfand. Früher Hitler Massenmord, heute Bratwurst Breitensport”. Zufriedenheit oder Zustimmung klingt anders.
Und eins steht auch mal fest: Die Band lässt sich nicht das Wort verbieten. Es geht gegen die Besserverdiener*innen, gegen den Staat, die Verlogenheit, die Gesellschaft oder einfach wie man mal wieder zum Amt, zur Arge muss. Der Song “Amt” handelt von diesem Amtsbesuch und enthält die Zeilen “Auf zur Arge Geld abholen, ABM auf keinen, Dosenbier auf jeden. Gib mir deine Hand, du bleibst an mir kleben”. Ich glaube, hier gibt es keine zwei Meinungen, was Laserschelle anprangern. Der letzte Song “Carpe Deko” gefällt mir durchaus gut und hat nicht diese politische Ausrichtung, sondern handelt vom Hass gegen diese ganze Deko-Welt. “Es gibt nichts, was ich liebe, nur was ich nichts so hasse. Kindernamenstattoo, Fotokaffeetasse.” Da kann auch ich zutiefst mitfühlen.
Musikalisch dreht meist die Gitarre an der Obergrenze zum HighSpeed-Geschrammel. Wenn das hohe Tempo mal kurz absinkt, blitzen im ein oder anderen Song-Melodien auf, die meist aber direkt wieder durch den Bass oder die Drums überdeckt werden, um das ursprüngliche Tempo wieder aufzunehmen. Der Bass treibt meist genauso zügig wie die Gitarre durch die Songs. Die Arbeit der Drummerin ist bemerkenswert, denn sie ist das eigentlich treibende Element und scheucht ihre Jungs ohne Gnade durch die Songs, gelegentliche Explosionen am Schlagzeug inbegriffen.
Abschließend kann ich euch dieses Werk nur wärmsten ans Herz legen, textlich sind viele Themen sehr politisch, die Band vertritt eine klare Kante und versprüht musikalisch eine intensive Energie, die ich lange nicht mehr so erlebt habe. Die Aussage des Songs ist der Band definitiv wichtiger als sich hier ausgefeilt musikalisch zu präsentieren. Manchmal lassen mich die Art der Texte ein wenig an Peter Hein (Mittagspause, Fehlfarben, Family 5) denken. Erinnert mich zudem an die ersten Demos und Songs meiner heißgeliebten Black Flag. Manchmal blitzen aufgrund der hohen Gitarrengeschwindigkeit die Ramones durch. Einfach nur herrlich unbeschwerter und rauer Punk. Wer den Sound der Straße spüren will, kann das hier tun.