Miley Silence: es stampft eine Armee von tonnenschweren, untoten Soldaten auf mich zu. Eingehüllt in fett wabernde Akkorde in einen Nebel aus marschierenden Zombies. Die komplett kompressierte Snare treibt die knochigen Mutanten nach vorne.
Ich denke nicht, das die Band ein solches Bild hervorrufen möchte, doch mir kommt es sofort in den Sinn, als die ersten Takte durch mein Tape hämmern. Tatsächlich bin ich musikalisch hin- und hergerissen zwischen Verriß und Lob. Ich mach jetzt mal beides.
Diese Wucht und Wut bombt mich weg und ich fühle mich sofort zurückversetzt in ein Alter von 16 bis 20 Jahren. Tausend Ideen im Kopf alles anders machen zu wollen, dabei auch die Idee, daß ich einfach eine Gitarre nehmen kann, um meinem Unmut lautstark Gehör zu verschaffen. Ich habe sie damals, eine Ibanez Metal Gitarre, an eine TurboRat (einen Verzehrer) angeschlossen, durch einen Peavey Gesangsverstärker über eine Zeck PA-Box laufen gelassen. Plus Gesang, versteht sich. Das nach dem Hören unseres Demos jemand behauptete wir hätten einen Bass, wunderte uns sehr, hatten wir nur 2 Gitarren und ein Schlachtzeug. Miley Silence prügeln einem eine willenlose Akkord-Horde zusammengedrückt in einer apokalyptischen Stimmung garniert von einer wütenden Frauenstimme.
Bei der Wucht der Gitarren braucht man eigentlich auch keinen bass mehr. Er ist trotzdem da; und ist sogar hörbar zwischen all den Gitarrenwänden.
Ich gehe mal zurück auf Null. Mir liegt hier ein Tape vor, mit einen Tausendfüssler auf dem Cover, der einen Kopf frisst. Im Inlay kann man auf vier witzigen Fotos sehen, daß drei Frauen und ein Mann die erfrischenden acht Songs auf 15 Minuten Spiellänge zum Besten geben.
Die Texten sind auf einem kleinen Beiblatt quasi als Booklet beiliegend. Alles in Englisch. Es geht relativ viel um Persönliches und eine maximale Angepisstheit der Welt gegenüber. In “shitty lies” wird in wenigen Worten der Glauben derer zerlegt, die meinen open minded zu sein und frei. “sink and die” sollte schon mit dem Titel klar sein 😉
Musikalisch erinnert mich das Ganze an End-80er-Jahre-Hardcorebands, wie ich sie damals im Juze gesehen habe. Ich sag jetzt mal ins Blaue ein paar Bandnamen, da ich echt keinen wirklichen Vergleich in meinem Hirn finde, aber das Songwriting, die Art und Weise des Vortrags, erinnert mich eben an die Bands, die ich damals gesehen habe. Operation Mindfuck, Graue Zellen, Rostok Vampires, Olsen Bande…. Diese sehr trashigen Gitarren, mit dieser unfassbaren Verzerrung: wahnsinn! Strotzen nur so vor Wut und unbändiger Spielfreude. Der Überhit ist ganz klar der vierte Song “daddy is a racist“, der mich wahnsinnig an 90er-Jahre New York Hardcore-Bands erinnert, nur mit einem ganz klaren DeutschePunk-Vortrag! Der letzte Song “hugs till i die” widerspricht der Wut nicht, sondern bringt nur das zum Ausdruck, was der erste “ambivalence” schon angündigte: man kann echt wütend sein und die Welt nicht verstehen in vielen Punkten, man kann sie aber trotzdem hemmunglos umarmen, wenn ein besonderer Mensch vor einem steht! Stichwort “Kuschelpunks”.
Das einzige, wirkliche Wehklagen bei diesem Demo ist echt der Sound: nehmt den Kompressor aus der Aufnahme!!! Ich freue mich über einen Remix.
Erschienen bei No Spirit Records, und auch dort zu haben. Checkt das alles mal aus. Hell yeah.
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